Clubkultur in Berlin: Der Letzte macht das Licht an

Die Wilde Renate muss schließen, wie zuletzt das Mensch Meier. Ist das schon das große Berliner Clubsterben, das Ende des Hypes?

Noch ist das Licht nicht gänzlich aus Foto: dpa

Sicher, man kann die Sache auch lakonisch betrachten. Das angekündigte Aus der Wilden Renate wird nicht das Ende der Berliner Techno- und Clubkultur bedeuten. Auch wenn der seit 2007 bestehende Club hinter der Elsenbrücke in Friedrichshain Ende kommenden Jahres die Türen schließen wird, bleiben genügend Orte, an denen sich die Discokugel weiterdrehen wird.

Ebenso lässt sich argumentieren, dass erst der stete Wandel die Clubkultur lebendig hält; ohne Neugründungen, Ortswechsel oder dem Bespielen temporärer Räume würde sie erstarren – wie ein Publikum in der Oper. Und wer, wie die Renate, in einem unsanierten Altbau residiert, mit Clubnächten wie WG-Partys, war quasi per se in einem Zwischenraum – ohne Garantie, dass das ewig geht.

Nur: In einer Stadt, die einerseits so sehr auf ihr kulturelles Kapital baut, mit der Clubszene als einem der zentralen Pfeiler, andererseits aber kaum mehr neue Freiräume zur Verfügung hat, ist das eben doch eine Nachricht, die ernst genommen werden muss. Zumal sich mit ihr auch ein Trend zu verstärken scheint: Das Mensch Meier und die Re:­mi­se mussten schon im vergangenen Jahr schließen, die Rummels Bucht bereits davor; andere Institutionen des Nachtlebens wie das About Blank sind akut bedroht.

Noch ist es vielleicht zu früh, um vom ganz großen Clubsterben zu sprechen, aber rückblickend wird diese Zeit vielleicht doch einmal als Anfang vom Ende einer vielfältigen und inklusiven Clubkultur gelten. Die Probleme, die dem zugrunde liegen, sind vielfältig, gemein ist ihnen nur, dass es an Konzepten fehlt, die der Entwicklung Einhalt gebieten könnten.

Viele Probleme, keine Lösungen

Der Renate wurde ihr Vermieter Gijora Padovicz zum Verhängnis, den man zumindest in Friedrichshain längst als Totengräber alternativer Subkultur bezeichnen kann. Für die weiteren Clubs in Padowicz-Immobilien, wie das Oxi oder das Watergate bedeutet das nichts Gutes. Und auch andere Tanzorte sind abhängig vom Wohl und Wehe skrupelloser Aufwerter – und vom fehlenden Gewerbemietrecht. Hinzu kommen weitere Probleme wie die zunehmende Verdichtung, explodierte Bodenpreise oder ein Irrsinns-Autobahnprojekt.

Für alle Clubs problematisch, die alternativen um so mehr, sind die enorm gestiegenen Kosten etwa für Energie. Partynächte für weniger als 20 Euro Eintritt kann kaum noch ein Ver­an­stal­te­r:in­nen ermöglichen; während vielen Gästen durch Inflation und Mietenwahnsinn das Geld längst nicht mehr so locker sitzt. Die Folge ist eine immer weiter voranschreitende Kommerzialisierung. Wenn aber nur noch für Schnösel, solvente Tou­ris­t:in­nen oder Firmenevents geöffnet wird, kann man von Berliner Clubkultur auch nicht mehr sprechen.

Auf der offiziellen Berlin-Website, die den Clubs umfangreichen Platz einräumt, wird die Renate noch gefeiert: Sie ist „ein perfekter Ort für Paradiesvögel, denn im abgewohnten Mietshaus fühlt man sich an die Anfänge von Techno in Berlin erinnert. Improvisiert und euphorisch, lebendig statt cool.“ Der Eintrag wird bald verschwinden. Es bleibt die Hoffnung, dass der Vibe anderswo weiterlebt.

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Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

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