Flughafenblockade der Letzten Generation: Friedlich, legitim und notwendig

Die Letzte Generation macht Urlaubern zu schaffen. Dabei setzt sie nur um, was eigentlich allen schon klar sein müsste: Klimaschutz heißt auch Verzicht.

Eine Person vor einer Anzeigentafel, die annulierte Flüge anzeigt

Flughafen Köln-Bonn am 15. August Foto: Thilo Schmuelgen/reuters

Klimaschutz bedeutet, dass wir unser Leben verändern müssen. Diese Erkenntnis stammt nicht von einem Wissenschaftler oder einem Greenpeace-Aktivisten. Wolfgang Schäuble, der CDU-Vordenker, hat sie 2019 formuliert, damals, als er Bundestagspräsident war. Als Beispiel nannte Schäuble den Massentourismus. Es sei sicherlich ein großes Glück, einfach mal auf die Malediven zu fliegen oder Venedig zu besuchen, „aber künftig sollten wir von diesem Glück sparsameren Gebrauch machen“.

Die Aktivisten der Letzten Generation haben am Donnerstag versucht, diesen Verzicht mit der Brechstange zu realisieren. Erneut konnten sie mehrere Flughäfen lahmlegen, aus Protest gegen die Genehmigung neuer Gasfelder vor Borkum.

„Klima-Chaoten“, „Klimaradikale“, „Terroristen“ – die Vorwürfe, die sich die Aktivisten dafür anhören müssen, sind heftig. Aber auch der Staat greift durch: Die Polizei durchsucht ihre Wohnungen, Gerichte sperren sie für Monate ins Gefängnis, die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Dabei ist der Protest der Aktivisten friedlich, legitim und notwendig: Im vollen Namen nennt sich die Organisation „Letzte Generation vor den Kipppunkten“ – das sind Systeme im Weltklima, die, einmal umgekippt, das Antlitz der Erde verheeren werden.

Um nicht in solch eine Katastrophe zu laufen, müssen wir unser Leben ändern. Im Durchschnitt verursacht jeder Deutsche knapp 9 Tonnen Treib­hausgase pro Jahr, klimaverträglich wären 1,5 Tonnen. Wobei reiche Deutsche deutlich mehr verursachen als jene, die Venedig oder die Malediven noch nicht kennen. Wenn sich selbst in der CDU die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Klimaschutz ein anderes Leben notwendig macht, dann ist sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Allerdings ist die Gesellschaft nicht bereit für diese Veränderungen: Für unser kleines heutiges Glück soll bitte schön alles so bleiben, wie es ist. Die Letzte Generation stört dieses Idyll – und deshalb wird ihr Protest von der Mehrheitsgesellschaft kriminalisiert.

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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