piwik no script img

Mensch gegen MaschineIn den letzten Zügen

Die Serie „Rematch“ inszeniert das Schachspiel von Garri Kasparow gegen den Computer Deep Blue als Thriller. Die Kulisse: Das New York der 90er Jahre.

Kann Garry (Christian Kooke) das Spiel gegen die Zeit gewinnen? Foto: Foto: Leo Pinter

Kaum eine andere Partie war für die Geschichte des Schachspiels so bedeutend wie die Konfrontation von Garri Kasparow mit dem IBM-Computer Deep Blue 1997, die der damalige Schachweltmeister verlor. „Mensch gegen Maschine“ waren die Schlagwörter, mit denen die Medien das Spiel damals begleiteten.

Die New York Times zitierte am 11. Mai 1997, dem Tag der letzten und entscheidenden von sechs Partien, den Schachmeister Maurice Ashley mit den Worten: „Die Zukunft der Menschheit steht auf dem Spiel.“ Nun hat Arte in Kooperation mit Disney+ und HBO Europe aus dem Schachspielkrimi eine ungemein spannende Serie mit dem Titel „Rematch“ gemacht, die im Frühling das diesjährige Serienfestival in Lille gewonnen hat.

Die Revanche oder das Titel gebende „Rematch“ zwischen dem IBM-Computer und Schachweltmeister Kasparow (Christian Crooke), der Deep Blue 1996 noch besiegt hatte, fand in New York statt und rief ein weltweites Medienecho hervor. Für den IBM-Konzern, der kurz zuvor noch eine Pleite abgewendet hatte, war dieses Spiel nicht nur ein werbeträchtiges Ereignis, in das Millionen investiert wurde. Das Spiel war zukunftsweisend für die boomende Computerbranche.

Der Konzern versammelte schließlich ein Team aus Programmierern und Schach-Großmeistern, um Deep Blue schlagkräftiger zu machen. 200 Millionen Züge pro Sekunde konnte der Computer analysieren. In „Rematch“ sind die fiktive IBM-Managerin Helen Brock (Sarah Bolger), der Programmierer P.C. (Orion Lee) und der im Spiel den Computer bedienende Schachexperte Paul Nelson (Tom Austen) die Gegenspieler eines zunehmend nervöser werdenden Garri Kasparow. Der residiert mit Mutter Klara (Trine Dyrholm) im schicken Hotel, wird morgens joggend auf den Manhattaner Straßen von Passanten als Popstar gefeiert und zweifelt irgendwann, ob er wirklich gegen einen Computer oder gegen eine Gruppe Schachgroßmeister spielt.

Technologie in den Kinderschuhen

Rematch zeigt, wie sich der geniale Schachspieler die Zähne an der digitalen Maschine ausbeißt

„Rematch“ inszeniert diese neun Tage in New York als regelrechten Psychothriller. Auf Seiten von IBM wird mit harten Bandagen gekämpft. Konzernchef George Silverman (Donald Sage Mackay), etwas platt als autoritärer, widerlicher Kerl in Szene gesetzt, baut enormen Druck auf Untergebene auf. Das Spiel wird zum Schaulaufen einer Technologie, die aus heutiger Sicht noch in den Kinderschuhen steckte.

In einem Epilog, 25 Jahre später, treffen Kasparow und Managerin Brock wieder aufeinander. „Wir haben damals die Zukunft gestaltet“, sagt Kasparow zu ihr. „Rematch“ setzt als historische Serie auch das New York der 90er aufwändig in Szene.

Kasparow stürmt irgendwann in ein Computergeschäft und kauft verärgert Dutzende Rechner, um im Hotel zu üben. „Rematch“ zeigt, wie sich der geniale Schachspieler die Zähne an der digitalen Maschine ausbeißt, die immer wieder auch schwach spielt. Kasparow ebenso wie die Gegner tüfteln zwischen den Matches an Strategien.

In Rückblenden geht es auch in Kasparows Kindheit und Jugend, unter anderem zum Spiel gegen Anatoli Karpow, als er 1985 im Alter von 22 Jahren der bisher jüngste Schachweltmeister wurde. Dabei gelingt es den Serienmachern Bruno Nahon und Yan England die Schachpartien spannend zu machen. Wenn Kasparow Züge vorherberechnet, flitzen die Figuren auch mal wie von Geisterhand bewegt über das Brett.

Rematch

„Rematch“ bis 23. 11 in der Arte Mediathek und am 24. 10. analog auf Arte im Fernsehen.

Am Ende sind es bei der letzten Partie gerade mal 19 Züge in weniger als einer Stunde. Die Schachwelt ist sich heute im Großen und Ganzen einig, dass Kasparow mehr gegen sich selbst und seine Nervosität als gegen den Computer verlor, der anschließend von IBM zerlegt wurde. Auf eine erneute Revanche, die Kasparow forderte, ließ sich der Konzern nicht ein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!