Endlose Geschichte ums SEZ: Als Spaßbad wiedereröffnen
Eine Demonstration fordert „SEZ für alle“. Initiativen wenden sich damit gegen den Abriss des Sport- und Erholungszentrums aus DDR-Zeiten.
Bei der Demo unter dem Motto „SEZ für alle“, die rund ums heruntergekommene Gebäude und durch den benachbarten Volkspark Friedrichshain zieht, lässt er jedoch keinen der Demonstrierenden zu Übungen antreten. Er singt „Über sieben Brücken musst du gehn“, einen der größten Hits der DDR – und etwa 150 Menschen stimmen ein. Sie sind gekommen, um gegen die Pläne des Senats zu demonstrieren, das SEZ abzureißen und mit Wohnungen und einer Schule zu bebauen.
Nach endlosem Gezerre und gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Senat und SEZ-Betreiber Rainer Löhnitz hat der Bundesgerichtshof in einem finalen Entschluss Ende 2023 bestimmt: Der Leipziger Investor muss das SEZ, das ihm Anfang der Nullerjahre für einen symbolischen Euro übertragen wurde, an das Land Berlin zurückgeben.
Löhnitz „weigert sich aber weiterhin, die rechtskräftigen Entscheidungen zu akzeptieren. Ein Gerichtsvollzieher ist beauftragt, den Zugang zum Gebäude zu verschaffen“, teilt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen auf Anfrage mit.
Ein „Glücksritter“
Carl Waßmuth vom Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“ nennt Löhnitz im Gespräch mit der taz einen „Glücksritter“, der „Berlin einen großen Schaden zugefügt“ habe. Doch wenn dann irgendwann die Schlüssel für das SEZ wieder in der Hand der Stadt sein sollten, verlangen sein Verein und weitere Initiativen, die die Demo organisiert haben, dass das SEZ nicht verschwinden soll, sondern von der öffentlichen Hand als Spaßbad weiterbetrieben wird.
Das runtergewirtschaftete SEZ retten zu wollen, das inzwischen nur noch für Yoga und von einem Technoclub genutzt wird, sei keine Fantasterei, findet Waßmuth, der als Bauingenieur arbeitet und das Gebäude mehrfach von innen inspizieren konnte, wie er sagt. „Der äußere Anschein trügt“, die Grundstruktur des SEZ sei in einem guten Zustand. 30 Millionen, schätzt er, würde eine Instandhaltung kosten.
Der Zusammenschluss von Initiativen, die nicht wollen, dass ein weiteres Baudenkmal der DDR abgerissen wird, auch aus ökologischen Gründen, gewinne derzeit an Zuspruch und habe „große Erfolgsaussichten“. Er glaubt, es werde für die Bewegung folgendermaßen ablaufen: „Am Anfang wird man belächelt, dann bekämpft, dann gewinnt man.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Prozess zum Messerangriff in England
Schauriger Triumph für Rechte
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument