piwik no script img

Neue Musik aus BerlinSchrägtöner mit Methode

Das neue Album von Marcin Bożek und Marie Takahashi eröffnet knarrend eine Tür zu einem Kabinett der Klänge – und bringt Echos in Bewegung.

Marie Takahashi Foto: privat

D ie windstille Küstenlandschaft auf dem Cover ist trügerisch. Was Marcin Bożek (Akustikbass) und Marie Takahashi (Viola) auf ihrem gemeinsamen Album „Sadoil“ spielen, ist ein Beispiel dafür, wie stürmisch akustische Improvisationsmusik klingen kann.

Es dauert nicht lange, bis sich im Titelstück, das diese knappe halbe Stunde aus fünf Titeln eröffnet, nach kurzem Abtasten Echos und Bewegung einstellen. Die Musik gewinnt an Schwung, die Instrumente verhakeln sich.

Bożek und Takahashi sind Schrägtöner mit Methode und klassischer Ausbildung. Bożek hat an der Musikakademie Katowice Jazz und Unterhaltungsmusik studiert und lässt sich in seiner Musik von Bildender Kunst und Tanz inspirieren. Er ist Gründer und Dirigent des Gdynia Improvisers Orchestra.

Takahashi hat in Japan und Europa Klassische Musik studiert, sich dabei auf die des Barock spezialisiert und lebt seit 2016 in Berlin. Als Komponistin hat Takahashi mit dem Reanimation Quartet debütiert.

Das Album

Marcin Bożek & Marie Takahashi, Sadoil (Creative Sources Recordings)Live: Motor Ship Heimatland, nahe der Anlegestelle Fischerinsel, 14. 8., 19 Uhr

Ihre außermusikalischen Einflüsse sind Kalligraphie, Farben, Formen und Zahlen. Seit diesem Jahr spielt sie mit Olaf Rupp (Akustikgitarre) und Alexander Frangenheim (Akustikbass) im Trio Casa Mañana.

Auf „Sadoil“ spürt man förmlich die Spannung der Saiten. Am Anfang des Stückes „i“ gibt es einige Momente der Abgeklärtheit. Doch in „Marie“ hat sich bereits knarrend eine Tür zu einem Kabinett der Klänge geöffnet. Der Ausklang „Marcin“ ist hochenergetisches Knirschen, Streifen und Schleifen. Derweil nagt das Meer ruhig weiter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Robert Mießner
Robert Mießner, geboren 1973 in Ost-Berlin. Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Philosophie und Bibliothekswissenschaft. Flaniert und notiert, hört zu und schreibt auf. Herausgeber (mit Alexander Pehlemann und Ronald Galenza) von „Magnetizdat DDR. Magnetbanduntergrund Ost 1979–1990“, Buch und LP, Berlin, Leipzig und Barreiro 2023.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!