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Neue „Secret-Pack-Station“ in BerlinÜberraschungen aus dem Automaten

Roulette mit nicht abgeholten Paketen: An einem Automaten auf dem RAW-Gelände kaufen Glücksritter „Secret Packs“ – und reden sich den Inhalt schön.

Glück gehabt und einen undefinierbaren Kabelgegenstand gezogen Foto: Emma Doermann

Was haben eine Fernbedienung, ein Hawaiihemd und pinke Plüschschuhe gemeinsam? Alles Gegenstände, die man doch nicht haben will oder für die sich der Weg zur Poststation offenbar nicht lohnt und die deshalb verwaist in dem neuen Secret-Pack-Automaten landen.

In einer unscheinbaren Ecke auf dem RAW-Gelände, an der Ecke Warschauer/Revaler Straße, steht seit einigen Wochen einer dieser Automaten, die sich immer mehr in deutschen Städten verbreiten. Der Andrang von Menschen ist groß und die Überraschung oft noch größer.

Bei den Paketen ist alles dabei, über einen Badeanzug in Übergröße mit einem „Stitch“-Motiv bis zu einem unidentifizierbaren Kabelgegenstand. „Secret Packs“ sind Retouren, unzustellbare und annahmeverweigerte Pakete von unterschiedlichen Versandstellen. Der Betreiber des Automaten erwirbt die Pakete bei Großhändlern und platziert diese mehrmals täglich in den modernen Automaten.

Das Ding akzeptiert sowohl Bargeld als auch Karte und bedankt sich nach jedem Kauf mit einem leisen „Danke“. Für jeweils 10 Euro kann man an diesem Glücksspiel teilnehmen und hoffen, dass man zufällig Millionär wird, weil vielleicht einer seine Rolex doch nicht von der Poststelle abgeholt hat …

Obwohl viele Leute die Gegenstände gar nicht brauchen, finden sie die Idee wunderbar und ziehen oftmals mehrere Pakete pro Person. Ein älterer Herr ergattert eine Fernbedienung für ein TV-Modell, das er natürlich nicht besitzt. „Im Laden würde sie bestimmt 15 Euro kosten“, erzählt er glücklich. Ein Schnäppchen!

Ein neuer Touristentrend

Viele der Menschen zelebrieren den Entscheidungsprozess und inszenieren sich für ihre Social-Media-Accounts. Eine Touristengruppe gewinnt einen Haufen glitzernden Plastikschmuck und eine Uhr, deren Zeiger leider verbogen sind. Obwohl sie mit den Gegenständen nichts anfangen können, war es der Spaßfaktor, der entscheidend ist.

Die Schnäpp­chen­jä­ge­r:in­nen versammeln sich vor dem Automaten, tauschen sich aus und sind gespannt, was der nächste Zug bringt. Handyhüllen und Schutzfolien, ohne das passende Handy zu ziehen? Der Automat wird zu einer Touristenattraktion in Berlin, nachdem sich der Trend vor allem auf TikTok rasant verbreitet hat.

Hoffentlich hat das Unternehmen sich darum gekümmert, auch genug Mülltonnen rund um den Automaten aufzustellen, denn viele Gegenstände schaffen es sicher nicht einmal bis nach Hause. Wenigstens ist das eine Alternative dazu, dass ein Großteil der Retouren zerstört und weggeschmissen wird. So kann man wenigstens noch ein bisschen Spaß damit haben – und wer weiß: Vielleicht hat man ja beim nächsten Mal Glück.

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