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BVG schafft Bargeld im Bus abEs geht auch ohne Bares

Kommentar von Claudius Prößer

Ab dem 1. September kann in den Bussen der Berliner Verkehrsbetriebe nicht mehr bar bezahlt werden. Ein absolut vertretbarer Schritt.

Halt: Hier gibt's bald nichts mehr für Bares Foto: Imago/Jürgen Ritter

K önnen Sie sich noch an die Zeiten erinnern, als der Bus gefühlt minutenlang an der Haltestelle festklebte, weil eine lange Schlange von Fahrgästen in ihren Geldbeuteln kramte? Vielleicht waren auch TouristInnen darunter, die mit Euros nicht vertraut waren und jede Münze zweimal umdrehen mussten. Diese Zeiten sind tatsächlich längst passé. Auch darum ist der am Freitag von der BVG verkündete Schritt, ab 1. September kein Bargeld mehr in ihren Bussen anzunehmen, nur folgerichtig.

Genau genommen ist das nicht mal wirklich neu: Fast drei Jahre lang – von März 2020 bis Januar 2023 – gab es coronabedingt keine Bargeldannahme in den großen und kleineren „Gelben“, anfangs war sogar jeglicher Ticketkauf oder die direkte Kontaktaufnahme zu den FahrerInnen unmöglich. Als der Barverkauf dann zurückkam, war das eine rein politische Entscheidung: Das Verkehrsunternehmen selbst hatte sich gegen diesen Schritt zurück gewehrt.

Mit Gründen, die auch jetzt wieder angeführt werden: Die BusfahrerInnen, die ohnehin am Steuer multitasken müssen, werden entlastet, weil das ganze Prozedere von Kassenübergabe und -abrechnung einfach wegfällt. Mittlerweile werden laut BVG im Schnitt ohnehin nur noch drei Tickets pro Tag und Fahrzeug bar bezahlt, rund 99 Prozent der KundInnen steigen schon mit gültigem Fahrschein – physisch oder digital – ein. Zusätzlich entspannt hat sich die Lage seit Einführung des Deutschlandtickets: BesucherInnen aus ganz Deutschland nutzen damit schließlich die BVG, als wäre es ihr heimisches Verkehrsunternehmen.

War es während der Pandemie noch eine Behelfslösung mit Schlupflöchern, ist das Bargeld-Tabu im Bus nun im Tarif verankert. Wer kein Abo hat oder den Fahrschein nicht per App kaufen möchte, wird auch weiterhin bei den FahrerInnen bargeldlos ein Ticket erwerben können: mit Giro- oder Kreditkarte, dem Handy oder einer Guthabenkarte, die in den BVG-Kundenzentren, aber auch in hunderten privaten Läden – meist Kiosken und Spätis mit Lotto-Annahmestelle – mit Bargeld aufgeladen werden kann.

Oder einfach den Entwerter nutzen

Dass die Linke am Freitag das Bargeld-Aus im Bus mit dem Argument kritisierte, es gebe nach wie vor Menschen, die „aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen oder wegen ihres Alters nicht mit Girokarte oder Smartphone zahlen können oder wollen“, läuft deshalb weitgehend ins Leere. Denn selbst Menschen, für die auch eine Guthabenkarte zu viel des Digitalen ist, bleiben nicht außen vor: Sie können weiterhin Einzelfahrscheine aus Papier an einem Automaten der U- und S-Bahn ziehen oder in den besagten Shops kaufen und diese nach altem Brauch in den Bus-Entwerter schieben.

Manchmal ist die Zeit eben einfach reif für kleine Veränderungen, zumal wenn sie den Beschäftigten spürbar die Arbeit erleichtern. Kein Wunder, dass die Gewerkschaften mit dieser Maßnahme d’accord gehen. Dass, wie die Linke ebenfalls anmerkt, eine Beschleunigung des Busverkehrs das Personal entlasten würde, der Senat auf diesem Feld aber nicht gerade glänzt, ist auch völlig richtig, steht aber auf einem Blatt.

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Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.
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10 Kommentare

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  • Die Zurückdrängung des Bargelds ist der falsche Weg.



    Sinnvoll wäre, die Benutzung von Bussen generell gebührenfrei zu machen, wie es in Hasselt, Belgien, lange Jahre der Fall war (de.wikipedia.org/w...erkehr_in_Hasselt).



    Dabei spart man nicht nur den ganzen Aufwand mit dem Fahrscheinverkauf (auch die Automaten), sondern auch die Notwendigkeit der Kontrollen.

    Leider ist die Einsparung von Arbeit und Ressourcenverbrauch wenig populär in Deutschland...

  • @EPHRAIM NATHANSSON

    Sehe ich genauso: gäbe es eine digitale Alternative zu Bargeld, die genauso anonym und frei von Überwachungskapitalismus wäre, dann wäre ich sofort dabei.

    Unter den gegebenen Umständen jedoch...

    (Oh, und ich bin meinem lokalen Mobilitätsprovider unendlich dankbar, dass sie das Deutschlandticket noch als Plastikkarte führen).

  • Was uns hier als Fortschritt verkauft werden soll, ist doch wieder nur der kapitalistischen Gier nach Privatisierung des Öffentlichen geschuldet. Wieder ein Argument mehr, dass man Bankprodukt X braucht oder ein Smartphone und dann natürlich noch ein Google- oder Applekonto dazu usw.

    Wenn das Bargeld zurückgedrängt wird, sollte im Gegenzug jeder ein anonymes Konto bei einer staatlichen Bank erhalten mit entsprechender Bezahlkarte oder App oder wasweißich, und diese Bezahlfunktion dann auch annahmepflichtig sein – so, wie es bisher eigentlich für Bargeld gibt. A propos: Wie schaffen es die Verkehrsbetriebe eigentlich, nicht in Annahmeverzug zu geraten, wenn sie kein Bargeld annehmen? Reicht es, wenn man fünf funktionierende Automaten im Stadtgebiet verteilt, die doch noch huldvoll Bares entgegennehmen?

    • @Ephraim Nathansson:

      Aber das ist doch kein Problem. Man kann weiterhin an beliebigen Orten mit Bargeld Fahrscheine kaufen, nur eben nicht im Bus. Lieber hätten sie natürlich konsequent sein sollen und jeglichen Ticketverkauf dort einstellen, zur echten Entlastung der Busfahrenden.



      Die Automaten und Kioske kann man immer noch mit Münzen überhäufen. Viel ungünstiger ist doch die Lösung beim Deutschlandticket.

      • @blutorange:

        "...das ist doch kein Problem. Man kann weiterhin an beliebigen Orten mit Bargeld Fahrscheine kaufen, nur eben nicht im Bus."



        Und wenn man an diese 'beliebigen Orte' halt nur mit dem Bus hinkommt, hat man halt Pech gehabt.

      • @blutorange:

        Das Deutschlandticket gibt es glücklicherweise noch als Karte, aber immer weniger Automaten nehmen überhaupt noch Geldscheine an. Es gibt schon Bahnhöfe, an denen es unmöglich ist, mit Bargeld Fahrkarten zu kaufen und das wird auch nicht mehr behoben, sondern eher mehr.

  • Offenbar haben einige Damen und Herren nicht viel zu tun und denken sich neue Dinge aus.



    Selbstverständlich ist die Barzahlung eine wichtige Serviceleistung. Wer eine Monatskarte hat, braucht das ja nicht in Anspruch nehmen.



    Es wird immer schlechter!



    Vor allem jene Menschen, die kein Abo haben, werden bestraft. Bei diesem Service und bei den vielen Zugausfällen, Baustellen, etc. kann man nur von einem Abo abraten, denn dies bezahlt ihr alles, ohne Entschädigung. Mies!!!

    • @Horst Schlichter:

      Ich glaube, die BVG hat Leute, die sich solche Dinge ausdenken, weil sie viel zu tun haben.

      Und sie bezahlt sie auch noch dafür.

      Meinen Sie nicht, Ihr Argument wäre genauso gut ohne diese Abwertung gewesen?

  • Wenn die Zeit das Problem ist, dann sollte der Verkauf von Fahrkarten in Bussen gleich komplett abgeschafft werden, denn die 5s, die es länger dauert, Bar zu bezahlen sollten ein sehr geringer Faktor sein. Eine andere Variante wären kleine Automaten, aber die nehmen ja oft selbst auf Bahnhöfen kein Bargeld mehr.

    Der größere Faktor ist die schleichende Abschaffung des einzigen anonymen und sichern Zahlungsmittels, das wir haben, nämlich des Bargelds.

    Ich bin definitiv nicht sehr alt oder gar technologisch zurück geblieben, aber mein Handy wird definitiv niemals irgendwelche Zahlungsfunktionen ausführen und seit selbst die Banken teilweise anfangen die Daten ihrer Kunden nicht mehr als schützenswert, sondern nur noch als verkaufbaren Rohstoff zu betrachten, werde ich jegliches Digitales Zahlungsmittel noch weniger nutzen.

    In kurz: Wieder ein (wenn auch kleiner) Schritt in Richtung Überwachung und Kommerzialisierung der Daten.

    • @Pernikus:

      So ist es. Ich fordere mehr und nicht weniger Service für die Bürger!!!!