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Foto: Piotr Pietrus

Wahlschlappe in BrandenburgDezent grün

Die Grünen tun sich immer schwerer damit, im Osten Fuß zu fassen – vor allem bei jungen Menschen. Warum? Besuch beim Straßenfest in Königs Wusterhausen.

Von Martha Blumenthaler aus Königs Wusterhausen

K napp 30 Stunden, bevor das Wahldesaster der Grünen in Brandenburg feststeht, dröhnt aus einer großen Bluetooth-Box „So ein Wahnsinn“. Die Box steht zwischen Bierbänken auf einem Platz inmitten von Wohnblöcken der Wohnungsbaugesellschaft Königs Wusterhausen. Es riecht nach Rauch und Bratwurst. Zwei kleine Jungs üben sich mit einer großen Zange am Würstchenwenden, neben ihnen Curry-Ketchup, Senf und ein großer Karton mit Brötchen. Als Wolfgang Petrys Stimme zum zweiten Teil des Refrains seines populären Schlagers „Wahnsinn“ ansetzt – dem mit der Hölle – heben vier tanzende Rentnerinnen beide Hände in die Höhe und rufen laut im Takt „Hölle, Hölle, Hölle!“.

Zwischen den alten Damen tanzt eine junge Frau. Sie trägt ein Sommerkleid und ein besticktes Cap mit der Aufschrift „Antifa Lover“. Sie heißt Rosa Hurm und ist eine der zwei Spre­che­r*in­nen der Grünen Jugend Brandenburgs. Die veranstaltet an diesem Samstag vor der Landtagswahl in Brandenburg ein Straßenfest in Königs Wusterhausen, eine Stadt im Süden des Berliner Ballungsraums im Landkreis Dahme-Spreewald.

Als Parteijugend der Grünen sind sie jedoch kaum zu erkennen. Nirgendwo gelbe Sonnenblumen auf dunkelgrünem Untergrund. Dafür pinke Plakate mit schwarz-weißer Aufschrift und Slogans wie „Du willst Arbeitsplätze, die sicher sind. Organisiere dich!“

Auf einem Tisch sind Durstlöscher, Trinkpäckchen und Capri Sonnen aufgereiht. Sticker mit der Aufschrift „Krisenlöscher“ oder „Brandenburg – Gerecht geht anders“ kleben auf den Tetrapaks. „Grüne Jugend Brandenburg“ ist lediglich als kleiner dezenter Schriftzug in der Ecke vermerkt, leicht zu übersehen.

Wir wollen Frust Raum geben und in etwas Produktives umwandeln

Rosa Hurm, Grüne Jugend

Wieso geben sich die jungen Grünen nur schwerlich zu erkennen? Es gehe darum, einen Raum zu öffnen und nicht darum, „den Leuten was auf die Nase zu binden oder zu verkaufen“, antwortet Jelle Siemer und schiebt seine Sonnenbrille zwischen die blonden Haare. Er ist ebenfalls Sprecher der Jugendorganisation. Außerdem sei ihre Kampagne „Brandenburg – Gerecht geht anders“ darauf ausgerichtet zu fragen, wie es jungen Leuten gerade eigentlich gehe und „nicht, sie von uns zu überzeugen, sondern wirklich hinzuhören“, ergänzt seine Kollegin Rosa Hurm. Daher das dezente Branding.

Gewissermaßen nimmt die Grüne Jugend damit an diesem Samstag vorweg, was nach der Wahl auch der Partei als Ganzes bevorsteht: aufzuarbeiten, woran es lag. Nur 4,1 Prozent der Stimmen erhalten die Grünen am Sonntag landesweit. Wie schon vor drei Wochen in Thüringen fliegen sie auch in Brandenburg aus dem Landtag. Eine Erkenntnis, die die Partei besonders alarmieren sollte: Bei den Jungen kommt sie nicht mehr an. Vor fünf Jahren erhielt sie bei den 16- bis 24-Jährigen noch 27 Prozent der Stimmen, jetzt sind es nur noch 6 Prozent.

Jetzt ist bei den Jungen die AfD die beliebteste Partei. Im Wahllokal Bürgertreff, direkt neben dem Fontaneplatz gelegen, erhalten die Grünen am Sonntag 12 Stimmen. Das entspricht 3,2 Prozent der Stimmen. Bei der Europawahl im Juni waren es noch 23. Auf Platz 1 liegen SPD und AfD mit je 125 Stimmen.

Dort scheint die GJ Brandenburg am Samstag vor allem die sehr jungen Leute zu erreichen. Bevor sich die Schlagerparty dazugesellt, liegt der Altersdurchschnitt auf dem Straßenfest am Fontaneplatz bei 5 bis 15 Jahren. Grundschulkinder eindeutig in der Mehrzahl. Kinder seien immer die Ersten, die solche Aktionen annehmen würden. Das zeigt laut Rosa Hurm, dass es mehr Orte für sie braucht. Die Kinder aus dem umliegenden Wohnviertel hätten direkt gefragt, ob sie helfen und mitmachen können, als sie gesehen haben, dass an diesem Samstag in ihrem Viertel etwas vor sich geht.

Inmitten der wuselnden Kinderschar sitzt Rosa Hurm auf einer der Biertischgarnituren. Sie fragt die Kinder, wie ihnen die Schule gefällt. Ihre Frage wird mit einem schüchternen „gut“ abgespeist. Die Kids sind darin vertieft, Stoffbeutel zu bemalen, Armbänder zu fädeln, Fußball zu spielen oder zu fragen, ob die Durstlöscher wirklich alle kostenlos sind.

Was andere Altersgruppen angeht, sei der Name der Partei „nicht gerade ein Türöffner“, sondern verschließt sie eher, sagt Sprecherin Hurm. Die Menschen würden sich leichter mit ihnen unterhalten, wenn sie nicht im Vorhinein ein Bild von der Partei im Kopf hätten. Das habe sich bei anderen Stopps ihrer Kampagne gezeigt.

Zudem würden sie als Grüne Jugend auch Verantwortung für ihre Mit­glie­der*in­nen tragen. So wie zuvor im Europawahlkampf sind auch vor der Landtagswahl Grü­nen­wahl­hel­fe­r*in­nen in Brandenburg angegriffen worden. Die hohen Sicherheitsvorkehrungen, die es bräuchte, um ihre Leute zu schützen, könnten sie gar nicht leisten.

Die Anti-Grünen-Stimmung, die bei solchen Angriffen manifest wird und mittlerweile fester Bestandteil rechtspopulistischer Rhetorik ist, kommt beim Fest neben dem Fontane­center kaum auf. Lediglich vom Tresen in der Kneipe gegenüber wird die Veranstaltung mit Argwohn betrachtet. Dort sitzt eine Schar mittelalter Männer und trinkt Bier. „Wer macht’n dit eigentlich? Die Grünen?“, fragt einer von ihnen skeptisch.

Biotop Plattenbau: Rosa Hurm und Jelle Siemer von der Grünen Jugend Brandenburg in Königs Wusterhausen Foto: Piotr Pietrus

In den Plattenbauten rund um den Fontaneplatz, viele von ihnen um die 80er Jahre errichtet, lebt nicht das klassische bürgerliche Grünenwähler-Klientel. So auch im Kiez am Schlaatz in Potsdam, wo die Grüne Jugend Brandenburg bereits im August ein Straßenfest feierte. Es sind Gegenden, auf die sich die Grünen in Wahlkämpfen eigentlich nicht konzentrieren.

Auf der Wahlparty des Landesverbands am Sonntag werden Mitglieder aus einer weiteren mittelgroßen Stadt berichten: Sie waren zum Haustürwahlkampf nicht in den Plattenbauten, sondern vor allem in der Altstadt, wo die Grünen bei vergangenen Wahlen deutlich zweistellig abschnitten. Bei knappen Ressourcen müsse man sich auf die konzentrieren, bei denen etwas zu holen ist.

Das machen die jungen Grünen anders. Sie setzen in ihrer Kampagne auf Gespräche und 1:1-Formate und fischen dabei nicht in ihrem üblichen Wäh­ler*in­nen-Klientel. Wenn sie auf Brandenburgs Straßen fremden Menschen Durstlöscher anbieten, sind die meistens eher verwundert.

„Wir wollen den Menschen auf Augenhöhe begegnen und ihnen natürlich nicht auflauern“, sagt Rosa Hurm und lacht, „sondern wir interessieren uns ehrlich dafür, was sie beschäftigt. Wir wollen wissen, ob ihnen etwas fehlt und was sie sich wünschen.“ Das sei dann meistens der Eisbrecher, wenn die Leute merken, dass man sich aufrichtig für ihre Meinung interessiere. So etwas sei in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen und würde gleichzeitig gut aufgenommen.

Es reicht nicht, nur gegen rechts zu sein, wenn das einzige Angebot ist, den Status quo zu verwalten

Jelle Siemer, Grüne Jugend

Weiter am Bratwurststand: Dort legt ein kleiner Junge fünf Bratwurstbrötchen, die er vorher sorgfältig in Zewa verpackt hat, in den Rollator einer alten hageren Frau. Lächelnd schiebt sie die mit Grillwaren beladene Gehhilfe davon. Das Fest scheint ein Eigenleben anzunehmen. Die Kinder aus dem Viertel haben übernommen. Sie bedienen die Rentner auf den Bierbänken, streiten sich um die Grillzange und haben sogar einen Schichtplan für den Grill ausgehandelt. Jeder will mal.

Jelle Siemer und Rosa Hurm sitzen etwas abseits nebeneinander auf einer der Bierbänke. Ihre ernsten politischen Statements zu ihrer Rolle als Parteijugend der Grünen mischen sich mit humorvollen Bemerkungen zum Treiben auf dem Platz. In den vorigen Jahren hätten sie sich viel mit der Frage beschäftigt, wie sie als Grüne Jugend wirklich zu einer Veränderung beitragen können. Dabei hätten sie festgestellt, dass die Grünen eine „staatstragende Partei“ geworden sind.

Doch um ihrem politischen Anspruch gerecht zu werden, reiche es nicht, nur in Gremien zu sitzen. Jetzt verändere sich die Form ihrer politischen Arbeit und auch die Inhalte. „Wir lernen total viel. Zum Beispiel, so etwas wie das Fest hier auch als politische Arbeit zu begreifen“, sagt Jelle Siemer.

Im Wahlkampf den Kontakt zu Menschen zu suchen, vor allem an Orten, wo sie wenig Gehör finden, erinnert an die Strategie der KPÖ in Österreich. Die linke Partei gibt sich dort als Kümmererpartei und erzielt damit in Großstädten Wahlerfolge. Die Grüne Jugend, nicht nur in Brandenburg, schaut schon länger mit Interesse in den Süden – auch, weil sich vor einigen Jahren die Parteijugend der österreichischen Grünen mit ihrer Mutterpartei überwarf und sich zu großen Teilen den Kom­mu­nis­t*in­nen anschloss.

Georg Kurz, ehemaliger Bundessprecher der Grünen Jugend in Deutschland, arbeitete zuletzt sogar an den KPÖ-Wahlkämpfen mit. „Praktisch geht es in erster Linie darum, so viel wie nur irgendwie möglich in Kontakt mit den Menschen zu kommen, vor allem in den Stadtteilen, die vernachlässigt werden“, berichtete er Mitte September im taz-Interview. Nicht nur er, der sich mittlerweile von den Grünen abgewandt und der Linken angeschlossen hat, sieht das auch als Modell für Deutschland.

In Königs Wusterhausen sind sich die zwei Spre­che­r*in­nen der Grünen Jugend einig, dass es auch in Deutschland zukünftig eine breitere linke Organisierung braucht. „Uns ist klar, dass wir über die Parteiarbeit hinaus mit anderen Organisationen in Bündnissen zusammenarbeiten müssen, um gesellschaftlichen Druck auszuüben“, sagt Hurm abgeklärt.

Als Jugendorganisation hätten sie lange versucht, die Grünen von innen heraus zu verändern. Dann das „harte Erwachen.“ „Es bringt uns nur bedingt weiter, uns permanent an dieser Partei abzuarbeiten und immer wieder zu sagen, dass wir Kritik haben, um dann am Ende trotzdem unseren Kopf für diese Politik hinzuhalten“, so die 25-Jährige. Ihre Rolle würden sie mittlerweile anders verstehen: „Wir versuchen, eigene Schwerpunkte zu setzen und eigene Wege zu gehen.“

Für sie sei die Hauptaufgabe, ein politisches Zuhause für junge Menschen zu schaffen. Gerade jetzt. Eine ganze Generation sei so frustriert wie noch nie, weil jahrelang keine Politik für sie gemacht worden sei. „Alle Freundinnen ziehen weg, die Schulen werden kaputtgespart, es gibt kaum Freizeitangebote und der öffentliche Nahverkehr funktioniert auch nicht. Wir wollen diesem Frust Raum geben und in etwas Produktives umwandeln“, sagt Rosa Hurm, die diese Probleme aus ihrer eigenen Jugend im Brandenburger Hinterland kennt.

Erfolgs­schlager: Wolfgang Petrys „Wahnsinn“ bringt in Königs Wusterhausen auch die Älteren in Schwung Foto: Piotr Pietrus

Sie selbst kommt aus ärmeren Verhältnissen. Ihre Politisierung habe ihr gezeigt, dass Armut, der Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben und geringe staatliche Leistungen System haben. „Ich habe dann verstanden, dass die Scham, die ich lange gefühlt habe, politisch ist“, sagt sie. Für Hurm sei es an der Zeit, die soziale Frage endlich als entscheidende politische Frage unserer Zeit zu begreifen. Die GJ in Brandenburg ist zwar vom Klimaschutz aus gestartet, aber ohne eine „komplette Umverteilung“ funktioniere dieser nicht langfristig, so die Sprecherin.

Ihre Mutterpartei kritisieren die Lan­des­spre­che­r*in­nen nicht nur hinsichtlich fehlender sozialpolitischer Ambitionen, sondern auch für ihre Migrationspolitik. Die rechte Diskursverschiebung beim Thema Migration bereite ihnen Sorgen. „Es ist einfach krass, dass in einem Landeshaushalt mehrere Millionen zur Verfügung stehen, um Abschiebegefängnisse zu bauen, die keiner braucht, aber dann kein Geld da ist für das, was die Menschen tatsächlich brauchen“, sagt Rosa Hurm und schlägt vor, Kommunen besser finanziell zu unterstützen. „Egal was man fordert, hört man ja immer, das Geld ist nicht da und da ist es dann plötzlich da“, so ihr sichtlich resigniertes Fazit.

Für Rosa Hurm ist die Landtagswahl nicht der alles entscheidende Tag. „Langfristig muss es darum gehen, dass eine Partei einen Plan hat, wie man dem Rechtsruck wirklich was entgegensetzt.“ Es müsse gegen den Nährboden des Rechtsrucks vorgegangen werden. Der ist laut Hurm und Siemer soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit.

Ein Anruf am Abend danach, als im Fernsehen schon die ersten Prognosen laufen und sich die Niederlage der Grünen abzeichnet: Für Rosa Hurm ist klar, dass es auch in Brandenburg einen „sehr düsteren Landtag“ geben wird. Das unterstreiche ihre Forderung, dass es eine Politik brauche, die sich der Menschen annimmt und konkret ihren Alltag verbessert.

Laut dem 20-jährigen Jelle Siemer reicht es nicht aus, „einfach nur gegen rechts zu sein, wenn das einzige Angebot von demokratischen Parteien ist, den krisenhaften Status quo zu verwalten.“ Das sei „schlichtweg unattraktiv.“ Das Wahlergebnis, die Sperrminorität der AfD sowie das verfehlte Direktmandat der Grünen würden außerdem ihre Arbeit maßgeblich erschweren. Aktionen wie die in Königs Wusterhausen sind dadurch in Gefahr: wegen gekürzter Mittel und zunehmender Demobilisierung.

So kämpferisch Rosa Hurm und Jelle Siemer auch wirken, oft wird ihr Hadern mit ihrer Mutterpartei deutlich. Auf die meisten Fragen antworten sie schnell und wortgewandt, haben konkrete Vorstellungen. Fragt man sie jedoch, ob die Grünen eine Zukunft haben und ob sie überhaupt die linke Kraft sein können, die sie als Junge Grüne Brandenburg fordern, ist es still. „Nach diesen Landtagswahlen muss man in einen sehr ehrlichen Prozess gehen, was man sein will und was man nicht sein will. Davon hängt ab, ob diese Partei eine Zukunft hat und ob ich mit dieser Partei eine Zukunft habe“, sagt Jelle Siemer schließlich.

Keine Farbe bekennen: ein pinker Grünen-Flyer, das Parteilogo nur klein in der Ecke Foto: Piotr Pietrus

Rosa Hurm nickt. Laut ihr kommt es darauf an, ob die Partei „auf Biegen und Brechen“ eine staatstragende Rolle erfüllen möchte und dafür in Kauf nimmt, Entscheidungen mitzutragen, die die sozialen Ungleichheiten nicht an der Wurzel packen.

Auf dem Platz nähern sich neue Interessenten dem Bratwurststand. Zwei große Männer und ein Kind. Auf die Frage, was für eine Wurst sie haben wollen, sagt einer der Männer: „Alle wollen die Wurst mit Fleisch.“ Eins der Grüne-Jugend-Mitglieder ärgert sich ein wenig über die grundsätzliche Ablehnung der vegetarischen Alternative.

Der Mann, er hat den Schriftzug „La Familia“ über den Handrücken tätowiert, kommt wenig später zurück und möchte eines der vegetarischen Würstchen probieren. Er lobt sie regelrecht. Ist augenscheinlich überzeugt. Holt bald noch eine. Das erfreut nicht nur ihn, sondern auch das vorher noch etwas geknickte Junge-Grünen-Mitglied. Der einzige Moment auf dem Straßenfest in Königs Wusterhausen, in dem Klischee auf Klischee trifft.

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16 Kommentare

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  • Eins vorweg: Ich bin kein Mitglied der Grünen (obwohl ich nach der Gründung 1980 kurz dabei und vorher schon unter denen war, die



    gegen die "friedliche" Nutzung der Atomkraft und auch gegen das Wettrüsten im Kalten Krieg waren, woraus sich die Grünen schließlich gebildet haben).



    Aber ich bin auch heute noch ein Gegner derer,



    die dreist und angeblich gottesfürchtig landauf, landab die Grünen diffamieren als Kriegstreiber.



    Solange ich in der Antiatom- und Friedensbewegung aktiv war, saß uns die Angst im Nacken, es könnte sozusagen ungewollt zur Katastrophe des atomaren Krieges kommen. Jetzt aber, ein halbes Jahrhundert später, haben wir es tatsächlich mit einem unsinnigen Angriffskrieg der einen Seite zu tun, der Tag für Tag Menschenleben kostet - während die angeblich "Friedensbewegten" uns weismachen wollen, man müsse mit diese Schlächtern und ihren Unterstützern bloß



    "diplomatisch" umgehen...



    Also hört auf mit dem Schmarrn, die Grünen als Kriegstreiber zu diffamieren oder als die Besserverdienenden, die Besserwisser, als



    Pädagogenpartei (siehe hier weiter unten) und vielleicht bald als die der Machtbesessenen...



    Das wird ja nicht wahrer, weil's alle nachpappeln!

    • @Auweiowei:

      Danke

  • Es ist ja interessant, dass die Kritik an mangelnder Infrastruktur eigentlich links ist, denn die gründet auf kapitalistischen Prinzipien. Was sich nicht bezahlt macht, macht dicht. Und dann wählen die Kritiker rechts, dabei steht die AfD für libertäres Gedankengut.

  • „Es reicht nicht, nur gegen rechts zu sein, wenn das einzige Angebot ist, den Status quo zu verwalten“

    Dieser junge Mensch fasst in einem Satz das Dilemma zusammen, das tausende Journalisten und Gesellschaftswissenschaftler bis heute nicht erkannt haben.

  • Die Jugend muss es einfach noch nicht interessieren, dass es nicht so einfach ist, wie sie‘s gerne hätte. Aber das es selbst in der grünen Pädagogenpartei nicht mehr gelingt einen hoffnungsvollen Diskurs zwischen den Generationen zu führen, ist erstaunlich und erschreckend. Die selbst ernannte Alternative hat es da deutlich einfacher, da erwartet auch innerparteilich keiner einen demokratischen Diskurs.

  • Der seit mehr als 20 Jahren fortschreitende Verlust von Idealen bei den Grünen hat selbstverständlich Effekte.



    Im Osten allerdings könnte das Problem einfach sein, dass die Kinder der Baseballschläger-Täter und -Claqueure in einem Umfeld sozialisiert sind, dass sich eher die Vergangenheit zurückwünscht, als eine lebenswerte Zukunft.

    • @Kaboom:

      Das Problem ist das exakte Gegenteil.

      Eine Partei, die Regelmäßig ihre Wahlerfolge den Realos zu verdanken hat und dann immer wieder intern von den Fundies gekapert wird, kann keine brauchbaren Lösungen zu den richtigerweise adressierten Themen liefern. Und was dieses Problem angeht, befinden sich die Grünen in einer Endlosschleife.

      Nehmen wir mal als Paradebeispiel das Verbrennerverbot. Hart erkämpft im Wesentlichen als Botschaft an die eigene Klientel. Für den eigentlich erforderlichen Wandel überhaupt nicht notwendig, weil der Entwicklungsvorteil ohnehin aufseiten des E-Autos war und ist. Jetzt geht es aber nicht mehr um Technik, jetzt ist es ein Glaubenskrieg. Und das ohne Not, sondern aus Dummheit und Dogma!

      Eine kWh Kapazität LFP-Zelle liegt inzwischen bei unter 100 $. Und in ~5 Jahren werden es wohl 50 $ sein. Allein die wirtschaftliche Entwicklung der E-Autos hätte den Wandel herbeigeführt und dafür hätte sich niemand in den Graben begeben müssen.

      • @insLot:

        "Eine Partei, die Regelmäßig ihre Wahlerfolge den Realos zu verdanken hat und dann immer wieder intern von den Fundies[...]"

        Die Beschreibung entspricht entweder rechter Desinformation oder völliger Ahnungslosigkeit über die Vorgänge bei den Grünen.

        "Nehmen wir mal als Paradebeispiel das Verbrennerverbot. [...]"

        Das Verbrennerverbot wurde - in der realen Welt - von der EU beschlossen. Und in der besitzen die Grünen weder die Mehrheit noch die Kontrolle.



        Verbrennerverbote wurden in so ziemlich allen Mitgliedsländern der EU, aber auch z.B. in GB beschlossen.



        Entsprechend haben ALL ihre Vermutungen in diesem Kontext schlicht und ergreifend keinerlei Kontakt zur realen Welt.

  • Mich wundert das nicht mehr. Habeck versucht nun Punkte mit der Automobilindustrie zu machen. Versucht die bereits bestehenden Vereinbarungen zum Themenkomplex Auto und Klima aufzuweichen.



    Wir wissen alle wie weit die deutsche Automobilindustrie am Thema vorbeigerauscht ist und warum. Die Gier war zu groß. Die Gewinne in China zu verlockend. Was sollen da Kleinwagen und bezahlbare E Mobilitäts Konzepte, wenn mit SUVs und Luxus High Tech mehr Geld generiert werden kann.



    Das China nicht doof ist haben andere Bereiche der Wirtschaft schon bitter erfahren müssen.



    Jetzt die Dummheit und Ignoranz der Automobilindustrie zu protegieren wäre ein fatales Zeichen für die Stimmung in der Gesellschaft. Zudem ein herber Rückschlag für die Klimapolitik und Glaubwürdigkeit der deutschen Regierung, die Dank der FDP bereits bereits viel Vertrauen in Brüssel verspielt hat.

  • Aber hallo! Sehr mutig, die jungen Leute. Und kreativ.



    Laßt euch nicht entmutigen.

  • Die Grünen sind jetzt auch eine "alte Säcke" Partei.



    Zu meiner Jugendzeit war die Begeisterung bei den jungen Menschen und bei mir groß, als die Grünen aufkamen und man endlich eine Alternative zu den "alte Säcken" Parteien hatte. Die Grünen hatten Glasklare Ziele, nämlich 100% Umweltpolitik und keine Waffen. Heute sind die Grünen aus Sicht der Jugend auch eine "alte Säcke" Partei. Möglichst kein Fleisch essen, nicht fliegen, kein Auto fahren,.... CO2 CO2 hören sie laufend. Doch Jugend will frei sein, so wie wir damals frei sein wollten. Die vermeintliche Alternative hat es gut verstanden, der Jugend dieses "Recht auf Freiheit statt Verbote" zu verkaufen. Sie betreiben ein sehr raffiniertes Marketing, nutzen die richtigen Plattformen (TikTok, etc.) und erreichen so die Jugend. Wie viele andere Wähler dieser vermeintlichen Alternative auch sehen sie das Licht, wollen aber den Schatten nicht wahrhaben. Die Grünen haben dies nicht verstanden, sie konnten die Jugend nicht mitnehmen und müssen jetzt zusehen, wie sich diese mehr und mehr von ihnen abwendet.

    • @Rudi Hamm:

      "100% Umweltpolitik und keine Waffen" klingt auf den ersten Blick natürlich astrein grün, ist aber einzuordnen in die alte Mär, früher sei ja alles viel besser gewesen.



      Aber in Wahrheit war man damals vor über einem halben Jahrhundert schon froh, wenn man sein Apfelbäumchen unbehelligt in einem Schulhof pflanzen durfte... Wenn man den Muff und Mief aus den Talaren schütteln durfte... Wenn man friedensbewegt im Bonner Hofgarten dem alten Böll zuhören durfte... Veganes Essen? Bitte nicht fliegen? So weit waren wir noch lange nicht. Grüne Straßenfeste bei uns in der fränkischen Provinz?



      Wie gedankenlos oder denkfaul muss man denn sein, um am Ende im Blick auf heute von den "richtigen Plattformen (TikTok, etc.)" zu reden - als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass dieses Hass-Podium von den Faschisten gekapert worden ist?



      Ach ja, ich habe damals in meiner Jugend auch bei den Grünen mitgemacht, war aber nach knapp zwei Jahren enttäuscht - genau! wegen der "alten Säcke", die meiner Meinung nach schon bald den Ton angaben...

    • @Rudi Hamm:

      nicht zu vergessen, die Grünen waren mal eine linke Partei mit der Forderung nach Grundeinkommen um dann Harz IV zu machen ein Grundnichtauskommen.



      Jetzt die Partei für alte Besserverdiener SäckInnen.

      • @Altunddesillusioniert:

        So wie zum Beispiel Rosa Hurm und Jelle Siemer?



        Meine - migrantisch geprägte - Frau pflegt über uns Deutsche zu sagen, wir seien oft auffällig schadenfroh und auf eine ganz eigene Weise neidisch unseren Mitbürger*innen gegenüber. Ich muss leider sagen, da hat sie recht. (Wenige wie Rosa Hurm und Jelle Siemer ausgenommen.)

        • @Auweiowei:

          Die snd einfach in der falschen Partei...alles, was sie mit ihrer Arbeit an Vertrauen aufbauen wird die Parteispitze spätestens nächstes Jahr wieder einreißen, wenn sie als Teil einer Schwarz-rot-grünen Bundesregierung Herrn Merz zum Kanzler machen.



          (weiß nicht, wie Sie auf schadenfroh und Neid kommen...enttäuscht trifft es eher)

  • Hier kann ich nur sagen: Hut ab. So sollte man es machen.



    Nicht nur bei den Grünen sondern auch bei allen anderen "alt" Parteien.



    Probleme anpacken und nicht sagen "dafür ist kein Geld"



    Denn woher kommt die Aussage: "die nehmen uns die Wohnungen weg"



    - Es sind zu wenige da (und alle haben weg gesehen)



    Es ist leicht auf andere Gruppen zu verweisen, besonders wenn das Problem schon vorher da war und mit Zufluss einfach noch mal verstärkt wird