: Den Weg abschneiden
Seit einem Jahrtausend bauen Menschen Deiche, doch der Klimawandel fordert sie heraus
Wenn das Wasser soll nicht über die Ufer treten soll, erhöht man eben das Ufer. An Küsten und größeren Flüssen werden Deiche gebaut, erhöht, verstärkt und darüber hinaus Staumauern errichtet. Wird es an der Landseite brenzlig, liefern die Nachrichten die typischen Bilder: Hilfskräfte füllen Säcke mit Sand und stapeln sie übereinander, um den Deich zu stützen, immer dem Wasser entgegen. So verstehen wir technischen Hochwasserschutz.
Schon seit einem Jahrtausend bauen Menschen Deiche. In Deutschland sind es an Flüssen und Küsten inzwischen weit über 10.000 Kilometer, die das Wasser bremsen und den Pegel halten sollen. Die Deiche sind durchweg in einem passablen Zustand. Spätestens seit der Elbeflut von 2002 wurden viele von ihnen modernisiert.
Die meterhohen Erdbauwerke bestehen aus einer abdichtenden Lehmschicht, einem stützenden Körper aus Sand im Inneren und einer Filterschicht auf der Landseite. Über Pumpen und Sickerlinien fließt Wasser kontrolliert ab, das vom Deich aufgenommen wird. Bei anhaltendem Starkregen und Hochwasser weicht der Deich trotzdem früher oder später durch und kann schließlich brechen.
Auch Mauern werden gebaut. Nach den Fluten in den Jahren 2002 und 2013 sperrte das sächsische Grimma die Mulde in und um die Stadt herum zwischen Flutmauern ein. Der Bau dauerte Jahre und verschlang Millionen, doch mit Erfolg. Im Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS), sprang die Stadt von der Hochwassergefährdungsklasse 4 auf 2. Das heißt: Statt mindestens alle zehn Jahre wird ein Hochwasser nun nur noch einmal in 100 Jahren erwartet.
An Orten wie Grimma sind die Flutmauern zwar hilfreich, doch einen dauerhaften Schutz gegen das Hochwasser liefern sie nicht. Deiche und Mauern zwängen die Wassermassen lediglich ein, beschleunigen sie dadurch jedoch und verleihen ihnen noch mehr Kraft. Die Bauten sind zudem teuer, müssen gewartet und repariert werden – und verhageln der Bevölkerung oft die schöne Aussicht.
Außerdem sind Deiche und Mauern immer nur so hoch wie der größte gemessene und in Zukunft erwartete Wasserstand. Dass die Rekorde im Bereich der aufgezeichneten Wetterphänomene in letzter Zeit oft gebrochen werden, haben die vergangenen Monate gezeigt. Nun immer höhere Deiche zu bauen kann also keine Lösung sein.
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