FDP kritisiert Bürgergeld für Ukrainer: Die nächste soziale Frage

Das Arbeitsministerium möchte an Bürgergeldbezügen für Ukrainer festhalten. Bei der SPD brodelt es indes wegen der Haushaltsverhandlungen.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der FDP Foto: dts Nachrichtenagentur/imago

BERLIN taz | Während die Bundesregierung um einen Haushalt für das kommende Jahr ringt, eröffnet die FDP ein weiteres Streitfeld: Der Generalsekretär der Liberalen, Bijan Djir-Sarai, sprach sich am Montag für eine Streichung der Bürgergeld-Zahlungen an neu ankommende Geflüchtete aus der Ukraine aus. Der Bild-Zeitung sagte er, dass die Menschen wie andere Geflüchtete auch künftig Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten sollen. Aus der Bundesregierung hieß es, dass solcherlei Änderungen derzeit nicht geplant seien.

Djir-Sarai sagte, er wolle durch die Reform mehr Arbeitsanreize für die Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland schaffen. Derzeit leben laut dem Ausländerzentralregister etwa 1,16 Millionen Kriegsflüchtlinge aus dem von Russland attackierten Land in Deutschland. Sie können sich wegen der Geltung der europäischen Massenzustromrichtlinie in Deutschland niederlassen, ohne Asyl zu beantragen.

Das Innen- und das Arbeitsministerium verwiesen am Montag auf die Vorteile der derzeit geltenden Regelungen. So würde die Auszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz die Länder belasten, da diese Gelder keine Bundesaufgabe darstellten – die Bürgergeldzahlungen kämen jedoch vom Bund. Das Verfahren, das gewählt worden sei, sorge für eine „massive Entlastung“ der Verwaltungsstrukturen in Deutschland, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Berlin.

Auch im Arbeitsministerium sieht man derzeit keinen Grund, Ukrai­ne­r*in­nen in Deutschland die Bürgergeldbezüge zu streichen. „Wir haben keine Änderungspläne“, sagte ein Sprecher. Das Bürgergeld sei geeigneter, um die Geflüchteten schneller in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Die Arbeitsvermittlung würde schwerer werden, wenn die Ukrai­ne­r*in­nen ins Asylbewerberleistungsgesetz kämen, weil sie dann anders als bei den Bürgergeld-Bezügen nicht mehr direkt von den Jobcentern betreut würden.

SPD-Linke machen Druck bei den Haushaltsverhandlungen

Eine Studie geht davon aus, dass die Arbeitsmarktintegration von arbeitsfähigen Ukrai­ne­r*in­nen in Deutschland zuletzt gestiegen ist. Die Umfrage des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung ging davon aus, dass im Sommer 2023 23 Prozent der erwachsenen Ukrai­ne­r*in­nen in Deutschland arbeiteten, während es im Frühjahr des Jahres noch 19 Prozent waren.

Die erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, sagte der taz, der Vorstoß, das Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge wieder abzuschaffen, sei nicht zu Ende gedacht. „Wir haben Ukrainerinnen und Ukrainer auch ins Bürgergeld aufgenommen, um Länder zu entlasten und schneller in Arbeit zu vermitteln.“

Die Diskussionen zu den Bürgergeldbezügen fanden im Schatten der Haushaltsverhandlungen statt, bei denen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntag bis kurz vor Mitternacht mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) diskutierte. Dabei steht der Kanzler auch unter Druck aus seinen eigenen Reihen, den von der FDP geforderten Kürzungen bei den Sozial­ausgaben nicht zuzustimmen.

Das linke SPD-Forum DL21 versuchte, den Einfluss der Parteibasis in den Haushaltsverhandlungen zu stärken und bereitet ein Mitgliederbegehren vor, um Einsparungen bei Bildung oder Gesundheit zu verhindern. Nach taz-Informationen soll es zeitnah auf den Weg gebracht werden. Dafür müssten mindestens 4.000 Unterstützer aus 10 Unterbezirken unterschreiben. Bindend wäre aber auch ein erfolgreiches Begehren nicht.

Der Sprecher des SPD-Forums, der Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki, erklärte gegenüber der taz: „Es geht uns darum, der Mitgliedschaft eine Stimme zu geben.“ Einschnitte in Kernbereichen wie Bildung, Familie, Demokratie oder Rente werde man nicht hinnehmen. „Nur unter dieser Maßgabe sollte die SPD dem Haushalt zustimmen“.

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