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Wohnungsnot begegnenHamburger Senat vereinfacht das Bauen

Die Bauordnung soll an den neuen bundesweiten Standard angepasst werden. Eine Neuerung: Es wird künftig wohl weniger Parkplätze geben.

Eine Möglichkeit, Wohnraum zu schaffen, die erleichtert werden soll: Aufstockung Foto: dpa/Christophe Gateau

Hamburg taz | Um der Baukrise zu begegnen und Bürokratie abzubauen, will der Hamburger Senat die Bauordnung reformieren. Sie soll mit den Vorschriften der anderen Bundesländer harmonisiert werden. Die Genehmigung einfacher Projekte wird vereinfacht, ebenso die Umnutzung von Gewerbebauten zu Wohnungen. Außerdem sollen die bisher für Gewerbebauten vorgeschriebenen Parkplätze durch einen „Mobilitätsnachweis“ ersetzt werden.

Die Bauwirtschaft steckt in einer doppelten Kalamität: Beim Gewerbebau fehlt die Nachfrage und der Wohnungsbau ist zu teuer. Beim Wohnungsbau bleibt der Hamburger rot-grüne Senat hinter seinen selbst gesteckten Zielen zurück. 10.000 Wohnungen pro Jahr sollen neu gebaut werden, um dem Zustrom in die Hansestadt zu begegnen. Doch nur 5.600 sind im vergangenen Jahr genehmigt worden und im laufenden Jahr werden es wohl noch weniger sein.

Grund sind wie mehr oder weniger in der ganzen Republik gestiegene Zinsen, höhere Material-, Arbeits- und Grundstückskosten. Dem versuchten die Bauminister der Länder mit einer neuen Musterbauordnung entgegen zu steuern, die die Genehmigungsverfahren vereinfacht und die Zahl und den Standard der einzuhaltenden Normen verringert.

Die Vereinheitlichung kommt auch einer Forderung der Bauwirtschaft nach, die sich nicht mit von Bundesland zu Bundesland verschiedenen Vorschriften auseinandersetzen will.

Neuer Gebäudetyp für einfaches Bauen

Mit der neuen Bauordnung, die noch von der Bürgerschaft diskutiert und beschlossen werden muss, soll im Wohnungsbau der Gebäudetyp E (E wie einfach oder experimentell) eingeführt werden. Damit lässt vom anerkannten Stand der Technik abweichen, ohne dass der Bauherr fürchten muss, für Mängel haftbar gemacht zu werden.

Erleichterungen gibt es für das Aufstocken von Gebäuden oder das Ummodeln etwa von Büros zu Wohnungen. Hier könnte ein großes Potenzial stecken, sofern der Anteil derer, die tageweise von zu Hause arbeiten, auf hohem Niveau und ihre Büroarbeitsplätze frei bleiben.

Wegfallen soll etwa die Pflicht, den Brandschutz von Büroräumen aufzurüsten, wenn sie in Wohnungen verwandelt werden sollen. Derartige höhere Anforderungen führen bisher oft dazu, dass ein Eigentümer abreißt und neu baut, weil das billiger, wenn auch weniger ökologisch ist.

Einfacher werden sollen auch die Genehmigungsverfahren. Kleine Wohngebäude und Dach­aufstockungen müssen künftig gar nicht genehmigt werden – sofern es ein entsprechendes Planrecht, in der Regel einen Bebauungsplan, gibt. Es genügt, das Vorhaben anzuzeigen. Schreitet die Aufsichtsbehörde nicht binnen eines Monats ein, darf gebaut werden.

Hier baut man auf eigenes Risiko. Weder der Brandschutz noch die Statik werden überprüft. Auch Solaranlagen an kleinen Gebäuden, Wärmepumpen und Ladestationen für E-Autos müssen nicht genehmigt werden.

Die FDP geißelte das alsdirigistischen Eingriff in das Mobilitätsverhalten der Bürger

Ein vereinfachtes Verfahren gilt künftig für Wohnhäuser bis zur Hochhausgrenze. Solche Bauten sollten binnen zwei Monaten genehmigt werden. Schafft die Behörde das nicht, gelten sie als genehmigt.

Auch bei größeren Wohngebäuden, Gewerbe- und Sonderbauten soll künftig insgesamt weniger geprüft werden. Bauherren sollen sich künftig die Genehmigungen der verschiedenen Fachbehörden selbst holen und damit den Prozess steuern.

Nach wie vor bietet die Behörde aber einen Komplettservice an, eine Hamburger Besonderheit, in dem die Aufsichtsbehörde alle nötigen Genehmigungen und Erlaubnisse einsammelt und Baugenehmigungen aus einer Hand anbietet. Hier gibt es eine Soll-Frist von drei Monaten.

Der Mobilitätswende versucht der Senat mit einer Neuerung gerecht zu werden. Bisher müssen Investoren für Gewerbebauten eine gewisse Zahl an Parkplätzen errichten – je nachdem, wie stark ihr Gebäude frequentiert werden soll. Wenn sie nicht ausreichend Parkplätze schaffen, müssen sie eine Ablöse an den Senat bezahlen.

Künftig sollen Bauherren auch den sogenannten Umweltverbund einbeziehen – entsprechend dem Mobilitätsverhalten im Stadtteil. Das heißt neben dem Auto sind Bus und Bahn, Fuß- und Radverkehr, Bike- und Carsharing einzubeziehen. Die FDP geißelte das prompt als „dirigistischen Eingriff in das Mobilitätsverhalten der Bürger“.

Die Verbände der Wohnungswirtschaft begrüßten die geplante Reform als Schritt in die richtige Richtung, der aber ruhig noch weiter gehen dürfe und sich noch stärker an der Musterbauordnung orientieren sollte.

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