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Thüringer KommunalwahlCDU knapp vorn

Laut vorläufigem Ergebnis kommt die CDU landesweit auf 27,2 Prozent. Die AfD konnte deutlich zulegen, vor allem in ländlichen Regionen.

Ein Wahlplakat oder das, was davon übrig ist, in Weimar Foto: imago

Erfurt afp | Die CDU hat die Kreistags- und Stadtratswahlen in Thüringen knapp gewonnen. Landesweit kamen die Christdemokraten nach dem vorläufigen Ergebnis auf 27,2 Prozent, wie das Landesamt für Statistik am Mittwoch mitteilte. Die vom Verfassungsschutz in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD konnte allerdings deutlich zulegen und kam mit 25,8 Prozent auf Platz zwei.

Im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2019 blieb die CDU stabil. Die AfD gewann hingegen rund acht Prozentpunkte hinzu. Auch Freie Wählergemeinschaften und andere Bündnisse legten zu und erreichten bei den Kreistags- und Stadtratswahlen 19,5 Prozent.

Die drei Thüringer Regierungsparteien Linke, SPD und Grüne fuhren allesamt Verluste ein, ebenso die FDP. Die SPD kam auf 11,6 Prozent, die Linke auf 9,1 Prozent, die Grünen erhielten 4,1 Prozent. Die FDP erreichte 2,6 Prozent.

AfD und CDU haben nun in jeweils acht von insgesamt 17 Kreistagen die Mehrheit. Im Kreis Hildburghausen gewannen die Freien Wähler die Kreistagswahl. Im Stadtrat der kreisfreien Stadt Gera behauptete die AfD ihre Mehrheit und bekam 35,1 Prozent der Stimmen. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das in vier Kreisen antrat, kam auf teilweise zweistellige Ergebnisse.

Zahlreiche AfD-Kandidaten in der Stichwahl

Bei der Abstimmung am Sonntag fielen die Wahlen der Landräte, Oberbürgermeister, Bürgermeister sowie der Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte zusammen. Ein einheitliches Ergebnis gibt es laut Landesamt für Statistik nicht.

Bei den Landrats-, Oberbürgermeister- und Bürgermeisterwahlen holten die Christdemokraten demnach landesweit die meisten Stimmenanteile. Im Vergleich zur Wahl von 2018 verlor die CDU aber an Zuspruch, während die AfD vor allem in ländlichen Regionen deutlich zulegen konnte und nicht nur in den Kreistagen stärker präsent ist.

Bei den Landratswahlen gelangen der AfD, die im vergangenen Jahr im Thüringer Kreis Sonneberg den bundesweit ersten Landratsposten gewonnen hatte, im ersten Anlauf zwar keine weiteren Erfolge. Allerdings gehen in zwei Wochen zahlreiche AfD-Kandidaten in die Stichwahlen. Die Gemeinderatswahlen wurden von Wählervereinigungen dominiert. Am zweitstärksten ist die CDU, auch hier gefolgt von der AfD.

Die Kommunalwahlen waren der Auftakt zu einem Superwahljahr. Am 9. Juni findet die Europawahl statt, am 1. September wird in Thüringen ein neuer Landtag gewählt. Die Kommunalwahl galt daher auch als Stimmungstest für die Landtagswahl am 1. September.

In Umfragen zur Landtagswahl lag die AfD zuletzt mit rund 30 Prozent weiter vorn, gefolgt von der CDU mit 20 Prozent. Die Linke und das BSW folgten mit je etwa 16 Prozent vor der SPD mit rund acht Prozent und den Grünen mit fünf Prozent. Die FDP wurde nicht mehr im Landtag gesehen. Linke, SPD und Grüne bilden in Erfurt derzeit eine Minderheitsregierung.

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8 Kommentare

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  • klare Zahlen:

    Die Parteien der Landtagskoalition erreichen zusammen nur noch 24,8%;



    Die Ampelparteien erreichen zusammen nur noch 18,3%;

    In 10 Jahren hat die Linke 12,8% verloren; die SPD 6,7%; die Grünen noch einmal 0,9%; die FDP 0,8%.

    Für mich sieht es so aus, als habe die politische Linke (incl. linke Grüne) hier einen Elfmeter in die Wolken geschossen - das ist zum Haareraufen - und bestimmt auch ein Grund, warum viele Thüringer jetzt vor Verzweiflung an der Wahlurne randalieren...

  • 6G
    601161 (Profil gelöscht)

    Dank meiner beruflichen Tätigkeit hatte und habe ich (durchaus unüblichen) Kontakt zu breiten gesellschaftlichen Milieus. Seit einigen Jahren stelle ich eine über das frühere Maß hinausgehende Enttäuschung fest. Das Image der Politik war nie hoch, aber die politische "Kaste" wurde toleriert. Da nun konkrete finanzielle Nachteile (Inflation und Energiewende) festzustellen sind und gleichzeitig eine oberlehrerhafte Attitude herrscht (ich muß keine Namen nennen, oder?) und ebenfalls gleichzeitig ständig die konkrete Ausbildung thematisiert bzw. geradezu lächerliche Defizite publik werden ist es vorbei mit der "Duldung". Dieses Personal (in vielen Staaten) genießt KEINERLEI Autorität mehr. Ich glaube, die peinlichen Versuche der Volksnähe-Darstellung (Kanzler im Pulli und Jeans, Vize in sportdress..) sind total daneben gegangen. Wer schmerzfrei ist, möge sich auf youtube die BPK ansehen. Diese Auftritte sind unsäglich. Ein Panoptikum! Man traut diesen Truppen eben nichts mehr zu! Ob man es mag oder nicht, in jedem Betrieb wird von "oben" bzw. "vorn" einiges erwartet - nur dann läuft der Laden wirklich. War schon in jeder Kultur so! Immer!

  • Die Landtagswahl wird zeigen wie groß das Problem ist. In den Städten und Gemeinden geht es oft um "Persönlichkeiten" und nicht um Politik.

  • Zahlen zur Wahlbeteiligung finde ich für die Einordnung der Ergebnisse hilfreich...

  • Erschreckend, mehr als ein Viertel der Bürger wählen eine immer offener rechtsextrem auftretende Partei. Und das ungeachtet aller Skandale, aller Ränkespiele und offener Widerlichkeiten dieser Partei. Trotz Krah, Höcke, Bystron, aller Lügen und Feindseligkeit dieser Leute.



    Auch logische Argumentation, das Vorhalten von Programmen, all das verfängt nicht mehr. Die Wut ist größer, der Bullshit wird willenlos und unkritisch übernommen. Mit diesem Mist wird die Gesellschaft lange beschäftigt sein, eine Besserung ist leider nicht in Sicht.

    • @Bambus05:

      Vom 4.9.❗2016 aus der taz (Barbara Junge)



      Déjà-vus?!



      /



      "Die Versuchung ist groß, nach der Wahl vom Sonntag ein ganzes Bundesland in die rechtsextreme Schublade zu packen. Das wäre falsch. Es ist nicht das ganze Bundesland. Es sind, unabhängig von Flüchtlingen, Terroranschlägen oder wirtschaftlicher Lage, rund zehn Prozent. Dieser braune Bodensatz ist seit vielen Jahren bereit, menschenverachtende, rassistische Parteien zu wählen, ganz gleich, ob sie im Gewand der NPD oder AfD daherkommen."



      In der Stadt und auf dem Lande,



      Dieser braune Bodensatz,



      Ist und bleibt auch eine Schande,



      Hat längst aber dort Stammplatz.

  • Langsam müsste es docvh dem letzten dämmern: Die Rechten sind nur deshalb stark, weil es fast allen anderen Parteien nicht gelingt, die Menschen zu überzeugen, viel zu sehr ist der ganze Parteienzirkus fast nur mit sich selbst beschäftigt und das wird von den Medien als Polittheater auch so inszeniert. So stellt sich -im Westen war es einmal die SPD gegenüber einer übermächtigen CDU- die Union als noch das kleinste Übel dar, so ein Wähler doch noch nach einer einigermassen demokratischen Partei sucht. Für mich ist es ein Versagen besser gebildeter Wähler*innen und vor Allem der eigentlich alternativen (Grünen?) Klientel, aber auch insbesondere der wieder zurückgedrängten weiblichen Wählerinnenschaft, dass Altparteien 'Demokratie' als ein nur ihnen zustehendes Parlamentspuzzle verstehen und sich immer mehr von den Bedürfnissen der Wählerschaft abwenden. 75 Jahre/34 Jahre Grundgesetz und die alten Männer drängen mit ihren Ellenbogen nach traditionellem Muster wieder nach vorn und verkennen die immer weiter drängenden Klimaprobleme, die uns dieses Wirtschaftssystem eingebrockt hat. Wozu wählen, wenn sich keine qualifizierten Kandidaten finden ?

    • @Dietmar Rauter:

      Nein, ich kenne wirklich kluge Menschen die dem „AfD-Sprech“ tatsächlich hinterherlaufen, die haben irgendwie noch an unserem Untergang von 1945 zu „knabbern“.



      Um es mal vorsichtig auszusprechen.