FC St. Pauli mit neuem Trainer: Mehr als bloß eine Stippvisite
Nachdem der Aufstiegscoach des FC St. Pauli in die Premier League entschwunden war, brauchten sie einen Neuen. Alexander Blessin hat nun große Ziele.
Es war keine ungebührliche Skepsis, die Alexander Blessin entgegenschlug. Aber hinter den vielen Fragen an ihn, den neuen Trainer des FC St. Pauli, und den Geschäftsleiter Sport, Andreas Bornemann, spürte man eine gewisse Zurückhaltung, ob dieser 53-Jährige nun der richtige Mann für den Aufsteiger in die erste Fußball-Bundesliga sein könne. Können die Fußstapfen eines 31-Jährigen groß sein? Jedenfalls hat es Fabian Hürzeler seinem Nachfolger nicht leicht gemacht.
Der Aufstiegscoach des FC St. Pauli, entschwunden zu Brighton & Hove Albion, einem Verein, der seit der Saison 2017/18 in der englischen Premier League spielt, ist ein Typ mit Charisma, klarer Spielidee, Ehrgeiz und dem gewissen Etwas.
Es war spannend und immer interessant, Fabian Hürzeler bei seiner Arbeit zu begleiten, die er stets mit inneren Abstandshaltern versehen hat, bei besserer Bekanntschaft aber durchaus Nähe zuließ. Für den Moment wirkte der mehr als 20 Jahre ältere Alexander Blessin eher wie der freundliche Nachbar, bei dem man sich gern einen Hammer leiht oder ein paar Eier.
Alexander Blessin würzte seinen ersten Auftritt als Trainer des FC St. Pauli bei einer Pressekonferenz im Millerntor-Stadion mit ein paar Witzchen, er wirkte zugewandt, interessiert und warb auch für sich in eigener Sache.
Eine erste Profistation im belgischen Oostende sei durchaus mutig gewesen für einen Nachwuchstrainer von RB Leipzig. Dort durchlief er die Trainerschule mit aktivem Pressing und so ließ er als Trainer auch spielen, in Belgien bei Oostende und zuletzt Union Saint Gillois, dazwischen ein Jahr in der italienischen Serie A bei CFC Genua. Auch das keine naheliegende Wahl; deutsche Trainer in Italien sind ja eine Rarität.
„Ich bin kein Fabian 2.0“, sagte Blessin dann bei seiner Vorstellung auch, um sich deutlich von seinem Vorgänger abzusetzen, nicht ohne ihn und seine Verdienste zu loben, was auch Bornemann tat, der sagte: „Zwischen Fabi und uns bleibt nichts hängen.“
Schließlich hatte man schon an den zähen Verhandlungen der Vertragsverlängerung ablesen können, dass der FC St. Pauli jederzeit auf seinen Abgang vorbereitet sein müsste. Und es auch war. Dreimal sprachen Bornemann und Blessin, ehe sich der Schwabe zur Unterschrift einfand. An den Reaktionen auf seinem Handy habe er dann ablesen können, welche Strahlkraft der FC St. Pauli inzwischen habe.
Strahlkraft des Vereins
Aus dieser Strahlkraft des Vereins, den Fähigkeiten der Mannschaft und seinen eigenen Fertigkeiten als Coach möchte Alexander Blessin mehr machen als eine Stippvisite in der Bundesliga: „Das ist kein Abenteuer. Ich habe keine Angst vor jeglichen Namen. Wir wollen die Facette, mutig zu sein, in beide Richtungen beibehalten.“ Dabei werden die Ballbesitzphasen sicher geringer sein als in der Saison zuvor. Blessin deutete an, dass er den einstudierten Spielaufbau Hürzelers anpassen werde. Erstmal müsse er aber die Mannschaft kennenlernen.
Leute, die ihn kennen, sagen, Blessin sei ein fachlich starker Trainer mit angenehmer, einnehmender Persönlichkeit, ein Familienmensch, dessen Ehefrau mit drei Töchtern daheim nahe Stuttgart wohnen bleiben wird. Gerade das sportlich und auch von der Führung der Mannschaft her schwierige Jahr in Italien habe ihn geprägt.
Bei Union Saint-Gilloise dann machte Blessin durch starke Auftritte im Europapokal auf sich aufmerksam – und durch Transfererlöse, die der Verein durch von ihm ausgebildete Spieler erzielte; ein Weg, den bekanntlich auch der FC St. Pauli eingeschlagen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!