Stationierung von Mittelstreckenwaffen: Mützenich bekommt Unterstützung
SPD-Mitglieder aus dem Erhard-Eppler-Kreis springen dem Fraktionschef bei. Kritik dürfe nicht herabgesetzt werden.
![Mann mit verschränkten Armen vor rotweißem Hintergrund am Mikrofon Mann mit verschränkten Armen vor rotweißem Hintergrund am Mikrofon](/picture/7144609/624/28521338-1.jpeg)
Kontroverse Positionen in der Stationierungsfrage müssten „fair gegenübergestellt werden“, fordert Ex-SPD-Chef Walter-Borjans Foto: Omer Messinger
BERLIN taz | Die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen sorgt weiter für Diskussionen in der SPD. Nun haben sich Mitglieder des Erhard-Eppler-Kreises, der sich für Frieden einsetzt, zu Wort gemeldet, um dem SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich beizuspringen. „Wir erleben tagtäglich nicht nur an der sozialdemokratischen Parteibasis, wie vielen Rolf Mützenich aus der Seele spricht“, heißt es in einer Erklärung, die unter anderem von dem früheren SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans sowie den Ex-SPD-Bundestagsabgeordneten Gernot Erler und Ernst Ulrich von Weizsäcker unterschrieben ist.
Auch sie würden „eindringlich“ davor warnen, die Gefahren einer solchen Stationierung zu unterschätzen. Es gehe „um nicht weniger als um die Frage, ob unser dicht besiedeltes Land zum Ziel eines atomaren Erstschlags werden könnte – eine Frage, die auch die glühendsten Befürworter dieser Art von Abschreckung nicht definitiv ausschließen können“, schreiben Walter-Borjans & Co.
Vor gut einer Woche hatte Mützenich kritisch auf die Ankündigung reagiert, dass die USA von 2026 an Tomahawk-Marschflugkörper, die Mehrzweckrakete SM-6 sowie derzeit noch in der Testphase befindliche Hyperschallraketen in der BRD stationieren wollen. „Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine verbessern, aber wir dürfen die Risiken dieser Stationierung nicht ausblenden“, sagte der SPD-Fraktionschef in einem Interview. Die Gefahr einer unbeabsichtigten militärischen Eskalation sei beträchtlich, außerdem würde er sich wünschen, „dass die Bundesregierung ihre Entscheidung einbettet in Angebote zur Rüstungskontrolle“.
Diese Auffassung teilt der Erhard-Eppler-Kreis, der sich dem politischen Erbe des 2019 verstorbenen sozialdemokratischen Politikers verpflichtet fühlt. „Was uns befremdet, ist das Schweigen der Führungen von SPD und SPD-Bundestagsfraktion zu der von Rolf Mützenich angestoßenen Debatte“, so die Autoren. Stattdessen erwarteten sie von der Führungsebene, „den Fraktionsvorsitzenden gegenüber abqualifizierenden Vorwürfen zu verteidigen“. Kritik dürfe weder totgeschwiegen noch in einer Weise herabgesetzt werden, „die mit dem Stil einer demokratischen Debatte nicht in Einklang steht“.
So sei es „ein inakzeptabler Umgang miteinander“, wenn das Plädoyer, „abseits des Schlachtfelds Wege zu einem Ende der Kämpfe“ (Mützenich) zu suchen, als Aufruf von Träumern diskreditiert würde, „die weiße Flagge zu hissen und dafür die Knechtschaft Putins in Kauf zu nehmen“. Kontroverse Positionen in der Stationierungsfrage müssten vielmehr „ohne Vorverurteilung einer Seite fair gegenübergestellt werden“, fordert die Gruppe um Walter-Borjans.
Leser*innenkommentare
Lowandorder
Liggers. Mal ab von meiner Kritik zu Kosovo.
Einfach mal Jürgen Habermas im Interview lesen!
Wie eindimensional geistig verlottert geht’s denn heute
Bei SPezialDemokratens denn heute zu! Woll
Jürgen Habermas: Was mich damals gewundert hat, als ich zwei Monate nach Kriegsbeginn den erwähnten Artikel schrieb,1 und was ich auch bis heute nicht verstehe, richtet sich keineswegs gegen die politisch gebotene Parteinahme des Westens für den Kampf der Ukraine gegen einen mörderischen Aggressor. Über die normative Beurteilung der russischen Invasion gab es nie einen Zweifel, und ich halte auch die militärische und logistische Unterstützung der Ukraine für richtig. Aufgeschreckt hat mich in jenen ersten Tagen und Wochen des Krieges die Gedankenlosigkeit und Kurzsichtigkeit einer emotional bewegten …
Aber dann löste dieser Ausbruch des Krieges mit einer Atommacht bei uns kein erschrockenes Nachdenken aus, sondern unvermittelt eine hoch emotionalisierte Kriegsstimmung wie gegen einen vor der eigenen Tür stehenden Feind. Diese bellizistischen Reflexe – so als hätten wir nicht inzwischen gelernt, „Krieg in Europa“ als eine überwundene zivilisatorische Stufe zu betrachten – haben mich ziemlich
Lowandorder
@Lowandorder Hola! he techné
…ziemlich irritiert.“
kurz - Was ist schlimmer als ein Feind?
Na klar - der Parteifreund! - 🙀🥳🤯 -
Und ich weiß schon - warum ich der
Groucho Marx Fraktion angehöre! Woll
Ich möchte keinem Club angehören, der mich als Mitglied akzeptiert."
(& entre nous only
für Gourmets et al.:"Das Geheimnis des Lebens ist Ehrlichkeit und Fairness. Wenn man das vortäuschen kann, hat man es geschafft."
&
"Ich mag die Realität nicht besonders, aber es ist immer noch der einzige Ort, um etwas Anständiges zu Essen zu bekommen."
& für euer erneutes Drifting bellizisting
„Es ist ein Unglück, daß die SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißt. Hieße sie seit dem 1. August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleinern Übels oder Hier können Familien Kaffee kochen oder so etwas –: vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahingegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei. So aber macht der Laden seine schlechten Geschäfte unter einem ehemals guten Namen.“ a 🥱
– Kurt Tucholsky: Schnipsel. In: Die Weltbühne, 28. Jg, 19.7. 1932 Nr 29, S. 98.
Da müßt ihr jetzt durch - damit wenigstens etwas den schlechten Geschmack aussem Mund krieg