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Wohnungspolitik in BerlinNeue Mieterhöhungen angekündigt

Der Verband BBU sagt, die Mieten seien nicht das Problem in Berlin. Dem Beispiel von Vonovia sollen nun auch andere Wohnungsunternehmen folgen.

Diese Forderung lehnt der BBU natürlich ab Foto: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Berlin taz | Die Mieterhöhungen von Vonovia waren womöglich erst der Anfang einer neuen Miet­erhöhungswelle in Berlin: „Die Wohnungs­unternehmen werden nachdrücklicher als bisher von den gesetzlichen Möglichkeiten zur Anpassung ihrer Miete Gebrauch machen müssen“, sagte Maren Kern, Vorständin des Verbands Berlin Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU am Donnerstag. Der BBU vertritt nicht nur landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, sondern auch börsennotierte Unternehmen wie die Vonovia.

Mit ihrer Ankündigung widerspricht Kern auch Bausenator Christian Gaebler (SPD). Der hatte die Mieterhöhungen der Vonovia „bedauerlich“ genannt, weil sie den Verabredungen im Berliner Bündnis für Wohnungsbaubau und bezahlbares Wohnen widersprechen.

In diesem Bündnis hatte der Senat mit privaten Wohnungsunternehmen eine Kappung der Mieterhöhungen von 11 Prozent in drei Jahren vereinbart. Das entspricht auch der Marge, die für die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gilt. Dort ist die Kappung über eine Kooperationsvereinbarung mit dem Senat geregelt. Für die privaten war sie bisher eine Selbstverpflichtung, die nun im Falle der Vonovia gebrochen wurde.

Kern betonte, dass die Kooperationsvereinbarung mit den landeseigenen Unternehmen weiter gelte. Die Voraussetzungen für eine Selbstverpflichtung der privaten Vermieter sieht sie aber nicht mehr gegeben. Die Vereinbarung sei vom Juni 2022, so Kern. „Da war noch nicht klar, wie lange sich die Auswirkungen des Ukrainekriegs fortsetzen.“ Heute stehe die Immobilienwirtschaft durch die Preissteigerungen unter Druck. „Der Neubau ist auf Talfahrt“, betonte Kern. So seien die Neubauinvestitionen 2023 um 18 Prozent eingebrochen.

Mieten seien stabil

Die Mieten dagegen seien vor allem in Berlin kein Problem, betonte die BBU-Chefin und verwies auf den jüngsten Zensus von 2022, der die Gesamtheit aller Berliner Mieten abbilde und eine Bestandsmiete von 7,67 Euro nettokalt pro Monat und Quadratmeter abbilde. „In Berlin liegen fast 70 Prozent aller Mieten unter acht Euro – in Hamburg sind es nur 43, in Köln gut 36 und in München sogar nur knapp 20 Prozent“, so Kern.

„Von explodierenden Mieten kann man nicht reden“, behauptet Maren Kern. Auch die Angebotsmieten lägen unter den Mieten, die sich aus den Angeboten von Vermietungsportalen ergäben. „Die Angebotsmieten unserer Mitgliedsunternehmen kommen in den Portalen praktisch nicht vor.“ 2022 lagen diese Portalmieten bei 11,54 Euro pro Quadratmeter.

Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus kritisierte die angekündigten Mieterhöhungen scharf. „Baukrise und Klimaschutz dürfen nicht zulasten der Mieterinnen und Mieter gehen“, sagte der wohnungspolitische Sprecher Niklas Schenker. „Um Neubau und energetische Modernisierung zu finanzieren, braucht es mehr öffentliches Geld und eine stärkere Beteiligung der Wohnungsunternehmen statt alleiniger Mieterhöhungen im Bestand.“

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12 Kommentare

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  • Zum Glück gibt es im Berliner Senat ja eine Mehrheit für R2G und einen Volksentscheid zur Vergesellschaftung dieser Konzerne. Ach nein ganz vergessen die SPD hat sich ja mal wieder kaufen lassen vom Kapital.

    • @Oliver Grimm:

      Das mit der Vergesellschaftung wird ohnehin nicht funktionieren. Diesen Volksentscheid kann man gleich im Rundordner entsorgen.

      • @Aurego:

        Exakt. Mir konnte übrigens noch niemand erklären, warum ausgerechnet Mieter von "Konzernen" exklusiv durch Vergesellschaftung vor Mieterhöhungen geschützt werden sollen und wie hierdurch auch nur eine einzige Wohnung neun entsteht. Werden. Volksentscheid zum Tempelhofer Feld ignorieren und in Trägerschaft von Wohnungsbaugenossenschaften bebauen. Löst viele Probleme.

        • @Michas World:

          Pscht! Ich als Vermieter von Wohnungen in Berlin will ja vielleicht gar nicht, dass zu viele neu gebaute Wohnungen den Berliner Mietmarkt verwässern.



          Wer hätte etwas davon, wenn auf dem Tempelhofer Feld ein paar neue Wohnungen gebaut würden? Hauptsächlich diejenigen, die bauen, und irgendwelche Gutverdiener, die unbedingt nach Berlin ziehen wollen. Selbst eine dichte Bebauung des gesamten Tempelhofer Feldes würde noch nicht viel Entlastung bringen, denn wie viele Leute würde man dort unterbringen? Mehr als 85.000 wohl nicht. Das entspräche der Bevölkerungsdichte von Manhattan. Z. Zt. wird aber der alte Flughafen Tegel entwickelt. Dort sollen 20.000 Arbeitsplätze und 5.000 Wohnungen für über 10.000 Menschen entstehen. Das Gelände ist deutlich größer als das Tempelhofer Feld.

  • Was wir in Berlin und auch anderswo dringend brauchen sind v.a. Studentenwohnheime. Studenten sollen studieren und nicht die Hälfte ihrer Zeit mit Ackern für die Miete verbringen. Wieso behandelt man die künftige Elite so miserabel?



    Seit Jahrzehnten der reine Horror.

  • "Macht kaputt, was euch kaputt macht" (Ton, Steine, Scherben)

  • Es ist traurig, dass die Linken die Realität nicht anerkennen. Wohnen kostet Geld; Modernisieren kostet Geld. Wenn der Nutzer dies nicht zahlen will, dann muss er eine Alternative finden oder es klauen.

    • @eicke81:

      Nehmen wir an, ich habe 2015 eine Wohnung für 100.000 € mit einem Eigenkapital von 30.000€ in Berlin gekauft. Die Nettomiete deckt die Darlehenskosten vollständig. Heute ist die Wohnung - konservativ gerechnet - 200.000€ wert (es ist wahrscheinlich mehr). Preisfrage: Wie hoch ist meine Eigenkapitalrendite, wenn man Mietrendite und Wertsteigerung berücksichtigt? Genau! Ich hätte für eine gute Eigenkapitalrendite eigentlich überhaupt gar keine Mieterhöhung gebraucht. Aber natürlich bin ich gierig und nehme, was ich kriegen kann.

      • @Aurego:

        Falls jemand noch rechnet, hier das Ergebnis:



        Zinssatz (2015): 2,2%, Tilgung: 2%



        Nettomieteinnahmen: 300€



        Kaufpreis: 100.000€



        Kaufnebenkosten (Notar, Makler, Grundbuch, Grunderwerbsteuer): 15.640€



        Darlehen: 85.640€



        Mtl. Darlehensrate: 299,74€



        Verkaufspreis im Jahr 2025: 200.000€



        Restdarlehen im Jahr 2025: 66.337€



        Rendite pro Jahr=((200.000-66.337)/30.000)^(1/10)-1=16,1%

        Die jährliche Rendite liegt also bei einem Verkauf im Jahr 2025 bei ca. 16%. Aus 30.000€ hat man innerhalb von 10 Jahren 133.663€ gemacht. Das ist, als würde man monatlich 863,86€ auf's unverzinste Sparbuch einzahlen. Dafür bedurfte es keiner Mieterhöhung.

  • Der Befund ist korrekt. Ich vermiete selbst unter acht Euro im Prenzlauer Berg.. Wenn man sich an die gesetzlichen Vorgaben hält, sind größere Sprünge auch nicht möglich. Je mehr der Bestand gedeckelt wird, desto größer wird der Preisdruck auf Neuvermietungen und Neubau. Freiwerdenden Wohnungen werden an Selbstnutzer verkauft. Daher ist eine starke Deckelung der Bestandsmieten am Ende extrem unsozial. Mal sehen, wann das auch die Berliner Politik begreift.

  • On meinem persönlichen Umfeld wohnt niemand in einer Wohnung, die unter 8€ pro m² kostet. Wenn 70% der Wohnungen in Berlin so günstig sein sollten, frage ich mich, wo diese sind. Also außer in der Phantasie von Frau Kern.

    • @TeeTS:

      In welchem Umfeld wohnen Sie denn?