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Opernsänger Babatunde AkinboboyeMit Mozart und Marihuana

Der Zufall führte den nigerianischen Sänger Babatunde Akinboboye zur Oper. Er mixt Arien und HipHop und geht auf Social Media mit Kurzvideos viral.

Will die Opernwelt entstauben: der Sänger Babatunde Akinboboye Foto: J. Demetrie Photography

Babatunde Akinboboye kämpft auf Social Media gegen die Verstaubtheit der Opernwelt. Konsumieren Opern­sän­ge­r*in­nen Cannabis? Wie teuer ist der Beruf? Und wie rassistisch? Diese Fragen klärt Babatunde Akinboboye kurz und knackig.

In seinen einminütigen Videos trägt er oft Smoking und hält eine verschnörkelte Jugendstiltasse mit Schwarztee in den Händen. Gelegentlich nimmt er davon einen winzigen Schluck, meistens rührt er ihn aber nur vielsagend um. Auf Tiktok schauen rund 980.000 Fans seine Videos an. Aber eigentlich wollte der Nigerianer gar kein Internetstar werden: „Ich habe das nur gepostet, um die Leute zu unterhalten. Doch dann gingen einige Videos durch die Decke, dabei war das gar nicht meine Absicht.“

Eigentlich wollte der Opernsänger Babatunde Akinboboye lediglich seine Follower bei Stange halten – bis er 2019 sein Debütalbum „Della Citta“ veröffentlichte. Um die Wartezeit zu verkürzen, hat er Videos auf Tiktok und Instagram gepostet. Er nimmt in ihnen den Opernbetrieb auf den Arm – kritisch – und immer mit einer Prise Humor.

Das zeichnet seine Videos aus: Die Frage, ob Opern­sän­ge­r*in­nen Cannabis konsumieren, kommentiert Akinboboye beispielsweise mit einem vielsagenden Lächeln. Für ihn gilt: „Der beste Humor kommt immer von einer überraschenden Wahrheit.“

Deshalb zählt Akinboboye all die Kosten auf, die auf Opern­sän­ge­r*in­nen für Gesangsstunden, Bewerbungsverfahren und Noten zukommen oder erklärt, warum er keine Einladungen von Förderern wahrnimmt: „Jedes Mal werde ich benutzt: Entweder ich werde gefragt, wie ich es geschafft habe, aus Afrika zu kommen, um Opernsänger zu werden, oder viel zu oft von derselben Person umarmt und berührt.“

Er hört lieber HipHop

Babatunde Akinboboye ist in den USA geboren und in Nigeria aufgewachsen. Genauso zufällig wie er Internetstar wird, ist auch sein Weg in die Oper: Als sein Gesangslehrer ihm vorschlägt, Opernarien zu singen – kennt Babatunde keine einzige. Er hört lieber HipHop. „Irgendwann hatte ich in der Probe eine Oper gesungen und habe kurz danach im Auto HipHop gehört. Dabei hatte ich aber noch die Oper im Kopf, und dann habe ich einfach die Arie über den HipHop-Beat gesungen.“

Babatunde Akinboboye stellt fest: Das „Largo“ aus Mozarts „Die Hochzeit des Figaro“ passt erstaunlich gut zu einem Beat von Rapper Kendrick Lamar. Er nennt diese Mischung „Hip­Hopera“. Das dazugehörige Video filmt er ganz simpel von sich selbst im Auto. Es geht sofort viral. „Das war, als würde man fast versehentlich eine Superkraft von sich entdecken.“ Mittlerweile hat es auf Youtube über 1 Million Klicks.

Daran knüpft auch Akinboboyes aktuelle Videoreihe an – eine Kollaboration mit dem Tenor Jonas Kaufmann. Sogar Superstar Kaufmann weiß, dass er das Internet auf seiner Seite braucht, und Babatunde Akinboboye ist das Internetphänomen schlechthin.

Im „Jonas Kaufmann Ka­rao­ke“-Video nimmt der gefeierte Tenor Akinboboye mit in seinem Auto bei einer Fahrt durch Berlin. Gemeinsam schmettern sie die Hits aus Kaufmanns neuestem Album „The Sound of Movies“ und erzählen sich nebenbei nette Anekdoten. Ein anderes Video zeigt die beiden mit ihrer liebsten Aufwärmübung: Man stopfe sich zum Singen ein Handtuch in den Mund. Jonas und Babatunde schwören darauf!

Aufmerksamkeit als Währung

Reichweite ist seine Munition. Und Währung ist Aufmerksamkeit. Akinboboye bekommt viel Resonanz, nicht nur von der Gen Z, sondern auch von Opern­sän­ger­kol­le­g:in­nen und Ma­na­ge­r:innen: Sie nehmen den Betrieb als ähnlich rückständig wahr, aber trauen sich nicht, Kritik zu äußern, so wie Akinboboye.

Er kritisiert Rassismus, Sexismus und Hierarchien im Opernbetrieb – und das stets mit einem Augenzwinkern. Akinboboye zeigt eine Insiderperspektive auf die abgeschlossene Welt der Oper – und witzelt über all die kleinen Dinge, die daran merkwürdig sind.

So macht der Bariton Oper wieder zugänglich und überhaupt verständlich für ein neues, junges Publikum: „Weil ich nicht mit Oper aufgewachsen bin, habe ich eine andere Perspektive auf ihre Kultur und sehe Oper immer noch so, wie diejenigen, die keinen Bezug zu Oper haben.“

Unter seinen Videos kommentieren regelmäßig Leute, sie hätten wegen Akinboboye angefangen, in die Oper zu gehen und wollten das seitdem nicht missen. Auf seinem Kanal hätten sie gelernt, dass man auch ohne Anzug in die Oper gehen könne, welche Rollen oft mit Mezzosopranistinnen besetzt seien und woraus der gängige Kanon bestehe.

Babatunde zeigt außerdem das, was in der Klassikwelt oft verpönt ist: große, emotionale Reaktionen auf Musik. Das, was zwar viele Leute fühlen, aber nur wenige zeigen.

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1 Kommentar

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  • Ich fand den auch super, bis ich leider sein Video entdeckt habe, wo er sich zum Krieg in Gaza äußert und völlig unreflektiert und einseitig antisemitische Narrative verbreitet. Sehr, sehr schade! Es ist bezeichnenderweise das einzige Video, in dem er sich politisch äußert.