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Erfolg für Genschere CrisprNeue Gentechnik jetzt erhältlich

Die EU gibt grünes Licht für eine Maispflanze, die mit der Genschere Crispr hergestellt wurde. Der Agrarkonzern Corteva holt sich die erste Zulassung.

Noch werden die in Deutschland angebauten Maispflanzen nicht mit der Genschere hergestellt. Seit Juli ist aber der Import erlaubt Foto: Pia Bayer/dpa

Berlin taz | Eine gentechnisch veränderte Crispr-Pflanze darf das erste Mal in die EU eingeführt werden. Das US-amerikanische Unternehmen Corteva, das sein Saatgut unter der Marke Pioneer vertreibt, kann nun eine Maispflanze als Futtermittel in die EU-Mitgliedsstaaten importieren. Das entschied die EU-Kommission Anfang Juli, nachdem der Agrarkonzern einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Sowohl der Antrag als auch die Entscheidung blieben bis jetzt relativ unbeachtet.

„Bei der Herstellung der besagten Maispflanze kam nicht nur die Crispr-Schere zur Anwendung, sondern auch herkömmliche Gentechnik-Verfahren“, sagt Beat Keller, Biologieprofessor an der Universität Zürich, der taz. Zwar sei es richtig, von einer erstmaligen Zulassung der Crispr-Schere zu sprechen; dennoch beruhe nur ein kleiner Teil der gentechnischen Veränderung auf diesem Verfahren, so Keller.

Die Genschere Crispr ist ein Verfahren der Neuen Gentechnik, bei der das Erbgut – anders als bei herkömmlichen Mutationszüchtungen – kontrollierbar und gezielt veränderbar ist. Wie mit einer Schere werden an den Schnittstellen neue Abschnitte hinzugefügt. Die Pflanze wird dadurch widerstandsfähiger, trotzt Schädlingen und liefert mehr Erträge, argumentieren Be­für­wor­te­r:in­nen der Methode.

Sie wollen mit den neuen Gentechnik-Verfahren Getreide-, Obst- und Gemüsesorten resistenter gegen Wetterereignisse wie Dürren, Frost oder Starkregen machen. „In der Wissenschaft gibt es einen Konsens, dass transgene Pflanzen keine größeren Risiken als natürlich gezüchtete Pflanzen haben“, sagt der Biologe Keller.

Kritik an Bayer und Corteva

Kri­ti­ke­r:in­nen befürchten jedoch, dass Gentech-Pflanzen nicht nur resistenter gegen die Klimakrise, sondern vor allem auch gegen Pestizide werden, dessen Einsatz in Folge steigen könnte. Viele Unternehmen wie Corteva und Bayer stellen nämlich beides – Pestizide und Saatgut – her.

Große Agrarkonzerne können dank transgenen Pflanzen, denen Schädlingsbekämpfungsmittel kaum noch was antun, ihre Marktmacht dann weiter ausbauen, so die Kritik.

Tatsächlich handelt es sich bei der transgenen Pflanze von Corteva, sowie bei einer weiteren im Zulassungsverfahren der EU genehmigten Pflanze, um Agrarprodukte, die gegen Unkrautbekämpfungsmittel resistent sind.

„Erstmals gibt es in der EU Pflanzen mit selbst produzierten Insektengiften, die in der Nahrungskette so nicht vorhanden waren“, sagt Gentechnik-Kritiker Christoph Then.

Entscheidung kommt nach hitziger Debatte

Für europäische Land­wir­t:in­nen habe das jedoch kaum Auswirkungen, betont Keller von der Universität Zürich, denn durch die EU-Entscheidung sei nicht der Anbau, sondern nur der Import ermöglicht worden.

In Brüssel spitzte sich zuletzt im Februar die Gentechnik-Debatte zu. Damals stimmte das EU-Parlament dafür, die Vorschriften für den Einsatz neuer Gentechnik in der Landwirtschaft zu lockern. Neben der Abschaffung von gewissen Kennzeichnungspflichten sollen auch neue Züchtungen ermöglicht werden. Noch sind die Regelungen nicht in Kraft.

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17 Kommentare

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  • taz: *... bei der das Erbgut – anders als bei herkömmlichen Mutationszüchtungen – kontrollierbar und gezielt ...*

    Der Mensch hat gezeigt, dass er die Natur verändern kann, aber "kontrollierbar" für den Menschen, ist sie weder in ihrer Natürlichkeit, noch als gentechnische Mutation. Die überhebliche Arroganz des Menschen hat uns doch dahin gebracht, wo wir jetzt sind. Meere voller Plastikmüll, abgeholzte und verbrannte Wälder, verseuchte Böden und Flüsse - und ein Klimawandel der sich wohl nicht mehr aufhalten lässt.

    'Frankensteins Monster' hat im 21. Jahrhundert viele Väter bekommen. Aber die Natur wird sich zur Wehr setzen und die nachfolgenden Generationen werden eines Tages für die menschliche Hybris büßen müssen.

  • Auch wenn's wieder mal verhallt, mir scheint das wahrhaft Skandalöse nicht die Zulassung einer Genscherenmutation zu sein, sondern die Zulassung eines Produkts welche mit herkömmlicher Gentechnik erzeugt wurde. Herkömmliche Gentechnik steht ja unter anderem im Verdacht Antibiotikaresistenzen in Mikroorganismen zu verbreiten.

    • @0 Substanz:

      Ich denke so eine Verbreitung von Antibiotikaresistenzen wird vorher ausgeschlossen... Wie soll das deiner Meinung nach überhaupt von statten gehen? Bei der Selektion der Transgegen organismen mithilfe von Antibiotikaresistenzen auf Plasmiden? Da musst du dir wenig sorgen machen. Da werden sowieso keine Antibiotika verwendet die in der klninschen Anwendung heute relevant sind.

    • @0 Substanz:

      Vielleicht erstmal mit dem Thema befassen, bevor man so einen Käse schreibt.

      • @Ramto:

        Ach ja? Worin besteht denn der Käse?

        Davon abgesehen, ich habe schon etwas freundlichere Kommentare verfaßt, die vor der Kuratorenkommission keinen Bestand hatten.

      • @Ramto:

        erscheint mir gar nicht so weit hergeholt - wenn im Labor Antibiotikaresistenzen als Positivmarker Verwendung gefunden haben...

  • Das Lockern der Kennzeichnungspflicht ist mir das grösste Rätsel.

    Die sollen machen, was sie wollen, aber -- angelogen werden? Will ich nicht.

    • @tomás zerolo:

      Angelogen wird man heute durch das "gentechfrei"-Label. Viele Nutzpflanzensorten, die z.B. auch im biologischen Landbau eingesetzt werden, wurden per Mutageneseverfahren erzeugt. Rechtlich sind das gentechnische Verfahren, die aber aus politischen Gründen explizit von der entspechenden Regulierung und Kennzeichungspflicht ausgenommen wurden.

  • Oh.wie schön.



    Danke EU für diese Entscheidung. Ist genau so durchdacht wie der Bau von Atomkraftwerken.



    Mal eine Frage dazu:



    Was hatt die Gentechniklobby euch dafür Gutes getan?

    • @D. MEIN:

      Vielleicht ist die Gentechniklobby auch einfach die unabhängige Wissenschaft die auf Basis von empirischen Fakten empfeungen ausspricht und eime Expertiese auf diesem Gebiet hat? Apropos Atomkraft. Wusstest du, dass im Endeffekt das ganze Gemüse das du isst durch Bestrahlung zufällig mutiert wurde, bis eine wünschenswerte Sorte entstanden ist? Ganz ohne kontrolle sonstiger, zufälliger, unsichtbarer Mutationen. Und das muss nicht als Gentechnik deklariert werden?

    • @D. MEIN:

      Vielleicht ist man nach Abwägung der Fakten auch zu dem Schluss gekommen, dass es kein grundsätzliches Problem mit dieser Form der Gentechnik gibt?

  • "„In der Wissenschaft gibt es einen Konsens, dass transgene Pflanzen keine größeren Risiken als natürlich gezüchtete Pflanzen haben“,"

    Quellen? References?

    Was hier wieder einmal untergeht, ist, dass jegliche Bewertung vom status quo des Wissensstandes ausgeht.

    Solange nur die Veränderungen sehr ungerichtet durch externe Faktoren forciert werden, man aber die Zelle alles andere selbst "machen läßt" (Rekombinationen oder Reperaturmechanismen, etc etc) , entspricht dies immer noch viel mehr der nat[rlichen Zucht-Auslese, als wenn man ganz gezielt, mit X molekularbiologischen Hilfsmitteln, Hilfsresistenzen, weiteren Plasmiden etc etc eingreift.

    Die eigentliche Tücke: die GVOs bleiben ja nicht im Labor,oder zumindest relativ gesichert, sondern sie sollen ja milliardenfach freigesetzt werden. Dies ist nie wieder rückgängig zu machen. Damit steigt jedes noch so kleine Anfangsrisiko gegen Unendlich, ähnlich wei bei der Risikobewertung von Atommüll über die Jahrmillionen.

    Entsprechend empfinde ich solche wie hier zitierten Kommentare reichlich mit Hybris behaftet, um nicht zu sagen: meiner Meinung nach, sind solche wissenschaftlichen Aussagen nicht mehr wissenschaftlich.

    • @Werner2:

      Wenn ich Getreide mit radioaktiver Strahlung oder mutagenen Chemikalien behandle und damit Tausende von Mutationen auslöse, soll das sicherer sein, als wenn ich gezielt eine Mutation erzeuge, nur weil ich dafür ein Plasmid verwende? Übrigens nutzt man auch bei CRISPR natürliche Rekombinations- oder Reparaturmechanismen. Und Resistenzen als Marker müssen heute nicht mehr verwendet werden.

      • @Nik:

        Der Unterschied besteht schlichtweg darin, daß hier gezielt durch den Menschen ausgewählt einzelne Gene verändert werden, wie Sie ja selbst schreiben.

        Vielleicht würde aber eine Veränderung in einem solchen Gen in der Natur gar nicht gehen, weil es da noch ganz andere Mechanismen geben könnte. Genloci könnten epigenetisch oder durch spezielle cis-regulatorische Elemente so geschützt sein, dass anstatt der Reperaturmaschinerie eher Apoptose eingeleitet wird, weil die evolutionäre "Erfahrung" gezeigt hat, daß eine Veränderung dieses Gens (Genabschnitt) zu massiven ungünstigen Veränderungen in dem komplexen Regulationssystem innerhalb der Zelle, im Organismus, im Ökosystem und-oder über die Zeit hinweg ausrichten könnte.

        Ich schreibe bewußt im Konjuktiv, dies ist nur ein Gedankenkonstrukt, um zu demonstrieren wie groß unser Nichtwissen ist. Bereits vor 20 Jahren haben ökologische Wirtschaftswissenschaftler zum Umgang des Menschen mit der Technologie Postulate aufgestellt wie: bei komplexen Systemen nimmt das menschliche Nichtwissen enorm zu und man sollte besser die Finger von Manipulation lassen (z.B. Prof M Faber). Alles andere hat einen Namen: menschliche Hybris

        • @Werner2:

          Es gibt im pflanzlichen Genom tatsächlich Regionen, die besser vor Mutationen geschützt sind. Mutationen kommen da auch vor, aber seltener. Wie Sie vermuten, befinden sich da mehrheitlich Gene, die für das Wachstum oder das Überleben der Pflanzen wichtig sind. Mutationen in diesen Regionen beinflussen also die Pflanzen negativ und es ergibt wenig Sinn, diese absichtlich herbeizuführen. Wenn bestimmmte Mutationen zu Apoptose führt, dann geschieht das sowohl bei zufälligen Mutationen als auch bei gezielten Mutationen. In keinem dieser Fälle wäre das Ergebnis ein anderes als bei Zufallsmutagenese.

          Wie stellen Sie sich einen (epigenetischen?) Mechanismus vor, der vor zukünftigen negativen Effekten auf das Ökosystem schützen könnte? Das wäre, soweit mir bekannt ist, völlig neu, und würde unsere Vorstellung der Evolution drastisch verändern.

          • @Nik:

            Wie ich bereits betonte, dies ist nur ein Gedankenkonstrukt, um nur einmal zu erahnen, wie groß menschliches Unwissen - gerade im sehr komplexen Bereich intra/inter-zellulärer Regulation ist.



            Natürlich habe ich hierfür keinerlei Belege, sonst wäre es ja kein Beispiel für Unwissen. Vor 50 Jahren aber vermutete kein Mensch um die Rolle von kleinen RNAs, vor 100 Jahren war nicht einmal die Struktur der DNA bekannt.

            Bei Ihrem Pflanzenbeispiel gehen Sie wieder von der Basis Ihres aktuellen Wissensstandes aus. Aber genau DAS ist doch der Punkt, den ich kritisiere. Was vermuten Sie, wo wir in weiteren 100 Jahren stehen werden, auch was neue regulatorische Einsichten angeht und wie die zukünftigen Forscher unser Weltbild belächeln werden.



            Es wird aber nicht bei einem Lächeln bleiben, wenn bis zu diesem Zeitpunkt unsere Irrtümer bewusst Zigbillionenfach verbreitet worden sind.

            Adaption zum gegenseitigen Nutzen (wie gesagt, das war nur ein Bsp) ist aber wirklich nicht weit hergeholt: viele Viren passen sich im Verlauf der Entwicklung an den Host an und werden weniger tödlich, um sich besser verbreiten zu koennen. Da könnte auch einmal eine Methyltransferase ins Spiel kommen.

            • @Werner2:

              Im Verordnungsentwurf ist ja klar eingeschränkt, welche Pflanzen in Zukunft von der bisherigen Regulierung ausgenommen werden sollen. Da geht es nur um Veränderungen, die sich nicht von zufälligen Mutationen oder konventionellen Kreuzungen unterscheiden lassen. Vektoren etc. dürfen im Endprodukt nicht mehr vorhanden sein.

              Bei einer Einschätzung von neuen Technologien muss man natürlich immer vom aktuellen Wissensstand ausgehen. Wenn Sie einfach irgendwelche Gefahren herbeifantasieren, ohne dass es dafür Hinweise oder einen plausiblen Wirkmechanismus gibt, führen Sie das Vorsorgeprinzip ad absurdum. Ansonsten könnten wir nie mehr eine neue Technologie zulassen, weil man nie jede zukünftige Auswirkung vorhersehen kann.

              Adaptation von Viren oder Parasiten an ihren Wirt ist etwas ganz anderes als eine epigenetische Anpassung, die zukünftige negative ökologische Effekte verhindert. Ich habe zu DNA-Methylierung in Pflanzen geforscht und noch nie von so etwas gehört. Das wäre revolutionär.