Verkauf der DB-Tochter Schenker: Kein großer Hoffnungsbringer
Der Erlös aus dem Verkauf von Schenker hilft, das Schuldenloch der Bahn zum Teil zu stopfen. In die Verkehrswende sollen die Milliarden nicht fließen.
D em Rekordgeschäft steht nichts mehr im Wege: Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn und der Bund haben den Verkauf der Logistiktochter DB Schenker mit knappen 10 zu 9 Stimmen abgesegnet. Der Deal mit dem dänischen Unternehmen DSV bringt der Bahn bis zu 14,8 Milliarden Euro – mehr als jeder andere Firmenverkauf in der DB-Geschichte. Ob er die Verkehrswende vorantreibt, ist allerdings höchst fraglich. Schenker ist einer der größten Logistikdienstleister weltweit.
Das Geschäft mit Großwarenlagern und Warentransporten lief gut. Vor allem in den letzten Jahren, als Schenker zu Hochzeiten der Coronapandemie Masken und Impfstoffe sicher ans Ziel brachte, verbuchte das Unternehmen Milliardengewinne. Zuletzt wurden die Profite zwar wieder kleiner. Trotzdem blieb Schenker stets Stützpfeiler der gesamten Bahnbilanz, in seinen anderen Sparten macht der Staatskonzern Verluste. Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bahnchef Richard Lutz feiern den Verkauf.
Endlich könne sich die Bahn auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und den Schienenverkehr in Deutschland besser machen. Schenker hat rund 72.700 Beschäftigte an mehr als 1.850 Standorten in über 130 Ländern weltweit. Diesen Ballast ist die Bahn nun los. An sich ist das eine gute Sache. Allerdings fließt das Geld, das die dänische Konkurrenz zahlt, nicht direkt in den deutschen Schienenverkehr, sondern komplett in die Tilgung von Schulden der Deutschen Bahn AG. Die lagen im ersten Halbjahr 2024 bei 33 Milliarden Euro.
Laut Wissing und Lutz bringt das der DB erst mal finanzielle Stabilität, im zweiten Schritt dann pünktlichere Züge, moderne Gleise und funktionierende Stellwerke. Klar wird damit, dass für die beiden immer noch die Konzernfinanzen an erster Stelle stehen – und nicht das Angebot auf der Schiene. Wissing kommt der Verkauf gelegen, weil er der Bahn dann etwas weniger Geld aus Bundestöpfen liefern muss. Wenn sich an dieser Denkweise nichts ändert, verspricht der Schenker-Verkauf nur kurzfristig Linderung, vor allem auf dem Papier.
Investition in die Schieneninfrastruktur
Dass DSV den Zuschlag bekommen hat, fordert weitere Opfer. Die Logistikfirma aus Dänemark gibt zwar für zwei Jahre eine Beschäftigungsgarantie. Dann aber sollen bis zu 1.900 Jobs wegfallen. DSV wird die bisherigen Schenker-Strukturen voraussichtlich zerschlagen, den Namen Schenker verschwinden lassen und sich den Konzern einverleiben – auf Kosten der Beschäftigten.
Wissing und Lutz hatten keinen Ehrgeiz mehr, darüber nachzudenken, wie sie DB Schenker selbst langfristig für die Verkehrswende im Güterverkehr nutzen können. Jetzt sollten sie wenigstens überlegen, wie sich der Verkaufserlös langfristig bezahlt machen könnte. Zum Beispiel als direkte Investition in die Schieneninfrastruktur. Oder als Startkapital für einen Schienenfonds, der über mehrere Jahre hinweg Geld für die Schiene bereithält, wie in Österreich oder der Schweiz.
Andernfalls entpuppt sich der Schenker-Deal als das, wovor Verkaufskritiker:innen schon seit Monaten warnen: als Verscherbeln von Tafelsilber, ohne Mehrwert für die Verkehrswende.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Schließung der iranischen Konsulate
Die Bundesregierung fängt endlich an zu verstehen
Jaywalking in New York nun legal
Grün heißt gehen, rot auch
Unwetterkatastrophe in Spanien
Vorbote auf Schlimmeres
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Extremwetter und Klimakrise
Köln wird so wie heute San Marino