Klimawandel beeinträchtigt Weinanbau: Kurzarbeit bei Freixenet
Der Weinanbau in Katalonien leidet unter der Dürre. Wegen des Klimawandels wird in der Region nun sogar eine Traubensaft-Notreserve angelegt.
Freixenet, einst Familienbetrieb und seit 2018 zur Hälfte im Besitz des deutschen Sektherstellers Henkell, hat seinen Sitz inmitten von Weinbergen im Westen der katalanischen Regionshauptstadt Barcelona. Katalonien leidet wie das südspanische Andalusien besonders unter der Dürre. Für 239 Gemeinden mit rund 6 Millionen Einwohnern wurde zu Jahresbeginn der Wassernotstand ausgerufen. Sie leben mit starken Einschränkungen und weniger Druck auf den Leitungen.
Die Stauseen Kataloniens sind derzeit nur zu 18 Prozent gefüllt, Regenfälle nicht in Sicht. Nun droht erneut ein viel zu heißer, niederschlagsarmer Sommer. Binnen nur einer Generation musste die Weinlese wegen des Temperaturanstiegs um knapp zwei Wochen nach vorn verschoben werden. Sonst hätte der Wein zu viel Alkohol.
Die Anpassung an den Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen für die Branche. Einige Weingüter weichen auf höher gelegene Anbauflächen aus. Andere experimentieren mit den Techniken des regenerativen Landbaus, bei denen die Böden nicht gepflügt und das Unkraut nicht gejätet wird. Das soll vor Sonne und Austrocknung schützen. Doch wo kein Wasser ist, hilft auch das nur noch bedingt.
250 Millionen Flaschen pro Jahr
Freixenet, das zu 80 Prozent für den Export produziert, erntete bei der vergangenen Weinlese 45 Prozent weniger. Für das Weihnachtsgeschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz wird deshalb ein alternatives Produkt angeboten. Es wird ebenfalls ein Schaumwein mit ähnlicher Geschmacksnote und Qualität wie der Cava sein, aber nicht diese Bezeichnung tragen, da die Trauben in anderen spanischen Anbaugebieten gekauft werden.
In der Cava-Herkunftsregion werden üblicherweise pro Jahr mit rund 250 Millionen Flaschen Schaumwein über 2 Milliarden Euro umgesetzt. In diese Jahr werden es rund 60 Millionen weniger sein.
Um mit der Dürre besser zurechtzukommen, hat der Regulierungsrat der Region, der über die Produktion wacht, vor wenigen Tagen „vorübergehende Maßnahmen“ beschlossen. Danach soll, ähnlich wie dies im spanischen Anbaugebiet Rioja oder in der französischen Champagne bereits der Fall ist, eine „Notreserve“ aufgebaut werden.
Dabei handelt es sich um nicht verarbeiteten Traubensaft, der bis zu drei Jahre gelagert werden darf, um ihn in Ausnahmesituationen der Produktion von Cava zuzuführen. Dies wird für normalen Cava, aber nicht für die Spitzenqualität Premium gelten. Um Traubensaft abzweigen zu können, wird der Ertrag pro Hektar, der bisher aus Qualitätsgründen auf 12 Tonnen festgeschrieben war, auf 15 Tonnen erhöht. Außerdem werden die Trauben von Weinbergen akzeptiert, die im Cava-Gebiet liegen, aber bisher nicht ins Register der Herkunftsregion eingeschrieben sind.
Am strittigsten ist eine letzte Maßnahme. Bisher wurden die Trauben nur zu 67 Prozent ausgepresst. Das heißt, dass aus 100 Kilo Trauben 67 Liter Most werden. Jetzt sind 74 Prozent zulässig. Mehr Wein, aber auch mehr Bitterstoffe. Der Cava-Regulierungsrat sieht darin kein Problem. Beim italienischen Prosecco seien es sogar 75 Prozent.
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