Taylor Swift, rechte Mobs und Olympia: Mit Wut gegen Extreme
Banksy ist wieder aufgetaucht, dafür ist Puigdemont abgetaucht. Sonst noch: Hat Taylor Swift die besseren Fans?
t az: Frau Irmschler, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Paula Irmschler: Erst mal „Danke“ fürs Siezen, Ihr, ich meine Sie von der taz, seid oder sind ja drauf! Also laut Fernsehen, das ich, weil ich gerade Streaming-App-Pause mache, viel schaue, war kaum etwas NICHT schlecht. Die Temperaturen waren auch seltsam. Banksy ist wieder da.
taz: Und was wird besser in dieser?
Irmschler: Wir reißen uns hoffentlich alle zusammen. Das Wetter wird besser. Dazu können wir das neue Album von Beabadoobee hören.
taz: Taylor Swift sagte drei Konzerte in Wien wegen eines geplanten Anschlages ab. Die Fans versammelten sich trotzdem, um ihr Idol zu feiern. Hat Taylor die besten Fans?
Irmschler: Nach dieser Woche besteht kein Zweifel mehr daran, dass das so ist. Sie lieben das Leben, gehen zauberhaft miteinander um, zelebrieren Schönes, sind sogar politisch und setzen sich fürs Wählen von progressiven Leuten ein, organisieren sich im Netz und vor Ort, sammeln Spenden. Wenn sie weiter ihr Ding durchziehen, retten sie uns vielleicht allen den Arsch. Ich bastele schon an süßen, bunten „Antifa“-Bracelets und lade alle nach Bautzen ein.
taz: Nach sieben Jahren im Exil kehrte der Separatistenführer Carles Puigdemont nach Barcelona zurück, um direkt wieder unterzutauchen. Was braucht es für ein erfolgreiches Comeback?
Irmschler: Mit Puigdemont kenne ich mich nicht aus, dafür aber mit Comebacks. Sie funktionieren am besten über Nostalgie, also muss er die Retro-Nummer bringen, die Nuller sind grad dran. Referenzrahmen wäre für mich die Skatepunk-Ästhetik von Avril Lavigne oder Blink 182, die sich letztes Jahr ihre alten Klamotten noch mal angezogen haben, um uns wehmütige Millennials wieder einzusammeln. Klar gab es in den letzten Jahren mehrere Y2K-Revivals (Ariana Grande macht R’n’B wie Brandy, Beyoncé Disco wie Kylie Minogue und Cowboy-Zeugs wie Madonna, Olivia Rodrigo macht Poprock wie Paramore und auch der aktuelle Erfolg von Swifts „Eras“-Tour hat damit zu tun – ästhetisch wird man an Barbie und Highschool-Queen-Bees erinnert), aber persönlich wünsche ich mir mehr Comebacks in Skatepunk-Kutte. Tut mir leid, dass ich diese Frage jetzt so derailt habe.
taz: Die Letzte Generation in Österreich löst sich auf. Was sollen die Klimaaktivist*innen jetzt mit ihrer Zeit machen?
Irmschler: Sie haben es verdient, sich auszuruhen und ein bisschen jung zu sein. Die Leute, insbesondere Ältere, die diesen wichtigen Aktivismus immer nur von der Seitenlinie beobachten und kritisieren, sind jetzt mal dran. Uns schwindet nun mal allen die Zeit, um diesen Planeten zu retten, das hat sich die Letzte Generation nicht ausgedacht und es ist nicht ihr, sondern unser aller Interesse, also ran da. Wenn einem eine Aktionsform nicht gefällt, kann man sich ja eine andere überlegen.
taz: Für viele US-Expert*innen scheint Tim Walz das perfekte Match für Kamala Harris zu sein: Weiß, Midwest, Vater. Wann geht es mal wieder um politische Ansichten bei der US-Wahl?
Irmschler: Ich weiß gar nicht, ob das früher anders war und wann es um mehr als Identität und Darstellungsfähigkeit ging. Wenn’s um die USA geht, fühl’ ich mich immer wie die entfernteste Zuschauerin. Was machen die da? Und wieso? Zum Glück muss ich diesbezüglich in keine Talkshow.
taz: Transfeindliche Aussagen überschatten Olympia für die algerische Boxerin Imane Khelif. Man werfe ihr vor, keine cis Frau zu sein. Warum dürfen Frauen nicht erfolgreich sein?
Irmschler: Ich frage mich, ob Frauen überhaupt einfach sein können, vor allem trans Frauen und andere Frauen, die nicht zu dem passen, was sich Patriarchat und Kapital unter einer „richtigen“ Frau vorstellen – zum Beispiel auch alte Frauen, dicke Frauen, Frauen mit Behinderung, arme Frauen, Frauen, die aufs Frausein pfeifen, Frauen, die sich nicht für Feminität interessieren – und die sich nicht ausbeuten lassen oder irgendwas gewinnen wollen.
Unerfolgreiche Frauen trifft Gewalt noch weitaus häufiger. Olympia ist ein Wettbewerb, bei dem es eben, wie man immer wieder sehen muss, nicht nur um Sport geht. Vielleicht sind ja genau diese Wettbewerbe, vor allem jene, die jeden Tag stattfinden, das Problem.
taz: In Großbritannien wüten nach einem Mord an drei Mädchen rechtsextreme Mobs. Auf Incel-Foren wird der Mörder bereits als „neuer Heiliger“ gehandelt. Wie bitte?
Irmschler: Das ist die absolute, unvorstellbare Hölle. Wir müssen unsere Empörung und Wut nehmen und sie gegen all jene misogyne, lebensfeindliche Bewegungen richten, die dieses Extrem begünstigen, und wo es geht, widersprechen, selbst wenn uns gesagt wird, wir übertreiben. Fragen: Anastasia Zejneli
Paula Irmschler ist Autorin und übernimmt als Urlaubsvertretung den Wochenrückblick von Friedrich Küppersbusch
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