Industrieverband BDI stellt Forderungen: Offene Märkte und Bürokratieabbau
Der Industrieverband BDI hofft im Streit um EU-Zölle für Elektroautos auf eine Einigung mit China. Zudem fordert er Bürokratieabbau.
BERLIN taz | Erst einmal stellt Siegfried Russwurm die Lage pessimistisch dar: „Gegenüber den USA und China fällt der Standort Deutschland weiter zurück“, warnte der Präsident des Industrieverbands BDI am Montag auf dem Tag der Industrie in Berlin. Dann stellte er seine Forderungen auf: Neben mehr öffentlichen Investitionen, weniger Bürokratie und Steuern sind es vor allem mehr EU-Handelsabkommen.
„Pragmatismus statt Idealismus“, ist diesbezüglich seine Devise. „Der Versuch, unsere Vorstellungen von einer gerechten Gesellschaft in anderen Ländern durch wirtschaftlichen Druck durchzusetzen, ist naiv“, so Russwurm auch mit Blick auf die EU-Lieferkettenrichtlinie.
Gleichzeitig hofft der Lobbyist, dass ein Inkrafttreten der EU-Zölle auf chinesische E-Autos noch abgewendet werden kann: „Zwangsmaßnahmen sind für die Exportnation Deutschland das Letzte, was wir uns wünschen können.“ Ähnlich sieht es Kanzler Olaf Scholz. Es sei gut, „dass die EU-Kommission der chinesischen Seite im laufenden Antisubventionsverfahren weiter Gespräche anbietet“, sagte der SPD-Politiker. Klar sei aber auch, dass sich China „ernsthaft“ bewegen müsse. Gleichzeitig, so Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), habe Europa kein Interesse, dass sich China mit Russland, Iran und Nordkorea zu einer festen Achse zusammenschließe.
BDI-Chef Russwurm mahnte zudem mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur an. Auf insgesamt 400 Milliarden Euro taxierte der BDI jüngst den Bedarf und sprach sich deswegen für ein kreditfinanziertes Sondervermögen aus. Zunächst müsse die Politik aber beim Haushalt priorisieren und „den Mut zu unbequemen und schmerzhaften Entscheidungen haben“.
Sparen bis es weh tut
Dies wiederum geht in die Richtung, was die FDP derzeit im koalitionsinternen Haushaltsstreit fordert: Einschnitte im sozialen Bereich. So forderte Russwurm, dass „alle staatlichen Leistungen“ darauf geprüft werden, ob Deutschland sie sich noch leisten könne. „Und es tut dann weh, klar“, sagte er weiter. Aber „die Diskussion, die wird zu wenig geführt“.
Leser*innenkommentare
Ciro
Klar, dass die "unbequemen und schmerzhaften Entscheidungen" nur unten gemacht werden sollen, nicht bei Großverdienern, Kapitalerträgen oder Dienstwagen...
Was am Lieferkettengesetzt naiv sein soll, wurde nicht erörtert. Es wird im Gegenteil Zeit, dass man mehr tut, den globalen Süden zu unterstützen und nicht nur auszubeuten.
Und wenn die Wirtschaft davon spricht, sie wolle weniger Bürokratie, dann ist eigentlich gemeint, weniger Steuern, weniger Umweltschutz, weniger Arbeitnehmerrechte. Zumindest bis zur nächsten Krise, dann stehen sie wieder beim Staat an der Tür und wollen Unterstützung.
Goodfella
@Ciro Siemens, BMW, BASF, Deutsche Telekom sind unter den größten Steuerzahlern Deutschlands. Der BDI vertritt also die Unternehmen, die den Sozialstaat zu erheblichem Teil finanzieren. Da sollte man gerade von linker Seite mal zuhören, wo das Verteilen staatlicher Wohltaten quasi zur DNA gehört.