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Freie Sachsen bei Kommunalwahl SachsenBraune Flecken im blauen Teppich

Bei den Kommunalwahlen erzielen die rechtsextremen Freien Sachsen teils zweistellige Ergebnisse. Sie ziehen in alle Kreistage ein.

Demonstration der rechtsextremen „Freien Sachsen“ in Chemnitz im März 2024 Foto: M. Golejewski/AdoraPress

Berlin taz | Von einem „Sturm auf die Rathäuser“ und einer „weiß-grünen Welle“ hatten die Freien Sachsen im Vorfeld getönt. Am Montag klang die rechtsextreme Partei verhaltener, freute sich aber über eine „solides“ Ergebnis bei der sächsischen Kommunalwahl. Insgesamt gewann die Partei mehrere dutzend Mandate im Freistaat, sitzt dort nun in allen Kreistagen und in etlichen Gemeindevertretungen.

Bei den Freien Sachsen mischen frühere NPD-Funktionäre, Kameradschaftler oder Reichsbürger mit. Die Partei versteht sich explizit als „Sammlungsbewegung“, erlaubt auch doppelte Parteimitgliedschaft. Der sächsische Verfassungsschutz hat die Freien Sachsen schon lange als gesichert rechtsextrem eingestuft. Und dennoch holte die Partei am Sonntag etwa in Lößnitz im Erzgebirge 19 Prozent der Stimmen. Hier profitierte sie davon, dass die AfD vor Ort nicht antrat. Gleiches galt in Lunzenau bei Chemnitz, wo die Partei 17 Prozent erzielte, in Trebsen mit 16,6 Prozent oder in Bannewitz mit 15,6 Prozent.

Anderswo zog die Partei auch parallel zur AfD in Parlamente ein, etwa in Leisnig, auf halber Strecke zwischen Leipzig und Dresden. Dort traten die Freien Sachsen mit völkischen Siedlern um den früheren Funktionär der NPD-Jugend Christian Fischer an, erzielten 10,7 Prozent – zugleich kam die AfD auf 18,5 Prozent. Damit lagen die Rechtsextremen vor Ort gleichauf mit Linken und SPD, die Grünen zogen in Leisnig gar nicht mehr ins Parlament ein.

„Ernüchternde, gefährliche Situation“

Auch in Aue holten die Freien Sachsen 12 Prozent – die AfD kam parallel auf 21,8 Prozent. In Herrnhut waren es 10,5 Prozent für die Freien Sachsen, bei 19,7 Prozent für die AfD. In Heidenau kamen beide Parteien zusammen auf fast 40 Prozent: 33,5 Prozent waren es für die AfD und 6,1 Prozent für die Freien Sachsen. Für die Neonazipartei sitzt hier nun der frühere NPD-Aktivist Max Schreiber im Parlament, der zuletzt mit der Organisation von zahlreichen Demonstrationen und mit Drohungen gegen Po­li­ti­ke­r*in­nen auffiel – und in der Stadt die viertmeisten Stimmen aller Kandidierenden erhielt. In Freiberg gewann der rechte Youtuber Simon Stein alias „Herr Aber“ für die Freien Sachsen ein Mandat, in Freital war es René Seyfried, der einst Anti-Asyl-Proteste mitorganisierte.

Bei den Kreistagswahlen blieben die Freien Sachsen dagegen durchweg unter 5 Prozent, schnitten am stärksten noch im Erzgebirge mit 4,6 Prozent ab. „Die Hoffnungen sind immer größer“, erklärte der Parteivorstand dazu. Die Ergebnisse aber seien dennoch ein Erfolg, sachsenweit habe man gut 100 Mandate geholt. Eine landesweite Verankerung sei damit gelungen, teils seien Kreistagsmehrheiten „gegen das etablierte Parteienkartell möglich“.

Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen, das Gemeinden zu Rechtsextremismus berät, sagte, Beobachter und die Freien Sachsen selbst hätten durchaus größere Erfolge erwartet. „Trotzdem sind zweistellige Ergebnisse für glasklare Rechtsextreme in den lokalen Parlamenten erschreckend.“

Auch insgesamt sei der Wahlsonntag mit dem AfD-Durchmarsch „eine Katastrophe“, so Nattke zur taz. „Das demokratische ‚Wir sind mehr‘ gilt in weiten Teilen Sachsens nicht mehr. Die Zivilgesellschaft, die für diese Werte eintritt, steht nun einer breiten Front der Antidemokraten gegenüber.“ Linke Parteien seien vielerorts völlig marginalisiert. Wie Gemeinden mit solchen Mehrheiten künftig Demokratieprojekte anstoßen und fördern würden, sei „völlig schleierhaft“, warnt Nattke. „Das ist eine sehr ernüchternde, gefährliche Situation.“

Die Freien Sachsen hatten sich 2021 um den Chemnitzer Anwalt und Rechtsextremen Martin Kohlmann gegründet. Sie hatten im Wahlkampf Po­li­ti­ke­r*in­nen als „Politverbrecher“ geschmäht und gegen Geflüchtete agitiert. Offen wurde mit einer „patriotischen“ Zusammenarbeit mit der AfD kokettiert. Die Freien Sachsen kündigten an, in den Parlamenten vor allem Informationen etwa über geplante Asylunterkünfte abgreifen und dem politischen Gegner „das Leben schwerer machen“ zu wollen.

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9 Kommentare

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  • Wenn eine Partei "gesichert rechtsextrem" ist, dann beruht das ja auf Worten /Taten, welche strafbar sind. Sollten dann nicht die Behörden diese mit Anzeigen und Gerichtsurteilen überziehen, dass für Wahlkampf keine zeit bleibt. Diese Parteien werden dereinst den Verfassungsschutz kontrollieren und Richter berufen, wenn das so weiter geht.

    • @Narrenfell:

      Der Verfassungsschutz wurde bereits eine lange Zeit lang von einer gesichert rechtsextremen Person geführt. Das Übel ist näher als wir alle denken, befürchte ich.

  • Wenn die Konsequenz der Beobachtung und Einordnung durch den Verfassungsschutz lediglich darin besteht ein Label zu bekommen "gesichert rechtsextrem", mehr nicht, ja was dann?



    Dass diese Parteien mittlerweile eine reale Gefahr für die Demokratie darstellen, weil sie flächendeckend in den Volksvertretungen sitzen und zusammen mit der afd in die Nähe der Macht gelangen ist offensichtlich hat gesellschaftlich und politisch aber keine Konsequenzen.



    Ist dieses Land wirklich bereit aus formaljuristischen Überlegungen die Demokratie zerstören zu lassen? Allein mit Argumenten ist der Kampf verloren... im Herbst gibt es 3 Bundesländer wo die afd die Macht holen könnte, dann ist sie im Bundesrat in der hohen Politik angekommen. Dann ist es zu spät.



    Werden erst Personalfragen in Justiz und Verwaltung durch die afd beeinflusst, die Öffentlichkeit durch das Fußvolk aka Freie Sachsen, Kameradschaften unter Druck gesetzt, was soll dann noch kommen? Hoffen wir auf die Einsicht dieser Menschen, dass ihnen bewußt wird, was sie da tun?

    • @nutzer:

      Ein klassisches Narrativ aus der Rechtsaußenecke.

      Immer noch abgespult in Onlineforen, von Leuten, die behaupten die CDU sei früher so herrlich rechtskonservativ gewesen, hätte "solide" Politik für autoritäre Charaktere gemacht & sei dann unter Merkel zu "links" geworden (oftmals sogar "als "links grün-/linksradikal" ge-taggt von Leuten, die anmaßend ihr eigenes verunglücktes polit. Koordinatensystem als allgemeingültig erklären wollen).

      Man kann viel zur Union (auch unter Biedenkopf) kritisieren. So rechts wie behauptet von Rechtsaußen war sie nicht mehr seit Kohl ans Ruder kam.

      Die immer wieder aufgetischte, quasi als "Notwehr"-Haltung geframe-te Reaktion, dass Wähler "keine andere Wahl gehabt hätten" als Nazis, Landesverräter und Fans von autoritären Gewalt- & Terrorsystemem (Russland, Belarus, China) zu wählen, ist eine Lebenslüge.

      Es gibt für aufrechte, überzeugte Demokrat*innen niemals eine Rechtfertigung Naziparteien zu wählen. Wie wär's mit den Violetten-graumelliert-Gaga-Gartenparteien als Zeichen für "Protest"?

      Der Grund, wieso die NPD zwischen 2004 u. 2014 bereits 2x im sächsischen Landtag saß, sind tief verwurzelte antidemokrat. Grundhaltungen in Sachsen.

      • @Daniel L:

        Sorry, Adressat verrutscht. Replik galt dem Kommentar von "Thomas Wischner" unten.

    • @nutzer:

      Actio = Reactio (Isaac Newton. In Sachsen hatte unter Kurt Biedenkopf die CDU die absolute Mehrheit, vergleichbar mit der CSU in Bayern. Wäre diese solide Politik fortgeführt worden, würde die AfD und erst recht die freien Sachsen keine Rolle spielen. Die AfD war nie in Regierungsverantwortung, erst das am Volk vorbeiregieren hat sie gross gemacht.

      • @Thomas Wischner:

        aber die cdu war nie weg...

    • @nutzer:

      "im Herbst gibt es 3 Bundesländer wo die afd die Macht holen könnte, dann ist sie im Bundesrat in der hohen Politik angekommen. Dann ist es zu spät."

      Das ist Union und der FDP völlig egal. Hauptsache ihre Klientel kann weitermachen und ihre Klientel schützen wie bisher.

  • Gesichert rechtsextrem kommt mir langsam wie ein staatliches Gütesiegel vor. Das hat null Konsequenzen für die Parteien während sie immer mehr Zulauf gewinnen. Die restlichen Parteien schauen hilflos zu oder machen zunehmend mit.