Protest gegen Altholz-Kraftwerk: Bützfleth brennt für die Energiewende
Das größte Altholz-Kraftwerk Deutschlands soll bei Stade entstehen. Eine Bürgerinitiative hält die Anlage für überdimensioniert.
Bützfleth ist eine kleine Ortschaft an der Unterelbe, nördlich von Stade. In einem Industriepark will Hansekraft Stade hier ein Holz-Kraftwerk betreiben; Baubeginn soll im Herbst 2025 sein, der Regelbetrieb 2028 starten. 500.000 Tonnen Altholz soll das Werk jährlich verarbeiten. Durch „nachhaltig produzierte Energie“ solle „grüner Dampf und Strom sowie biogenes CO2 für die Industrie und grüne Fernwärme für die Hansestadt Stade“ bereitgestellt werden, verspricht der Stader Energieanbieter auf seiner Website. Pro Jahr sollen 150.000 Megawattstunden Wärme zusammenkommen, 300.000 Megawattstunden Strom und 1,2 Millionen Megawattstunden Prozessdampf.
„Wir ersetzen fossile Energieträger!“, wirbt Hansekraft. Man leiste „einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft“. Das Ganze sei „nahezu klimaneutral“. Klingt erst mal gut.
Witt aber ist skeptisch. Seine Bürgerinitiative spricht von „Greenwashing“. In einer Presseerklärung schreibt sie Mitte Oktober, „technisch betrachtet“ gebe es zwar „gute Argumente für die Anlage“. Aber das Vorhaben sei „nicht zu Ende gedacht und schon gar nicht geplant“.
„Utopische Leistungsdaten“
Es bestehe der Verdacht, „das vieles in Aussicht gestellt wird, doch am Ende sieht es ganz anders aus, ist nicht umsetzbar und nicht zu finanzieren“. Es werde „mit sehr optimistischen Annahmen argumentiert, um geradezu utopische Leistungsdaten und Nutzungsmöglichkeiten herauszustellen, die Werbung für das Projekt machen sollen“.
Witt hält die Anlage für überdimensioniert; sie wäre die größte Altholz-Verbrennungsanlage Deutschlands. Eine seiner Befürchtungen: „Was passiert denn, wenn der Altholzmarkt nicht so viel Rohstoff hergibt? Wird dann auf Frischholz zurückgegriffen?“ Skeptisch macht ihn auch die geplante Verbrennung von stark schadstoffbelastetem Altholz der Klasse 4. Das könnten dann auch Bahnschwellen und Telegrafenmasten sein, getränkt mit Teeröl. Nur 900 Meter wäre die nächste Wohnbebauung von der Verbrennungsanlage entfernt.
Die kleine Bürgerinitiative, vernetzt von BUND bis Biofuelwatch, hat Hansekraft und die Stadt Stade Mitte Oktober mit einem 12-Punkte-Fragenkatalog konfrontiert. Sie will wissen, wie belegbar realistisch die Leistungsdaten sind, wie hoch die Gefahr eines Brennstoffmangels ist, angesichts des europaweiten Baubooms von Holzkraftwerken. Sie will wissen, ob Hansekraft bereit wäre, auf die belasteten Hölzer der Klasse 4 zu verzichten, wie die Luftbelastung und die Lärmbelastung aussähen. Die BI warnt: „Diese Anlage darf niemals gebaut werden!“
Dass sie den Bau von Verbrennungsanlagen verhindern kann, auch juristisch, hat die BI bei einer Müllverbrennungsanlage bewiesen, die zuvor am selben Standort hatte gebaut werden sollen, vom selben Betreiber. Deren begonnener Bau, heute eine Ruine, soll jetzt der neuen Anlage weichen. „Die Stadt bekommt die Gewerbesteuer“, sagt Witt. „Bützfleth muss die Dinge auslöffeln mit der Verringerung der Lebensqualität.“
Hansekraft will Dialog „weiter pflegen“
Bei der Stadt Stade werde „viel Positives erwartet, geglaubt und gehofft“, sagt Witt. Die BI versuche „die Diskussion auf einer sachlichen Ebene weiterzuführen, auf Basis von Fakten“.
Für Hansekraft schreibt Jan Hedrich von der Berliner Kommunikationsagentur Navos Public Dialogue Consultants der taz, man habe die Planungen des Holzheizkraftwerks „von Anfang an transparent kommuniziert und den Dialog mit dem Menschen vor Ort gesucht; durch einen Infomarkt, Interviews und zahlreiche Einzelgespräche“, auch mit Vertretern der Bürgerinitiative. „Diesen Dialog mit den Menschen vor Ort werden wir auch weiter pflegen.“
Zum Fragenkatalog der BI bittet Hedrich „um Verständnis, dass wir einige Detailfragen noch nicht beantworten können, da hierzu aktuell Studien und technische Planungen zur Vorbereitung des Genehmigungsverfahrens laufen“.
Stephan Voigt, Sprecher der Stadt Stade, bestätigt, dass noch kein Genehmigungsverfahren läuft, „da ein entsprechender Antrag der Hansekraft bisher nicht gestellt wurde“. Die Stadt werde „gemeinsam mit der Hansekraft den Fragenkatalog der Bürgerinitiative in den nächsten Tagen beantworten“.
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