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Klimawandel am SüdpolWie der Klimawandel die Antarktis ergrünen lässt

Das ewige Eis? Von wegen! Eine neue Studie zeigt, dass die Vegetations­fläche am Südpol wegen des Klimawandels größer wird.

In der Antarktis nimmt die Vegetationsfläche zu Foto: Marcelo Rabelo/imago

Die Antarktis, das Gebiet rund um den Südpol der Erde, ist vom ewigen Eis bedeckt. Dachte man zumindest – bis der Klimawandel seine Wirkung auch dort zu entfalten begann. Jetzt geht nicht nur die antarktische Eisfläche zurück, zugleich nimmt auch die Vegetations­fläche immer weiter zu, zu dem Ergebnis kommt eine neue Studie aus der Fachzeitschrift Nature.

Die Studie

Die For­sche­r:in­nen haben untersucht, wie sich die mit Pflanzen und Moosen bedeckte Fläche im Süden des Globus von 1986 bis 2021 verändert hat. Zur Einschätzung der Vegetationsfläche haben sie Satellitendaten ausgewertet und diese zur zusätzlichen Kontrolle mit lokalen Beobachtungen abgeglichen.

Die Daten beziehen sich auf die etwa 1.200 Kilometer lange Antarktische Halbinsel, die nahe Südamerika liegt und den nördlichsten Teil des Kontinents Antarktika darstellt. Übereinstimmend kommen die For­sche­r:in­nen zum Ergebnis, dass die von Pflanzen bedeckte Fläche dort deutlich zunimmt. 1986 lag sie noch bei etwas weniger als einem Quadratkilometer, 2021 waren es fast zwölf Quadratkilometer.

Das ist immer noch eine verhältnismäßig kleine Fläche, selbst die Ostseeinsel Hiddensee ist mit 19 Quadratkilometern Fläche deutlich größer. Was den For­sche­r:in­nen aber Sorgen bereitet, ist die Zunahme der Geschwindigkeit, mit der vorher nicht bewachsene Flächen von Pflanzen, vor allem Moosen, überwuchert wurden. Lag die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Pflanzen zwischen 1986 und 2004 noch bei 0,29 Quadratkilometern pro Jahr, betrug sie zwischen 2016 und 2021 schon 0,42 Quadratkilometer pro Jahr.

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Den Grund dafür sehen die For­sche­r:in­nen im Klimawandel und dem damit verbundenen Temperaturanstieg. Die Beobachtungen auf der Antarktischen Halbinsel beziehen sich auf ein sehr fragiles Ökosystem. Bisher ist die Gegend für viele Tiere und Pflanzen unwirtlich, das könnte sich nun ändern. Die For­sche­r:in­nen befürchten, dass mit einer Zunahme der bewachsenen Fläche auch invasive Arten in die Antarktis gelangen und das aktuelle Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen könnten. Zusätzlich sehen sie die Gefahr, dass durch den Rückgang des Eises die Antarktis auch für Tou­ris­t:in­nen interessanter wird – die dann ihrerseits unfreiwillig noch mehr invasive Arten einschleppen könnten.

Was bringt’s?

Der Klimawandel betrifft die ganze Welt, dafür liefert die Studie einen weiteren Beleg. Die Erkenntnisse sind wichtig, um die Auswirkungen genauer benennen und gegenzusteuern. Außerdem zeigt die Studie, wie sehr einzelne Ökosysteme und Teile der Welt miteinander verbunden sind. Wenn die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel schon nur unzureichende Antworten hervorrufen, können sie wenigstens der Zivilgesellschaft als Argumentationshilfe für mehr Klimaschutz dienen.

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6 Kommentare

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  • 'Das Eis auf der Antarktis schmilzt und der Meeresspiegel steigt'.

    Antarktisches Eis ist nämlich "auf" dem Land und schwimmt nicht als Eisberg im Meer, folglich steigt der Meeresspiegel an, wenn das Eis "auf" dem Festland schmilzt. Und wenn das Eis "auf" der Antarktis abnimmt, dann wird der Albedo-Effekt schwächer, weil das dunkle Land die Erde dann noch mehr erhitzt.

    Das sollte eigentlich alles bekannt sein, aber das klimaschädliche Wirtschaftswachstum wird trotzdem weltweit von Politikern und Wirtschaftsmanagern weiterhin "angebetet" und der CO2-Gehalt steigt und steigt (momentan haben wir 422 ppm CO2).

  • Ausbreitung grüner Vegetation ist natürlich ganz schlecht. Sie könnte ja CO2 binden...

    • @sollndas:

      In etwa so argumentieren auch Teile der FDP, damit die ja nicht in die Verantwortung gehen müssen. Klimaerwärmung vorantreiben, ohne dass es wie ein Ökozid aussieht.

      Aber ich sage es kurz: Ja, es ist schlecht.

      Wir sind im Jahr 2024 und nicht 100 Millionen vor Christus. Wir befinden uns in einer Epoche der Erde, die Eis auf beiden Polen benötigt, damit der moderne Mensch nicht von Dauertemperaturen von 40°C, Dürren, Hurrikans und anderen durch den menschengemachten Klimawandel herbeigeführten Naturkatastrophen getötet wird.

      Würde die Antarktis erst über Zeiträume von Jahrmillionen ergrünen, sodass der Mensch sich evolutionär anpassen könnte. Aber die Beschleunigungsrate ist zu hoch, um da mitzuhalten.

  • Gut so. Dann können die mit genug Geld ja bald umziehen, wenn es hier wegen er Erwärmung unerträglich wird. *ironie off*

  • Ja und? Auf Antarktika gab es vor nicht allzulanger Zeit Wälder. Derartige Beobachtungen muss man in einen temporären Kontext stellen. Man sollte oder besser muss Veränderungen in Temperatur und z,B. Pflanzenwachstum sowohl aus den Folgen ds menschengemachten Klimawandels als auch den Folgen der darunter liegenden "natürlichen" Veränderungen des KLimas sehen.

    • @Gerald Müller:

      "Allzulange Zeit". Das war vor 90 Millionen Jahren.