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Kein Grund zur SorgeNeue Studie zur Handystrahlung

Die WHO hat untersuchen lassen, ob die Strahlung von Handys zu mehr Hirntumoren führt. Das ist wohl eher nicht so, ein Grund zur Beruhigung.

Macht eher schlechte Augen als Krebs: Im Bett auf dem Smartphone daddeln Foto: Wolfgang Maria Weber/imago

Worum geht’s?

Eine Freisprecheinrichtung benutzen, beim Kauf auf die Strahlungswerte achten, Aufbewahrungskapseln, die Strahlung abschirmen sollen – oder sogar ganz aufs Smartphone verzichten? Es gibt viele Ansätze, die Strahlung von Mobiltelefonen gering halten sollen. Einige sind zielführend, andere weniger, aber ihnen allen liegt eine vermeintliche Gewissheit zugrunde: Mobilfunkstrahlung führt doch zu Krebs! Oder?

Die Studie

Nein, sagt die WHO – oder ganz korrekt: wahrscheinlich nein. „Strahlenexposition durch Mobiltelefone erhöht wahrscheinlich nicht das Risiko von Hirntumoren“, lautet das Ergebnis einer im September veröffentlichten Metastudie unter Führung der Australischen Agentur für Strahlenschutz und nukleare Sicherheit. Die For­sche­r:in­nen sichteten mehr als 5.000 Studien zu den Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern im Radiofrequenzbereich.

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Dieser Bereich umfasst neben Mobilfunk auch Anwendungen wie WLAN, Babyphone oder Radar. 63 der Studien, die inhaltlich relevant und wissenschaftlich gut gemacht waren, bezogen die For­sche­r:in­nen in die Metastudie mit ein. Würden Mobiltelefone Krebs verursachen, so die Überlegung, müssten die Fälle in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen sein. „Die Häufigkeit von Hirntumoren ist nicht gestiegen, obwohl die Nutzung der drahtlosen Technologie in den letzten 20 Jahren massiv zugenommen hat“, schreibt Studienleiter Ken Karipidis in einer Mitteilung der australischen Behörde.

Auch Unterschiede zwischen Viel- und We­nig­nut­ze­r:in­nen zeigten sich demzufolge nicht. Dass in der Studie nur von „mäßiger Sicherheit“ bezüglich der Ergebnisse die Rede ist, liegt am Studiendesign, ausgewertet wurden nur Beobachtungsstudien. „Hohe Sicherheit“ gibt es nur für klinische, randomisierte Studien. Dafür müssten also Menschen zufällig in mehrere Gruppen aufgeteilt werden und über Jahre hinweg die entsprechenden Vorgaben zur Smartphonenutzung oder -abstinenz befolgen.

Was bringt’s?

Mindestens ein besseres Gefühl. „Sorgen über die gesundheitlichen Auswirkungen neuer Technologien sind häufig und nehmen tendenziell zu, wenn eine neue Technologie sich schnell verbreitet oder schnell eingeführt wird“, teilte Keith Petrie, Gesundheitspsychologe der University of Auckland, dem australischen Science Media Center mit. Die WHO wird die Studie wohl als Grundlage für ihre Einschätzung zu den gesundheitlichen Auswirkungen der Mobilfunkstrahlung nehmen. Andere wissenschaftliche Empfehlungen werden sich danach richten. Abgeschlossen ist die Forschung damit aber noch nicht.

Weitere Studien wird es zum 5G-Netz geben, das sich gerade erst im Aufbau befindet. In einer weiteren Studie werden derzeit über 200.000 Menschen erfasst und mögliche Zusammenhänge von Handynutzung und Hirntumoren ausgewertet. Bislang decken sich die Befunde mit denen aus der Metaanalyse: Ein Zusammenhang konnte nicht festgestellt werden.

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2 Kommentare

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  • Es ist wie immer komplizierter:



    Wer dauernd in's Handy starrt, vernachlässigt seine sozialen Skills, mit den bekannten, auch gesundheitlichen, Folgen.

  • Mich wundert, dass dies immer noch Thema ist.



    Handys gibt es seit den Achtzigern. Erinnert ihr euch noch an die Brocken mit Gewicht von fast einem Kilo und etwa die Länge eines Fleischmessers?



    Das diese Geräte etwas Angst machten, kann man verstehen.



    So wie die ersten Stromleitungen, weshalb Cowboys die Drähte durchschnitten, um das Vieh zu schützen.

    Aber heute, vierzig Jahre später und zwischen digitalem Radio, hunderten Fernsehsendern per Satellit sowie WLAN?



    Es ist wie mit der Covid-19-Impfung. Wenn die Angstmacher nur anteilig recht hätten, müssten die Zahlen für deren Befürchtungen statistisch sichtbar sein.



    Sind sie nicht, werden sie nie. Weil Handystrahlung faktisch gefahrlos ist.

    Naja, zum Glück haben wir die Wissenschaft. Die sich von keiner Seite beeinflussen lässt und am Schluss sogar herausfindet, wo der Zusammenhang zwischen Krebs und Kaffee liegt. Im Trinken der zu heissen Flüssigkeit, was zu Speiseröhrenkrebs führen kann.

    Übrigens schön, dass Frau Bergt bei diesem Artikel auf indirekte Panikmache verzichtet hat. Herr Münch in seinem Artikel von 2019 musste unbedingt noch Clickbait mit "Bedenken" betreiben und "Kaum ein Grund zur Sorge" schreiben.