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Taliban wählen den Terror

AFGHANISTAN Am Wahltag brechen im Norden schwere Kämpfe aus. Wahlbeteiligung in Regionen mit starker Taliban-Präsenz bleibt gering. Staatspräsident Karsai spricht dennoch von „Erfolg“

KABUL/BERLIN taz | Eine Mischung aus Ruhe und Chaos, aus guter Organisation und geringer Beteiligung hat gestern die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan gekennzeichnet. Während in einigen Teilen des Landes die Menschen ungestört an die Urnen gingen, lieferten sich in anderen Sicherheitskräfte heftige Gefechte mit den Taliban, die zu ihrem Ziel erklärt hatten, die Wahlen zu verhindern. Erste Klagen der Opposition über Betrugsversuche lassen befürchten, dass Zweifel am Wahlergebnis in den kommenden Tagen hohe Wellen schlagen werden.

Offizielle afghanische Stellen und UNO taten gestern alles, um die Probleme zu leugnen. „Nur“ 312 von 6.500 Wahllokalen seien geschlossen geblieben, sagte ein Sprecher der Wahlkommission. Präsident Hamid Karsai nannte die Wahl am Abend einen Erfolg: Trotz 73 Anschlägen in 15 Provinzen seien die Afghanen zu den Stimmlokalen „geströmt“.

Nach ersten Einschätzungen war die Wahlbeteiligung jedoch deutlich geringer als vor fünf Jahren. Aus dem Südosten um die Stadt Gardes wird von einer Beteiligung von 20 bis 30 Prozent berichtet. Die Einschüchterungsstrategie der Taliban sei weitgehend aufgegangen, analysierte ein Beobachter.

Die schwersten Kämpfe gab es in der nördlichen Provinz Baghlan, für die die Bundeswehr zuständig ist. Dort kam es zu heftigen Gefechten, nachdem die Taliban mehrere Wahllokale angriffen hatten. Der Polizeichef von Baghlan und nach Polizeiangaben „22 Terroristen“ wurden getötet. Die Wahl wurde unterbrochen. Die Wahlhelfer seien angewiesen worden, die Urnen und sich selbst in Sicherheit zu bringen, hieß es. Das Bundesverteidigungsministerium in Berlin dementierte afghanische Angaben, wonach deutsche Soldaten an den Kämpfen teilnahmen.

In Kundus, wo ebenfalls die Bundeswehr steht, traf eine Rakete ein Wahllokal: zahlreiche Menschen wurden verletzt. In mehreren Südprovinzen gab es Raketenangriffe mit Toten. BP

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