Hoffen auf Nahost-Deal: Mit Waffenexporten zur Waffenruhe
Die USA genehmigen den Export von Kampfjets nach Israel und werben um einen Geiseldeal. Ob Verhandlungen am Donnerstag zustande kommen bleibt unklar.
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Blick durch das Fenster eines Flugzeugs der US-Luftwaffe auf Gaza Stadt Foto: Leo Correa/ap/dpa
JERUSALEM/BERLIN taz | Während die USA Israel aufrufen, sich bei den für Donnerstag angesetzten Verhandlungen um einen Geiseldeal ernsthaft um eine Lösung zu bemühen, genehmigen sie gleichzeitig Rüstungsexporte im Wert von mehr als 20 Milliarden US-Dollar nach Israel. Unter den freigegebenen Gütern sollen sich unter anderem 50 F-15-Kampfjets befinden, sowie 33.000 Schuss Panzermunition. Das berichtete das US-Außenministerium dem Kongress. Das Lieferdatum der Flugzeuge befindet sich in weiter Zukunft: Erst 2029 sollen die Jets in Israel ankommen. Die Beschaffung der Kampfflugzeuge hatte Israel bereits 2023 angefragt.
Die USA als wohl engster Verbündeter Israels hatten im Frühling, als der Einmarsch des Militärs in das Gebiet um die Stadt Rafah in Südgaza anstand, zuletzt die Auslieferung von Munition an Israel gestoppt. Die USA fürchteten damals um die humanitäre Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung, die zuvor von Israel angehalten wurde, nach Rafah in Südgaza zu evakuieren.
Mit Flugblättern forderte das israelische Militär damals die bis dahin in Rafah Untergekommenen zur erneuten Evakuierung auf. Der Großteil der über 1,5 Millionen dorthin geflüchteten Menschen kam dem nach. Bilder aus Rafah zeigen nach den Kämpfen zwischen der Hamas und Israel heute eine teils schwer beschädigte Stadt.
Auch innenpolitisch scheinen die vielen Warnungen seiner internationalen Verbündeten, die Israel seit dem vergangenen Oktober erreichten, nicht wirklich zu fruchten. Am Mittwoch gab Israels Regierung zum ersten Mal seit 2017 wieder sein Okay für die Realisierung einer ganz neuen Siedlung im Westjordanland. Die Siedlungspolitik Israels gilt als massives Hindernis für eine Zweistaatenlösung, zu der sich weiterhin auch die westlichen Verbündeten Israels bekennen.
Wird die Hamas an den Verhandlungen teilnehmen?
184 Acres, etwa 0,6 Quadratkilometer, wurden der neuen Siedlung mit den Namen „Nahal Heletz“ zwischen Jerusalem und Bethlehem zugewiesen. Der ultranationalistische Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte, die Siedlung solle Jerusalem mit dem bestehenden Siedlungsblock Etzion verbinden. Das Vorgehen diene außerdem dazu, so Smotrich „Fakten auf dem Boden zu schaffen“, gegen einen palästinensischen Staat. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Peace Now („Frieden jetzt“) wurde das Land dem palästinensischen Dorf Battir entzogen.
Ob die Genehmigung der Siedlung Einfluss auf die Geiselverhandlungen haben könnte, wird sich wohl am Donnerstag herausstellen. Ob die aber überhaupt wie geplant stattfinden können, ist ebenfalls unklar. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters bekräftigte die Hamas am Mittwoch, dass sie an der geplanten Gesprächsrunde in Katar nicht teilnehmen wolle. Das hatte der neue Politbürochef der Hamas, Jahia Sinwar, bereits am Dienstag verkündet.
Ein endlich zustande kommender Geiseldeal könnte Iran davon abhalten, den angekündigten Vergeltungsschlag auf Israel in die Tat umzusetzen. Nachdem Israel vor zwei Wochen den Hisbollah-Kommandanten Fuad Shukr im Südlibanon und wohl auch den Hamas-Politbürochef Ismael Hanijeh tötete, hatte die Islamische Republik das mehrfach angedroht. Die gesamte Region wartet seitdem darauf, dass etwas passiert.
Obwohl die Hamas ihre Teilnahme wohl verweigern will, gab sich der US-Gesandte Amos Hochstein zuversichtlich: Er hoffe – und glaube –, dass ein Krieg noch abzuwenden sei. Hochstein reiste am Mittwoch in die libanesische Hauptstadt Beirut, um dort weiter für Deeskalation zu werben, und sprach dort unter anderem mit Nabih Berri. Der 86-Jährige ist Sprecher des libanesischen Parlaments, Vorsitzender der schiitischen Amal-Partei, und ein Verbündeter der Hisbollah.
Hochstein betonte außerdem: Die Zeit für ein Geisel- und Waffenstillstandsabkommen laufe ab. Mit Berri habe er den derzeit auf dem Tisch liegenden Vorschlag für einen Deal diskutiert. Man sei sich einig: Es gebe keine Ausreden mehr diesen hinauszuzögern – für keine Verhandlungspartei.
Leser*innenkommentare
Christian Schauer
Israels Finanzminister Bezalel Smotrich hat gesagt, dass das Aushungern der Menschen in Gaza "gerechtfertigt und moralisch" sein könnte. Smotrich setzt sich für die Ausweitung israelischer Siedlungen im Westjordanland, für eine weitere Stärkung der jüdisch-religiösen Identität Israels sowie für konservativ-religiöse Werte und Positionen ein.
Aushungern ist inhuman. Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs besagt, dass es ein Kriegsverbrechen ist, Zivilisten absichtlich auszuhungern, indem man ihnen "überlebenswichtige Dinge vorenthält, einschließlich der vorsätzlichen Behinderung von Hilfslieferungen“.
Ein Frieden kann so nicht zustande kommen. Auch die Hamas will ihn nicht. Wie kann diese beidseitige Unversöhnlichkeit überwunden werden?
Christian Schauer, Alzenau
EffeJoSiebenZwo
Zum Bild am Anfang des Artikels mit der Beschreibung 'Blick durch das Fenster eines Flugzeugs der US-Luftwaffe auf Gaza Stadt Foto: Leo Correa/ap/dpa'
Frage an die (Bild)Redaktion: von wann stammt denn dieses Bild?
elma
Sorry kleine Korrektur—Sinwar heißt Yahyar Sinwar ..
zartbitter
""Ein (...) Geiseldeal könnte Iran davon abhalten, den angekündigten Vergeltungs-Schlag auf Israel in die Tat umzusetzen.""
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Gibt es Indizien die für ein mögliches Einlenken des Iran sprechen?
Der ehemalige Atom-Unterhändler und Außenminister Zarif war nur wenige Tage Vizepräsident des Iran. Er war der Hoffungsträger im neuen Kabinett des Präsidenten Peseschkian. Zarif war von 2013 - 2021 Außenminister der Regierung des damaligen eher reformorientierten Präsidenten Rouhani. International wurde er bei den Verhandlungen über das Atomabkommen von 2015 bekannt. Zarif gilt als Architekt des Abkommens.
Da Zarif aus der Regierung Peseschkian aussteigt bedeutet das nichts gutes sondern eine Rückkehr des iranischen Regimes zu dem Trick iranischer Hardliner: Nach aussen wird ein gesprächsbereiter moderater Präsident als Galeonsfigur präsentiert damit im Hintergrund die Führungskräfte der Hardlineriege, zu denen auch Khamenei gehört, die wichtigen Entscheidungen treffen können.
Das Sinwar keinen Verhandler präsentiert ist nachvollziehbar - da gibt es wohl keinen mehr - aber ein iranischer Verhandler wäre eine Überraschung. Wer sollte das sein?
*Sabine*
@zartbitter "Das Sinwar keinen Verhandler präsentiert ist nachvollziehbar - da gibt es wohl keinen mehr - ..."
Dieses Argument verstehe ich nicht. Die UNRWA hat 5,9 Millionen Palästinenser registriert, lt. Schätzungen gibt es 14,3 Millionen Palästinenser weltweit, teilweise sicherlich sehr gut ausgebildet.
Wenn man die Kinder (und wie ich annehme Frauen) abzieht, sollte sich da meiner Meinung nach durchaus jemand finden lassen, der an den Gesprächen teilnimmt. Vielleicht jemand aus den Vertretungen im Ausland.
zartbitter
@zartbitter Khalil al-Hayya ist Mitglied des Politbüros der Hamas & stell-vertretender Leiter des regionalen Politbüros in Gaza seit 2017.
Er wird für die Verhandler erreichbar sein - er nimmt aber nicht persönlich an den Verhandlungen teil.
Nafets Rehcsif
@zartbitter Den zweiten Teil aus dem kurzen Wiki zu Hayya hätten Sie auch gleich noch reinkopieren können…
de.wikipedia.org/wiki/Khalil_al-Hayya
Welche „Grenzen von vor 1967“ der Verhandlungsprofi denn wohl meinen mag? Man weiß es nicht…