Debatte um Alterssicherung: Die Ampel rangelt um die Rente

Die FDP will Rentenausgaben kürzen, führende SPD-Politiker halten dagegen und die Debatte für vorgeschoben. Anlass ist der Streit um den Haushalt 2025.

Drei Senioren von hinten im Freien beim Gehen

Die SPD verspricht, keine Politik auf dem Rücken von Rentnerinnen und Rentnern zu machen Foto: Jan Woitas/dpa

BERLIN taz | Und schon wieder grummelt's in der Ampel, diesmal geht es vordergründig um das Thema Alterssicherung. Nachdem die FDP öffentlich angekündigt hatte, das Rentenpaket II im Bundestag zu stoppen und intern über ein Ende der Rente mit 63 diskutiert, gehen führende SPD-Politiker in die Offensive. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte der taz: „Wir werden die Rente mit 63 nicht opfern.“

Der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil versprach ebenfalls im Gespräch mit der taz: „Bei der Rente nach 45 Arbeitsjahren wird es bei der SPD ganz klar keine Bewegung geben. Dieses Versprechen, geben wir all denen, die direkt nach der Schule ins Erwerbsleben gestartet sind und dieses Land am Laufen halten: Wir machen auf Eurem Rücken keine Politik.“

Das Rentenpaket II sieht unter anderem vor, bis zum Jahr 2039 ein Rentennivau von 48 Prozent zu garantieren. Das beträfe all jene, die heute 52 Jahre und älter sind und mit 67 Jahren in Rente gehen. Diese garantierte Haltelinie dürfte aber auch zu steigenden Beiträgen führen. Um diese zu dämpfen, soll der Staat Kredite aufnehmen und am Kapitalmarkt investieren. Die Renditen des Generationenkapitals sollen in die Rente fließen.

Diese Eckpunkte hatten SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil und FDP-Finanzminister Christian Lindner erst im März gemeinsam vorgestellt. Eigentlich sollte der fertige Regierungsentwurf in der Himmelfahrtswoche nun auch im Kabinett beschlossen werden, doch Lindner drohte mit Blockade. Erst nach gutem Zureden des Kanzlers soll er eingelenkt haben. Jedenfalls bestätigte das Finanzministerium am Mittwoch, dass der Kabinettsbeschluss noch für Mai geplant sei.

Hintergrund: das Ringen um den Haushalt 2025

Doch der Streit dürfte weitergehen. FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine hatte gleichfalls am Mittwoch schon mal eine Ablehnung des Pakets im Bundestag angekündigt. Der Bild-Zeitung sagte er, es brauche auch Respekt gegenüber den Beitragszahlern. „Immer weniger Netto vom Brutto aufgrund von explodierenden Rentenbeiträgen bestraft nicht nur Leistung und Arbeit übermäßig, sondern ist auch sozial nicht gerecht“, so der Bundestagsabgeordnete.

Hintergrund ist das Ringen um den Haushalt 2025. Die staatlichen Ausgaben für Rente und Grundsicherung im Alter sind mit mehr als 127 Milliarden Euro der größte Posten im Haushalt. Das weckt Begehrlichkeiten, denn aktuell fehlen dem Finanzminister dem Vernehmen nach 20 bis 30 Milliarden Euro für einen ausgeglichenen Haushalt.

Lindner hatte deshalb alle Kol­le­g:in­nen bis zum 2. Mai um Sparvorschläge in ihren Ressorts gebeten. Einige, wie Entwicklungsministerin Svenja Schulze, Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ignorierten Lindners Forderungen. Auch Heil soll wohl deutlich mehr Geld angemeldet haben, wie der Tagesspiegel berichtet.

Gegenüber der taz kritisiert Kühnert, dass Debatten über die Rente mit haushaltspolitischen Fragen verknüpft würden, „obwohl das bei näherer Betrachtung nichts zur Lösung der aktuellen Haushaltsprobleme beiträgt.“ Denn entweder gehe es um geltendes Recht, wie etwa die Festschreibung des Beitragssatzes auf 48 Prozent bis Ende 2025. Oder Vorschläge, wie eine Erhöhung des Rentenalters, würden sowieso erst in einigen Jahren wirksam. „Wir lassen uns nicht wegen kurzfristiger Haushaltsfragen dazu drängen grundlegende Rückbauten des Sozialstaates vorzunehmen, die kein Problem lösen, sondern eigentlich nur ein Skalp sind, den die Sozialdemokratie erbringen soll.“

Die SPD probiert deshalb einen anderen Weg hin zu einem Haushaltsfrieden aus. Verteidigungsminister Boris Pistorius, der gerade zu Besuch in Washington weilte, schlug von diesseits des Atlantiks vor, Ausgaben für Verteidigung und Zivilschutz von der Schuldenbremse auszunehmen. Schließlich sei auch die Landesverteidigung genau wie die Schuldenbremse in der Verfassung verankert.

Finanzminister Lindner erteilte diesem Vorschlag jedoch umgehend eine Absage. „Der bessere Weg ist, in unserem großen Staatshaushalt Geld umzuschichten und die Wirtschaft in Fahrt zu bringen“, sagte Lindner der dpa. Die Widersprüche bleiben also: Der eine will kräftig sparen, die anderen nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.