piwik no script img

„Rave against the Zaun“ im Görli„Fickfinger für die CDU“

Erst demonstrieren Tausende gegen die Pläne des Senats, den Görlitzer Park zu umzäunen. Dann sorgt die HipHop-Band K.I.Z. für Festivalstimmung.

Erst Demo, dann Happening im Görlitzer Park am Tag der Fête de la Musique: K.I.Z. sorgen für Festivalstimmung im Görli Foto: Darius Ossami

Berlin taz | In Kreuzberg wurde es zur Fête de la Musique am Freitag politisch. Einen „Fickfinger für die CDU und das paranoide Zaunprojekt“ forderte der Moderator auf der Bühne im Görlitzer Park – und die Menge machte mit. Allerdings war der „Rave against the Zaun“ kein offizieller Bestandteil der jährlich stattfindenden Fête de la Musique, sondern eine politische Kundgebung mit Reden, DJ-Sets und einem „Secret Act“.

Der Berliner Senat plant, einen Zaun um den Park zu errichten und die Eingänge nachts abzuschließen. Diese Maßnahmen sollen 3,5 bis 4 Millionen Euro kosten und der Zaunbau noch im Sommer beginnen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg lehnt die Pläne des Senats ab und hat Klage eingereicht. Auch viele Menschen im Kiez sind dagegen.

Dabei sah die „zweite Blockparty im Görlitzer Park“ am Freitag zunächst nicht nach einer großen „Fête“ aus. An der Bühne prangten neben einer DKP-Fahne, Konterfeis von Rosa Luxemburg und Che Guevara sowie einer Kuba-Flagge allerlei skurrile kommunistische Symbolik.

Doch nachdem das Gewitter abgezogen war, füllte sich der Park rapide. „Ihr seid bestimmt alle wegen unserer tollen politischen Kundgebung hier“, rief Moderator Marcus Staiger ironisch, doch es hatte sich herumgesprochen, dass es sich bei dem „Secret Act“ um die Berliner HipHop-Band K.I.Z. handeln sollte.

Ein Zaun hilft niemanden

Zunächst aber hielt die umtriebige Stadtteilinitiative Wrangelkiez United eine Rede: „Ein Zaun hilft keiner einzigen Frau im Kiez, keiner einzigen wohnungslosen Person, ein Zaun macht die Situation von Dro­gen­kon­su­men­t*in­nen nicht besser, und was ein Zaun gegen Drogenhandel bewirken soll, bleibt ein Rätsel“, stellte David Kiefer von der Initiative klar.

„Uns An­woh­ne­r*in­nen und allen Nut­ze­r*in­nen wird stattdessen ein öffentlicher Raum genommen“, so Kiefer. Er forderte mehr Geld für soziale Projekte sowie die Umsetzung eines von Anwohner*innen, Ex­per­t*in­nen und Bezirk erarbeiten Handlungskonzepts.

Ähnlich äußerten sich die beiden Moderatoren der Kundgebung im Gespräch mit der taz. „Die Crack-Epidemie im Wrangelkiez ist ein soziales Problem und polizeiliche repressive Lösungen helfen da nicht, sie verdrängen das nur“, sagte Co-Moderator Adrian, der seinen Nachnamen nicht nennen mochte. „Das Einzige, was diese Probleme lösen kann, sind ein solidarischer Umgang miteinander und soziale Maßnahmen, und das kann Kreuzberg extrem gut.“

Die Probleme würden überzogen dargestellt und instrumentalisiert. „Warum stehen so viele Leute hier und verkaufen Drogen?“, fragte Marcus Staiger und lieferte die Antwort gleich mit: „Weil sie ansonsten keine Möglichkeit haben, an dem Geldreichtum dieser Gesellschaft teilzuhaben und auf andere Wege angewiesen sind. Und das wird sich durch einen Zaun natürlich nicht ändern.“ Es sei sinnvoller, den Leuten legale Beschäftigungsverhältnisse zu bieten, denn sie würden gerne arbeiten dürfen.

„Hoch die internationale Solidarität“

„Schaut euch um“, rief Staiger schließlich in die auf mehrere Tausend Menschen angewachsene Menge. Er ließ sie noch „Hoch die internationale Solidarität“ skandieren und dann standen tatsächlich K.I.Z. auf der Bühne und spielten einen Hit nach dem anderen. Die Stimmung glich nun einem Festival, die Leute waren begeistert. K.I.Z. selbst äußerten sich zum geplanten Zaunbau nicht, schlossen aber ihr starkes Set mit dem Song „Görlitzer Park“.

Zeilen wie „Auf dem Spielplatz liegen Nadeln im Sand, Racial Profiling, Schikane vom Staat“ sagen ja auch mehr über die Zustände im Görlitzer Park aus, als die aufgeregte Debatte in Medien und Politik.

Auch wenn die meisten wegen K.I.Z. und nicht wegen der Kundgebung gekommen waren, kann man davon ausgehen, dass auch sie die Pläne des Senats ablehnen. Dieser werde sich an dem Zaunbau „die Zähne ausbeißen“, hatte Staiger zuvor prophezeit.

Am 31. August soll es eine weitere Blockparty geben, und für den „Tag Z“, an dem der Zaunbau beginnen soll, ist eine Demonstration geplant. Was bleibt, ist ein gelungener PR-Coup von K.I.Z. und ein starkes Zeichen gegen den Zaunbau.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Dass es auch Anwohner gibt, die den Zaun begrüßen, ignoriert die Taz geflissentlich.

    "Was wir ablehnen, ist die Form des Protestes von der Gruppe Bizim Kiez & Co im sogenannten "Görlizaunfrei"-Protest, der keinerlei Rücksicht auf die Interessen der Anwohner des Görlitzer Parks nimmt, die Natur hier zerstört und den Görlitzer Park als Müllhalde zurücklässt», hieß es mit Verweis auf Müllberge, die nach dem Event im Park zu sehen waren." - Quelle: Tagesspiegel.

    Warum tut die Taz so, als gäbe es so etwas nicht? Warum suggeriert sie, dass die Ablehnung der Umzäunung Konsens sei? Ist das wirklich Journalismus, wie er sein sollte?

  • "„Weil sie ansonsten keine Möglichkeit haben, an dem Geldreichtum dieser Gesellschaft teilzuhaben und auf andere Wege angewiesen sind."

    Ach so, die staatlichen Hilfen reichen also nich?

    Warum sind dann nicht VIEL Mehr Menschen Drogendealer?

    Übrigens war der Park nach dem Konzert übersät mit Müll. So achtsam gehen diese Liebhaber des Parks mit dem öffentlichen "Freiraum" um.