: Milliardenschlappe für Apple im Steuerstreit
Der Tech-Konzern verliert vor dem Europäischen Gerichtshof endgültig gegen die EU-Kommission und muss nun 13 Milliarden Euro Steuern an Irland nachzahlen
Von Christian Rath
Irland hat Apple jahrelang unzulässigerweise Steuern erlassen. Deshalb muss der Tech-Konzern jetzt über 13 Milliarden Euro an Irland nachzahlen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg. Er bestätigte damit eine Entscheidung der EU-Kommission von 2016 und hob ein anderslautendes Urteil des erstinstanzlichen EU-Gerichts von 2020 auf.
Multinationale Konzerne verschieben gerne ihre Einnahmen zwischen Staaten und Tochterunternehmen, um ihre Steuerlast zu reduzieren. Viele Staaten machen dabei sogar bereitwillig mit, um Standortvorteile zu erzielen. Es droht ein Steuerwettlauf nach unten, der die Finanzierung der öffentlichen Haushalte gefährdet und den fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen bedroht.
Die EU-Kommission hat daher seit 2014 verstärkt Steuervergünstigungen für Unternehmen auf ihre Zulässigkeit untersucht. Unmittelbarer Anlass waren die so genannten LuxLeaks, bei denen ein Whistleblower offenlegte, wie Luxemburg mit Großunternehmen Steuerdeals aushandelte.
Auch Irland, wo sich viele US-Tech-Konzerne angesiedelt haben, arbeitete mit zweifelhaften Methoden. Im Fall Apple gab es Steuervorbescheide (tax rulings), die dem Unternehmen auf dessen eigenen Vorschlag hin bestimmte Steuermodalitäten zusicherten. Insbesondere wurden Lizenzen über geistiges Eigentum nicht den irischen Zweigniederlassungen von Apple zugerechnet, obwohl sie dort wohl verwaltet wurden. Damit sparte Apple von 1991 bis 2014 rund 13 Milliarden Euro Steuern.
Im Jahr 2016 stufte die EU-Kommission diese Steuervergünstigung als unzulässige Beihilfe ein, die den Wettbewerb beeinträchtige. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verlangte von Irland, diese 13 Milliarden Euro von Apple nachträglich einzufordern.
Allerdings wollte Irland das Geld gar nicht haben und verklagte gemeinsam mit Apple die EU-Kommission; zunächst mit Erfolg. Das EU-Gericht (EuG) hob die Entscheidung der EU-Kommission als fehlerhaft auf. Die Kommission habe weder das irische Steuerrecht noch die internen Abläufe von Apple richtig verstanden.
Auf Berufung von Kommissarin Vestager befasste sich nun der EuGH mit dem Verfahren. Er hob die EuG-Entscheidung auf und entschied selbst zugunsten der EU-Kommission.
Auch für den Google-Mutterkonzern Alphabet. Der Europäische Gerichtshof bestätigte eine 2,4 Milliarden Euro schwere Geldbuße wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung bei Suchmaschinen.
Die Strafe verhängt hatte die EU-Kommission bereits im Jahr 2017. Die Behörde warf Google vor, bei der Darstellung von Suchergebnissen seinen eigenen Preisvergleichsdienst gegenüber der Konkurrenz zu bevorzugen. Google klagte zunächst dagegen.
Der Europäische Verbraucherverband BEUC begrüßte das Urteil: „Das Gericht hat bestätigt, dass Google europäischen Verbrauchern den Zugang zu vollständigen und unvoreingenommenen Online-Informationen darüber, wo sie das beste Angebot erhalten, nicht unfair verweigern kann.“ (spo)
Der EuGH stellte zunächst klar, dass der Staat auch im Steuerrecht nach unzulässigen Beihilfen suchen darf. Zwar ist das Unternehmens-Steuerrecht in der EU kaum harmonisiert, weil Beschlüsse einstimmig fallen müssen. Das heißt, die EU-Kommission kann nicht verlangen, dass in Irland die gleichen Steuersätze gelten wie in Deutschland oder Frankreich. Allerdings darf Irland nicht einzelne Unternehmen oder Wirtschaftszweige steuerlich bevorzugen und so den internationalen Wettbewerb gefährden. Vergleichsmaßstab ist jeweils die „normale“ Besteuerung im EU-Staat.
So bestätigte der EuGH nun die Auffassung der EU-Kommission, dass Irland Apple „selektive Vorteile“ eingeräumt habe. Dagegen habe das EuG die Feststellungen der EU-Kommission teilweise „verfälscht“. Wettbewerbskommissarin Vestager, die der kommenden EU-Kommission nicht mehr angehören wird, begrüßte das Urteil. Es sei ein „großer Sieg für die europäischen Bürger und die Steuergerechtigkeit“. Die 13 Milliarden Euro von Apple liegen schon seit Jahren auf einem Treuhandkonto in Irland. Die irische Regierung kann die ungewollte Steuernachzahlung nun verwenden.
Unterdessen müssen seit diesem Jahr große Konzerne mit einem jährlichen Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro ihre globalen Gewinne mit mindestens 15 Prozent versteuern, egal wo sie entstehen. Hierzu haben sich weltweit 130 Staaten verpflichtet, die EU hat die globale Mindestbesteuerung 2022 durch eine EU-Richtlinie umgesetzt.
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