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Wärmepumpen-Untersuchung lückenhaftEons eigene „Fakten“

Wann rentieren sich Wärmepumpen und Solaranlagen? Ein Papier des Energiekonzerns Eon zu Öko-Heizungen und Photovoltaik bleibt inhaltlich dünn.

Elektrische Wärmepumpe Foto: Michael Bihlmayer/imago

Berlin taz | Im Idealfall kann sich eine Wärmepumpe mit Photovoltaikanlage im Vergleich zu einer neuen Erdgasheizung für Hauseigentümer schon in elf Jahren rechnen. Zu diesem Ergebnis kommen aktuelle Kalkulationen des Energiekonzerns Eon zusammen mit der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen. Je nach energetischem Standard des Gebäudes kann die Amortisation aber auch 16 Jahre dauern. Eine staatliche Förderung für die Wärmepumpen in Höhe von 16.500 Euro pro Gerät ist dabei schon berücksichtigt, denn nur mit ihr ergibt sich überhaupt die kalkulierte Wirtschaftlichkeit.

Für mehrere Standorte, Haustypen und Haushaltsgrößen haben die Autoren durchgerechnet, wie hoch die Energiekosten unterschiedlicher Heizsysteme über einen Zeitraum von 20 Jahren inklusive der Investitionskosten ausfallen. Man habe „eine möglichst breite und valide Datenbasis“ zu generieren versucht, sagt Dirk Müller, Universitätsprofessor am Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik der RWTH.

Damit leiste man „einen wichtigen Beitrag zur Debatte rund um die Möglichkeiten moderner Energielösungen“. Filip Thon, Geschäftsführer von Eon Energie Deutschland, sagt: „Wir wollen die Menschen dazu ermutigen, sich mit ihrer persönlichen Energiewende zu beschäftigen und möchten mit unserer Studie daher verlässliche Fakten liefern.“

Das betreffende 16 Seiten umfassende Papier, das Eon vollmundig als „Studie“ oder auch als „EnergiewendeMachen-Check“ anpreist, ist allerdings nicht nur vom Umgang her, sondern auch inhaltlich reichlich dünn. Denn die Autoren haben es nicht einmal für nötig befunden, darin darzulegen, auf welchen Annahmen ihre Berechnungen fußen. Speziell die wohl entscheidendste Annahme wird nicht offengelegt, nämlich die zugrunde gelegte Entwicklung der Strom- und Gaspreise in den kommenden Jahren. Dabei hängt von deren Preisrelation jede Amortisationsrechnung ab.

Rechnung von Eon und RTWH nur eine Variante

Erst auf mehrmalige Rückfrage liefert das Unternehmen die betreffenden Daten nach. Nur mit ihnen lassen sich die Ergebnisse der Analysen nämlich einordnen: Eon setzt bei den Berechnungen voraus, dass sich die Preisrelation zwischen Strom und Gas in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erheblich zugunsten des Stroms verschieben wird – zum Vorteil der Wärmepumpe.

Aktuell ist der Strompreis pro Kilowattstunde für Haushaltskunden – jeweils auf Neuverträge bezogen – laut dem Preisportal Verivox etwa 3,2 mal so hoch, wie der Gaspreis. Im Jahr 2035, so die Annahme von Eon und RWTH, werde Strom aber nur noch rund doppelt so teuer sein wie Erdgas. Im Jahr 2045 soll die Preisrelation sogar nur noch bei 1,5 liegen. Die Autoren des Papiers gehen sogar davon aus, dass der Strompreis in den kommenden zwei Jahrzehnten leicht sinken wird, während der Preis von Erdgas – bedingt durch die Energiepolitik – massiv steigt.

Somit bleibt die Amortisationsrechnung von Eon und RWTH nur eine mögliche Variante unter vielen. Wer für die kommenden 20 Jahre von anderen Preisszenarien an den Energiemärkten ausgeht, wird naturgemäß zu ganz anderen Ergebnissen kommen.

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9 Kommentare

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  • Danke für das vielfache Nachhaken bei EON und der RWTH, denn das Pressepapier allein ist diesem Thema nicht angemessen.

  • Dank an den Autor.



    Ein für taz-Verhältnisse ungewohnt differenzierter Beitrag.

  • Nicht nur die Angaben für die Verbrauchskosten fehlen, die könnte man anhand der Ergebnisse sogar hochrechnen. Viel wichtiger sind die Installationskosten, da die sofort anfallen und immer zu 100% zu zahlen sind. Frühere Studien haben gezeigt, es kommt auf die Umrüstungskosten an. Bei der einen Heizung wird der Gasbrenner durch eine Wärmepumpe ersetzt. Dort gibt es Angebote unter 10.000 Euro ohne Förderung. Wieso sich eine Wirtschaftlichkeit erst mit 16.000 Euro ergibt, erschließt sich nicht. Andererseits gibt es Umrüstsätze, wo von der Wärmedämmung, der Fußbodenheizung und weiterer Installationen das Gebäude quasi entkernt wird. Da stellt sich die Frage, welche Arbeitszahl für die Wärmepumpe angestrebt wird. Von umfassender Studie kann insofern keine Rede sein, höchstens von einer aktuellen Beispielrechnung. Doch die angeheftete Umfrage zeigt, die Mehrheit der Hausbesitzer erwartet bereits ohne das Papier von E.ON eine Amortisation von 10 bis 16 Jahren. E.ON scheint diese Zahlen zementieren zu wollen. Jedes Objekt ist unterschiedlich. Konkrete Zahlen gibt es nur vom Heizungsbauer. Wer zum Umrüsten gezwungen ist, für den ergibt sich bei 30 Jahre Nutzungsdauer ein klares Votum.

  • Die zugrundeliegende Dissertation (~300 Seiten) findet sich hier: www.ebc.eonerc.rwt...tails/?file=956305

    • @Anna Bell:

      Das passt aber nicht so ganz. Die Dissertation vergleicht nicht Gas- und Strombezugsbedingte Wirtschaftlichkeit, wie dies die Studie tut.



      Die Diss. beschäftigt sich allein mit der Frage wie eine WP optimal auszulegen und zu betreiben ist. Dies verrät auch schon der Titel, "Optimale Auslegung von Wärmepumpensystemen für Bestandsgebäude".



      Dennoch eine interessante Diss.

  • ist bei den projiziierten Strompreissenkungen auch deu Neubau von 40 GW Gaskraftwerken die für die Energiewende unbedingt nötig sind, und deren Gasverbrauch (bei stark erhöhten Gaspreisen un unwirtschaftlichem Betrieb) mit einbezogen? Wahrscheinlich nicht, denn dann würden die Strompreise nicht sinken...

    • @Gerald Müller:

      Ganz zu schweigen von den Netzausbaukosten. Die müssen ja auch von irgendwem bezahlt werden...



      EON verkauft Strom, und da ist Gas (und/oder Öl) doch nur eine lästige Konkurrenz.

      • @sollndas:

        Die Netzausbaukosten werden sicherlich nicht wg der Wärmepumpen fällig.



        Ob meine SWP im Winter bei 0°C und WW Bereitung ca. 0,55kW braucht oder bei NAT (min Temperatur) 1,05kW, wird das Netz kaum interessieren. Zum Vergleich braucht mein Induktionsherd bei Vollgas 3 x 3,7kW und ein üblicher elektrischer Durchlauferhitzer 3 x 6 kW bis 3 x 7 kW.

        • @Jürgen Freyer:

          Da schauen wir doch mal auf Habecks eigene Zahlen [1]:



          "Die Leistung der Wärmepumpen würde im Jahr 2030 bei 26,7 Gigawatt liegen, im Jahr 2045 bei 81,5 Gigawatt."



          ...und wenn es im Januar mal kalt ist, rödeln alle Wärmepumpen gleichzeitig...



          Stellenweise hakt es schon jetzt [2]: "In Oranienburg wird der Strom knapp".



          [1] www.t-online.de/na...abeck-der-fdp.html



          [2] www.rbb24.de/wirts...g-umspannwerk.html