Klimagerechte Steuern: Schon 30 Jahre zu spät
Ökonomen mahnen: Der Staat hätte längst steuerpolitisch für den Klimaschutz tätig werden müssen. Doch das Klimageld lässt weiter auf sich warten.
Berlin taz | Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mahnt die Einführung des geplanten Klimageldes an. Die wirtschaftlichen und sozialen Fragen der Transformation sowie deren Abfederung seien ein „entscheidender Bestandteil erfolgversprechender Klimaschutzpolitik“, schreiben die DIW-Forschenden Claudia Kemfert und Stefan Bach in einer Studie, die sie zusammen mit der Umweltökonomin Barbara Praetorius erstellten und die der taz vorliegt. „Daher sollte auch das Klimageld zügig umgesetzt werden.“
Eigentlich haben die Ampelparteien in ihrem Koalitionsvertrag ein Klimageld beschlossen. Es soll allen Bürger*innen zugute kommen und den steigenden CO2-Preis kompensieren. Dieser wird zum Jahreswechsel von 45 auf 55 Euro je Tonne CO2 angehoben. Um zu CO2-Einsparungen zu führen, müsste eine Tonne des Treibhausgases laut DIW allerdings deutlich über 100 Euro kosten. Die Regierungsparteien schieben die Einführung des Klimageldes bisher auf die lange Bank. Ob es überhaupt noch kommt, ist fraglich.
Das DIW mahnt an, dass der Staat deutlich früher hätte tätig werden müssen: „Wäre Deutschland in den 1990er Jahren den damaligen Reformvorschlägen für eine langfristig angelegte Energiesteuer und ökologische Steuerreform gefolgt, stünde Deutschland beim Klimaschutz heute deutlich besser da.“
Die Forschenden verweisen dabei auf einen Vorschlag, den das DIW bereits 1994 zusammen mit Greenpeace machte: Demnach sollte eine Energiesteuer auf den Endverbrauch fossiler Energie und Strom eingeführt und langfristig angehoben werden. Ihr Aufkommen sollte bis zu 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen. Die privaten Haushalte sollten mit einem pauschalen „Öko-Bonus“ ähnlich dem Klimageld, die Arbeitgeber*innen mit niedrigeren Sozialabgaben kompensiert werden.
Wachstum kaum beeinträchtigt
Den damaligen Berechnungen zufolge hätte dies langfristig dazu geführt, weniger Energie zu verbrauchen und 14 Prozent weniger CO2 zu produzieren. „Das Wirtschaftswachstum wäre kaum beeinträchtigt worden und die Zahl der Beschäftigten um eine halbe Million Personen gestiegen“, so die Forschenden.
Leser*innenkommentare
Thomas Koll
Man möge die Gießkanne Klimageld doch bitte bleiben lassen, und auch die Pendlerpauschale streichen, und stattdessen den ÖPNV gratis machen. Der (motorisierte Individual-) Verkehr ist der eine Bereich der sich nicht bewegt in Sachen Klimeneutralität und dafür braucht es radikale Maßnahmen um die Menschen aus dem PKW in dem nur ein einzelner sitzt in die Busse, Bahnen oder auf die Räder zu kriegen.
Herma Huhn
@Thomas Koll Das Klimageld ist die einzige Gießkanne, die wirklich funktioniert.
Es ist ja kein Geschenk, sondern eine Umverteilung dessen, was mit der CO2 Abgabe eingenommen wird.
Diese Abgabe pauschal zurückzuzahlen belohnt tatsächlich diejenigen, die CO2 einsparen, denn denen tut der höhere Preis der unverzichtbaren Produkte nicht mehr weh.
Stoffel
@Thomas Koll Ohne den motorisierte Individual-Verkehr bin ich auf dem Land aufgeschmissen. Und ohne Pendlerpauschale ist Bürgergeld eine Alternative .
fly
Hätte, hätte, damals…
Bringt keinen weiter. Zumal dann nicht, wenn mit nicht existierenden Daten gerechnet wird.
Aber das Klimageld muss kommen. Am besten sofort.
Mal Nombre
@fly Woher soll´s denn kommen? Oder: wer soll die ganzen Gießkannen voll machen? Noch mehr Steuern von denen, die noch arbeiten? Die CO2 Einnahmen sind schon lange verplant.