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Beim Lesen des Artikels kam mir unwillkürlich die US Kampagne von Coca Cola in den Sinn, die anlässlich eines Gesetzes zur Einführung eines Pfandsystems auf Plakaten mit einem weinenden Ureinwohner warb. Die Botschaft dazu lautete, dass die Bürger den Zustand der Plastikvermüllung abwenden könnten indem sie Flaschen und Dosen aus der Umwelt aufsammelten. Diese bewusste Form der Ablenkung leitete die Aufmerksamkeit auf das individuelle Verhalten und damit weg von der Forderung nach Veränderungen des Systems. Mit Erfolg, ein Pfandsystem wurde in den USA nie eingeführt.
Artverwandte Kampagnen gab es auch von der Fossilindustrie. Der heute vielzitierte individuelle Fussabdruck beruht auf einer Kampagne von BP zu Beginn der 2000. Inklusive der Einführung des Rechners zur Bemessung des individuellen CO2 Fussabdrucks.
Individuelles Handeln ist gut und wichtig. Wir alle sollten unseren CO2-Fußabdruck minimieren. Aber dadurch können weder Subventionen verabschiedet oder ein Preis für Kohlenstoffemissionen festgesetzt werden oder der Ausbau der fossilen Infrastruktur gestoppt werden. Nur der Gesetzgeber kann das. Wir brauchen also beides: individuelles Handeln und einen Wandel des Systems
„… müssen wir unser Leben ändern“
Wie war das noch mit den TAZ Flugreisen zur Zivilen Verständigung?
Immer einfach zuerst die anderen, in dem Fall Urlauber, aufzufordern.
(So auch dieser post….)
Wie wär's als erstes mal mit der Besteuerung von Kerosin? Und zwar europaweit. Es werden doch schon genug sinnlose Dinge angeschoben wie die neuen Flaschenverschlüsse. Da wäre es doch mal angebracht, endlich mal was sinnvolles in die Wege zu leiten.
Die kriminellen Aktionen sind ein klassisches Beispiel für die bekannte Weisheit "gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht".
Durch jede dieser Aktionen steigt der CO2 Ausstoß (Flugumleitungen etc.)
Einen Effekt auf klimaschützende Maßnahmen haben Sie dagegen nicht.
Herr Reimer schreibt, dass diese (leicht verwirrten) Klimaaktivisten versuchen, Ihre Visionen mit der Brechstange zu realisieren.
Von daher sollte er diese Form des Protestes auch nicht als friedlich und legitim bezeichnen...sondern einzig und allein als kriminell.
Schade, dass man diese Leute mittlerweile wirklich nicht mehr ernst nehmen kann.
Hier wird die Legitimität einer rechtswidrigen Handlung aus dem Empfinden des Akteurs abgeleitet, das ist nicht legitim, das ist Willkür.
Das ist, der Zweck heiligt die Mittel. Und das tut er nicht, und schon gar nicht in einem Rechtsstaat.
Das Absurde ist, dass die selbst erwählten Weltretter, Rechtsbruch begehen, um die Setzung und Umsetzung, der von ihnen gewollten Gesetze, zu erzwingen.
Das ist die Attitüde des Fünfjährigen, der von hilflosen Eltern zum Kindergartendiktator erzogen wurde.
Danke für diesen erfrischenden Beitrag.
Nur eins: vielleicht ist die Gesellschaft bereiter, als es scheint. Vielleicht sind nur die in allen diesen fossilen Wetten verankerten Interessen nur lauter, und vielleicht haben sie auch nur -- weil es immer so war -- den besseren Draht zur Politik.
Vielleicht gibt es da auch einen Kipppunkt?
“ Dabei ist der Protest der Aktivisten friedlich, legitim und notwendig”
Und nutzlos, denn es werden dadurch nun mal kaum Menschen vom freiwilligen Verzicht überzeugt.
Das Einzige, das die LG bewegen, sind die Umfragewerte der Grünen. Nach unten. Ich sehe nicht, wie das der Umwelt hilft.
Seit wann ist Einbruch ( durchschnittener Zaun), legitim ? Komische Rechtsauffsssung. Dann kann ja jeder der meint einen Grund dafür zu haben in ein fremdes Grundstück einbrechen.
Die nächsten Kippppunkte liegen bei 22°Celsius und bei 70 m üNHN. Dann ist die Eiszeit endlich vorüber. Freut euch auf besseres Wetter, die Hamburger bekommen ihre Elbvertiefung und die Berliner bestellen schon mal den Möbelwagen.
Auch der NDR hält an den jährlichen Sommerinterviews fest und lädt nun Hamburgs AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann ein. Protest ist angekündigt.
Flughafenblockade der Letzten Generation: Friedlich, legitim und notwendig
Die Letzte Generation macht Urlaubern zu schaffen. Dabei setzt sie nur um, was eigentlich allen schon klar sein müsste: Klimaschutz heißt auch Verzicht.
Flughafen Köln-Bonn am 15. August Foto: Thilo Schmuelgen/reuters
Klimaschutz bedeutet, dass wir unser Leben verändern müssen. Diese Erkenntnis stammt nicht von einem Wissenschaftler oder einem Greenpeace-Aktivisten. Wolfgang Schäuble, der CDU-Vordenker, hat sie 2019 formuliert, damals, als er Bundestagspräsident war. Als Beispiel nannte Schäuble den Massentourismus. Es sei sicherlich ein großes Glück, einfach mal auf die Malediven zu fliegen oder Venedig zu besuchen, „aber künftig sollten wir von diesem Glück sparsameren Gebrauch machen“.
Die Aktivisten der Letzten Generation haben am Donnerstag versucht, diesen Verzicht mit der Brechstange zu realisieren. Erneut konnten sie mehrere Flughäfen lahmlegen, aus Protest gegen die Genehmigung neuer Gasfelder vor Borkum.
„Klima-Chaoten“, „Klimaradikale“, „Terroristen“ – die Vorwürfe, die sich die Aktivisten dafür anhören müssen, sind heftig. Aber auch der Staat greift durch: Die Polizei durchsucht ihre Wohnungen, Gerichte sperren sie für Monate ins Gefängnis, die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Dabei ist der Protest der Aktivisten friedlich, legitim und notwendig: Im vollen Namen nennt sich die Organisation „Letzte Generation vor den Kipppunkten“ – das sind Systeme im Weltklima, die, einmal umgekippt, das Antlitz der Erde verheeren werden.
Um nicht in solch eine Katastrophe zu laufen, müssen wir unser Leben ändern. Im Durchschnitt verursacht jeder Deutsche knapp 9 Tonnen Treibhausgase pro Jahr, klimaverträglich wären 1,5 Tonnen. Wobei reiche Deutsche deutlich mehr verursachen als jene, die Venedig oder die Malediven noch nicht kennen. Wenn sich selbst in der CDU die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Klimaschutz ein anderes Leben notwendig macht, dann ist sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Allerdings ist die Gesellschaft nicht bereit für diese Veränderungen: Für unser kleines heutiges Glück soll bitte schön alles so bleiben, wie es ist. Die Letzte Generation stört dieses Idyll – und deshalb wird ihr Protest von der Mehrheitsgesellschaft kriminalisiert.
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Kommentar von
Nick Reimer
Autor
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
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