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Widersprüche im Kampf gegen TeslaEs geht nicht nur um E-Autos

Kommentar von Claudius Prößer

Elon Musk und Tesla blöd finden, ist leicht – und wer braucht schon elektrische Protzautos? In den Proteste steckt aber auch so mancher Widerspruch.

Was bleibt, wenn sich der grüne Rauch verzieht? Foto: IMAGO / Achille Abboud

E ins kann man den DemonstrantInnen, die Tesla in Grünheide belagert haben, nicht vorwerfen: dass ihre Aktionen ganz sicher so folgenlos bleiben werden wie etwa die Besetzung von Lützerath. Denn Tesla-Boss Elon Musk ist derart erratisch, dass es niemanden wundern sollte, wenn er nach ein paar weiteren Nadelstichen auf „X“ mitteilt, sich aus dem undankbaren Deutschland zurückzuziehen.

Es könnte ja auch ein willkommener Anlass sein, das Ende der Erfolgsstory „Tesla“ zu kaschieren: Die Verkaufszahlen sinken, Belegschaften werden reduziert, Kapazitätserweiterungen könnten sich bald als Fehlinvestitionen erweisen. Unter anderem sabotiert der kindisch-megalomane Superreiche die eigene Marke durch rechte Parolen.

Auf der anderen Seite macht es eine Figur wie Musk auch denkbar einfach, auf die Barrikaden zu gehen. Dabei ist die Realität nicht unbedingt so schwarz-weiß, wie die Bewegung es gerne darstellt.

Bezeichnend war, wie der Tesla-Sturm in den sozialen Medien vorhandene inhaltliche Spaltungen der Klimabewegung aufgezeigt hat. So twitterte der Blogger Jan Hegenberg AKA „Der Graslutscher“ (80.000 Follower) eine ätzende Kritik an „Trotteln“, die auf die „Lithiumlüge“ der Verbrennerindustrie hereinfielen. Der Batterierohstoff falle gar nicht so ins Gewicht.

In Wirklichkeit, so Hegenberg (der die „Trottel“ alsbald bereute und löschte), brauche die Energiewende auch E-Autos, sie seien ein Bestandteil des Umbaus zur dekarbonisierten Wirtschaft. Ja, die Anzahl privater Fahrzeuge dürfe „gerne stark sinken“, dafür „könnte man aber auch einfach eine sehr große Fabrik für Verbrennerautos belagern“. Die erzeugten nicht nur bei ihrer Herstellung, sondern auch im Betrieb unweigerlich CO2.

„Tesla-Freund*innen in der Bubble“

Für Ärger sorgte das beim Klimaaktivisten Tadzio Müller (immerhin 10.000 Follower), der den „Tesla-/Elektrokapitalismus-Freund*innen in der Klimabubble“ vorwarf, sie unterstützten mit der massiven Ausweitung der E-Auto-Produktion einen globalen Wachstumsschub, der die Überschreitung der globalen Grenzen nur fortsetze: „Ihr seht nur ein paar Autos. Ich sehe eine globale Produktionsinfrastruktur.“

Wie dem auch sei: Übersehen wird gern, dass etwa die Batterie-Produktion auch ohne E-SUVs enorm wachsen muss – wenn wir schon bald nur noch mit erneuerbaren Energien arbeiten, fahren und heizen wollen. Ohne massenhaften Speicherzuwachs geht das nicht, eine Alternative wäre nur die radikale Schrumpfung des gesamten Konsums. Die wird aber tatsächlich erst einmal nicht kommen.

Es gibt weitere Widersprüche: Natürlich leiden viele Menschen unter dem Raubbau von Lithium, eine weitaus größere Zahl aber profitiert durch Arbeitsplätze. Was das Ganze weder besser noch einfacher macht. Und wohin zielt eigentlich die Kritik an prekären Tesla-Jobs? Kann man gleichzeitig das Ende der Produktion und bessere Arbeitsbedingungen für die Produzierenden fordern?

Alles in allem: Es ist kompliziert.

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Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.
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18 Kommentare

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  • "...nur ein (dummer!) feuchter Traum der Porsche fahrenden FDPler."



    Äh, ich fahre keinen Porsche, sondern einen Citroen C1, und die FDP wähle ich auch nicht :-)



    "Allenfalls H2 oder vielleicht NH3 machen als Zwischenspeicher noch etwas Sinn."



    Haben Sie schon einmal mit flüssigem NH3 gearbeitet, wissen Sie, was für ein Zeug das ist? Und z.B. CH4 ist nun mal ein wesentlich handlicherer Energieträger als ausgerechnet H2...

  • "Die wird aber tatsächlich erst einmal nicht kommen."



    Stattdessen weiter bauen oder wie?



    Es geht nicht bloß darum, welche Waren etwas besser sind, sondern wie die Lebensweise innerhalb der bio/planetaren Grenzen organisiert/hergestellt werden kann. Es gibt im Vergleich zu MIV wesentlich effizientere Mobilitätsformen. Auch bedarf es keiner neuen Autos. Es gibt bereits zu viele. Ein Teil vorhandener Autos kann umgerüstet werden[1], der andere müsste stillgelegt werden.



    "Alles in allem: Es ist kompliziert."



    Dito! Womöglich ist es kompliziert für Green Capitalists, Widersprüche in deren Denke.



    [1] "Vom Verbrenner zum E-Auto: Tank raus, Batterie rein | Die Nordreportage | NDR Doku"



    m.youtube.com/watch?v=93AWg0wp1eo

    • @Uranus:

      "Vom Verbrenner zum E-Auto: Tank raus, Batterie rein..."



      Was ist gewonnen, wenn das Auto mit Braunkohle fährt statt mit Benzin?

      • @sollndas:

        - Ohne da wesentliche Fürsprache für Autos halten zu wollen -



        Wie ist der Nutzungsgrad von E-Auto im Vergleich zu Verbrennern?



        Wie hoch ist der Anteil fossiler Energieträger bei Benzin/Diesel im Vergleich zum Strom?



        Wie sähe die Bilanz von E-Autos aus, wenn sie umgerüstet würden, die bereits aufgewendete (graue) Energie und Ressourcen weiter genutzt würde?



        ...

        • @Uranus:

          Nutzung E Autos.... eher schlechter würde ich sagen. Auf Kurzstrecke gerne als Zweitwagen. Für Langstrecke natürlich den Diesel...das E Auto bleibt ein Nischenprodukt, was man schon an dem kaum mehr wahrnehmbar Absatz sieht.

          • @Mal Nombre:

            *Mittlerweile sind so viele Treibhausgase in der Atmosphäre, dass diese sogar reduziert werden müssten, um die Entwicklung der stetigen Klimaerhitzung zu brechen. Ihr Kommentar geht also an den physikalischen/ökologischen Realitäten vorbei.

          • @Mal Nombre:

            "Für Langstrecke natürlich den Diesel..."



            Da Diesel ein fossiler Energieträger ist und das Verbrennen Treibhausgasemissionen bedeutet, ist dies keine Alternative, da die Emissionen schnellstens auf Null zurückgefahren werden müssen. Mittlerweile sind so v

  • @SOLLNDAS

    Die Wikipedia [1] können Sie auch mal lesen. Prototypen von Na-Ionen-Akkus liegen zwischen 75..200 W·h/kg, Li-Ionen zwischen 120 und 260.

    Andere Vorteile sind Kathoden ohne Konfliktrohstoffen (kein Kobalt).

    E- und Biofuels sind aufgrund des katastrophalen Wirkungsgrads nur ein (dummer!) feuchter Traum der Porsche fahrenden FDPler.

    Allenfalls H2 oder vielleicht NH3 machen als Zwischenspeicher noch etwas Sinn.

    Die besten E-Autos sind aber trotzdem die nicht gebauten.

    [1] en.wikipedia.org/w...Sodium-ion_battery

  • "Übersehen wird gern, dass etwa die Batterie-Produktion auch ohne E-SUVs enorm wachsen muss – wenn wir schon bald nur noch mit erneuerbaren Energien arbeiten, fahren und heizen wollen. Ohne massenhaften Speicherzuwachs geht das nicht..."



    Angesichts des Speicherbedarfs ist es vollkommen illusorisch, denselben mit Akkus decken zu wollen. Die sind zu teuer, und sie werden zu teuer bleiben. Einigermaßen bezahlbar kann der Speicherbedarf nur mit E- und Biofuels gedeckt werden.



    Zum Vergleich: Es gibt in Deutschland Gasspeicher mit einer Kapazität von 250 TWh, die durch irgendwas ersetzt werden müssen. Oder besser anderweitig genutzt; Letzteres ginge z.B. mit E- und/oder Biomethan.



    Zu den mit viel Vorschusslorbeeren bedachten Natrium-Ionen-Akkus: Natriumionen haben die 3,3-fache Masse und das 2,14-fache Volumen wie Lithiumionen. Daran wird sich kaum etwas ändern lassen.

    • @sollndas:

      Mit längst überholten Zahlen zu agieren zeigt wie rückwärtsgewandt soche Proteste sein können.



      futurezone.at/prod...iedichte/402885560

      Und da die Ladegeschwindigkeit 5-10 höher ist, können die fehlende Energiedichten locker mit kleineren Batterien ausgeglichen werden. Ganz zu schweigen von der Lebensdauer (Ladezyklen) und der ökologischen Unbedenklichkeit.

      Kapitalismuskritik und persönliche Abneigung (teile ich) als Werkzeug zu nehmen um technologischen Fortschritt zu behindern, nur um an der eigenen Utopie festhalten zu können (Abschaffung des Individualverkehrs oder Biomethan- woher?- als Speicher) dient weder den Unterprivilegierten noch der Umwelt.

      • @Heiner Petersen:

        Wollten Sie sagen, Individualverkehr diente den Unterprivilegierten? Inwiefern?

      • @Heiner Petersen:

        "Mit längst überholten Zahlen zu agieren..."



        Äh - Was ist an Ionenmasse und -radien "längst überholt"? Die haben sich in den letzten Jahren nicht merklich verändert.



        Übrigens bestätigt der verlinkte Artikel das: Die Energiedichte ist kleiner. Damit sind NaIonen-Akkus für KFZ-Anwendungen noch weniger geeignet als LiIonen-Akkus.



        Und: "Wie immer sind solche „Wunderakkus“ mit Vorsicht zu genießen." [1]



        [1] futurezone.at/scie...nderakku/402866921

  • Wenn man bedenkt, dass gerade bei Batterien viel geforscht und entwickelt wird, Stichwort Natrium-Ionen, und dies konsequent ignoriert wird, stattdessen in keinem Artikel zum Thema Lithium! fehlt und jeder weiß, das ist erst ganz schlimm seit es eAutos gibt, kann man diese Proteste nur unter Glückwunsch dt. Autoindustriepropaganda abhaken.

    • @Momo33:

      volle Zustimmung. Allerdings gilt das nur für Teile der Autoindustrie.....

  • " Natürlich leiden viele Menschen unter dem Raubbau von Lithium,"



    Das ist beim Öl so, beim Gas, bei jeder Form des Bergbaus, bei Windräder die zu nahe am Hausstehen, bei Wassernot in der Welt, eigentlich bei allem, was der Mensch benötigt. Es gibt neben der "normalen" Produktion immer auch eine ausbeuterische oder einen Raubbau.



    Wer jetzt so tut als ob nur Tesla ein Problem wäre ist ein Tagträumer.



    Man hat Tesla erlaubt dort zu bauen, man hat Tesla erlaubt so viel Wasser zu pumpen, dort sollte man sich beschweren, nicht bei dem der die Genehmigung dafür bekommen hat.

    • @Rudi Hamm:

      Ein e-Auto braucht ein paar KG Lithium - einmal beim Bau, und das ist auch noch rezyklierbar. Ein Verbrenner verbraucht dagegen während seiner Lebensdauer etliche Tonnen von Ölprodukten. Und dass bei der Ölforderung immer alles ohne Leiden abgeht, glaubt hoffentlich niemand.

  • "Natürlich leiden viele Menschen unter dem Raubbau von Lithium, eine weitaus größere Zahl aber profitiert durch Arbeitsplätze."

    Hm. Haben Sie dafür ungefähre, halbwegs belegbare Vergleichsgrössen?

    • @tomás zerolo:

      Habe ich auch nicht, aber weil Litium eher in dünn besiedelten Gebieten abgebaut wird, aber mittlerweile gefühlt in jedem dritten Produkt (mit Akku) steckt, ist die Aussage zumindest einigermaßen glaubwürdig.