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Brandmauer der CDU ThüringenKein Interesse am Fall Böwe

Für die AfD sitzt Frank Böwe in einem Kreistag, für die CDU in einem Stadtrat – ohne Konsequenzen. Die Parteispitze äußert sich nicht dazu.

Wieviel Abgrenzung zur AfD schafft die CDU in der Praxis in Thüringen? Foto: Martin Schutt/dpa

Berlin taz | Frank Böwe gehört keiner Partei an, ist aber bei der Kommunalwahl am 26. Mai in Thüringen auf den Listen zweier Parteien gewählt worden. Auf der Liste der CDU zog er erneut in den Stadtrat Ruhla ein, auf der Liste der AfD wieder in den Kreistag des Wartburgkreises. Dabei gilt bei den Christdemokraten eigentlich ein Unvereinbarkeitsbeschluss für die AfD. Die CDU-Spitze äußerte sich bisher nicht zum Fall Böwe.

Die taz hatte schon vor der Wahl darüber berichtet, dass Böwe auf beiden Listen antrat und schon davor für beide Parteien in beiden Kommunalparlamenten saß. Er ist Geschäftsführer einer großen Security-Firma. Außerdem gibt es Verstrickungen in die Rechtsextreme und in die Rocker-Szene. Laut der Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss (Linke) taucht Böwes Name im Landtagsuntersuchungsausschuss zum Nationalsozialistischen Untergrund auf.

Der Bundesverband der CDU wollte sich nicht zum Fall äußern und verwies auf Landesverband. Die CDU Thüringen hatte der taz vor zwei Wochen mitgeteilt, der Vorgang sei dort „bekannt und wird derzeit zunächst intern geprüft“. Auf eine erneute Anfrage reagierte die Partei nun nicht. Auch die CDU im Wartburgkreis reagierte nicht auf eine Anfrage der taz. Aber der Regionalzeitung Thüringer Allgemeine sagte der CDU-Kreisvorsitzende Michael Brodführer, die Ortsverbände entschieden eigenständig über ihre Listen. Er respektiere die Entscheidung in Ruhla.

Aus internen CDU-Kreisen heißt es allerdings, es habe intensive Gespräche mit CDU-Mitgliedern in Ruhla gegeben. Doch die würden Böwe sehr schätzen und sich Einmischung von außen verbitten.

Landtagswahl im September

Bei den Kreistags- und Stadtratswahlen in Thüringen am 26. Mai schnitt die Union besser ab als die AfD, das zeigt sich auch im Wartburgkreis. In der Bergstadt Ruhla, die im Wartburgkreis liegt, bekam die CDU 43 Prozent der Stimmen und ist mit acht Sitzen im Stadtrat vertreten. Die AfD wählten 27,1 Prozent, vier ihrer Kandidaten sitzen im Stadtrat. Auch bei der Kreistagswahl im Wartburgkreis bekam die CDU mehr Stimmen: Sie erhielt 31,3 Prozent und 16 Sitze, die AfD 26,7 Prozent und 13 Sitze.

Am Sonntag treten CDU- und AfD-Kandidat:innen in sieben Landratsstichwahlen gegeneinander an, auch im Wartburgkreis. Doch die Wahlen am Sonntag sind nicht die letzten in diesem Jahr für Thüringen. Im September steht die Landtagswahl an. Aktuell haben AfD und CDU in den Umfragen die höchsten Stimmanteile.

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5 Kommentare

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  • Auf internationalem Parkett hui - in der Kommune pfui?

    Zitat: „Für die AfD sitzt Frank Böwe in einem Kreistag, für die CDU in einem Stadtrat“

    Wer politische Milieus mit dem politischen Geisteszustand einer AfD zum Teufel wünscht, fragt sich natürlich, wie griffstark Losungen wie die Forderung nach „Brandmauern“ sind und in Klein-Kleckersdorf funktionieren sollen, wenn dies nicht mal in der EU funktioniert. Auf internationalem Parkett



    wird etwa die italienische Regierungschefin und bekennende Mussolini-Verehrerin und mithin Proto-Faschistin in Brüssel mit Küßchen rechts und Küßchen links begrüßt, zeigt sich mit der Kommissionspräsidentin Seit an Seit



    als ein Herz und eine Seele auf Konferenzen zur Flüchtlingsabwehr an den Außengrenzen der „Festung Europas“ (wie neulich in Rom) und wird von einem jovialen US-Präsidenten freundlich lächelnd zum Kamingespräch im Oval Office gebeten. Die politische Agenda der aktuellen Regierungskoalition



    in Rom unterscheidet sich dabei keinen Deut von derjenigen der AfD und der übrigen Formationen mit vergleichbarem Geisteszustand.

    Die Causa entstellt das Verhältnis von CDU und AfD zur Kenntlichkeit: Letztere ist Fleisch vom Fleische der Ersteren.

  • Dazu passt, dass die CDU im Landkreis Hildburghausen keine Wahlempfehlung abgibt für die Stichwahl, in der ein Kandidat der Freien Wähler gegen den bekannten und bekennenden Nazi Tommy Frenck antritt.



    Die CDU (Thüringen) als Demokratie-Risiko!

    • @HRMe:

      Das waren die Parteien des politischen Christentums schon immer - vor dem Krieg (Zentrum, wir erinnern uns) genauso wie danach.

  • Nach der nächsten Wahl wird die Brandmauer ohnehin Geschichte sein.



    Das lehrt die Geschichte.



    Aber offenbar will man nichts aus der Geschichte lernen.



    Dazu schmeckt Macht offenbar zu süß. Viel zu süß.

    • @Bolzkopf:

      Das genu ist es. Nur - süß ist es für die christlichen und faschistischen Akteure allein. Für alle anderen ist es bitter....