Torhüterin und Mutter Almuth Schult: Die Botschafterin
Almuth Schult steht für das Konzept, Profi-Fußball und Mutterschaft zu vereinen. Nun kehrt sie von Kalifornien zurück ins Frauenteam des HSV.
Wenn eine Saison in den Schlussbogen einbiegt, richten sich viele Blicke auf das Abschneiden eines Teams, denn davon hängen ja die Perspektiven für die neue Spielzeit ab. Es ist also davon auszugehen, dass Almuth Schult sehr genau hinschaut, was die Fußballspielerinnen des Hamburger SV so machen. Seit Mitte April verstärkt die Torhüterin mit 66 Länderspielen den HSV in der Zweiten Liga – wobei das bislang nur eine ideelle Unterstützung ist, zum Einsatz kam die 33-Jährige noch nicht.
Beim 4:0-Sieg des HSV am Sonntagnachmittag gegen die zweite Vertretung des VfL Wolfsburg war Jolina Zamorano im Tor und half in Norderstedt mit, den ambitionierten Klub auf Rang vier und nah an die Aufstiegsplätze zu hieven. Fünf Runden vor Schluss liegt das Team von Trainer Marwin Bolz drei Zähler hinter Andernach und Potsdam – die beiden bestplatzierten Mannschaften des Tableaus treten in der kommenden Saison in der Bundesliga an. Ein Ziel, das der mutige Aufsteiger aus Hamburg ausgegeben hat, das zuletzt aber nach den Niederlagen in Meppen (0:4) und Jena (1:3) wackelte. Nicht ungewöhnlich für eine junge Mannschaft mit vielen Spielerinnen aus den eigenen Reihen. Da wirkte der deutliche Sieg gegen den Tabellenvorletzten wie Balsam.
Wenn auch nicht im Tor, wird Almuth Schult mit ihrer Ruhe und Entspanntheit weiterhelfen können, die Nerven im Saisonendspurt zu bewahren. „Sie ist eine gestandene Persönlichkeit und verfügt über einen enormen Erfahrungsschatz, den sie in unser Team einbringen kann“, sagt Catharina Schimpf, „wir sind absolut überzeugt, dass Almuth uns auf und neben dem Platz weiterhelfen wird.“
Schimpf, die Koordinatorin für Frauenfußball beim HSV, hatte den Königstransfer angebahnt und finalisiert. Möglich geworden war er, weil das Reglement der Fifa und des DFB Wechsel nach dem Mutterschutz auch außerhalb der Transferperiode erlaubt.
Almuth Schult, Torhüterin HSV
Schult hat inzwischen drei Kinder, das jüngste ist acht Monate. Sie spielte zuletzt in Amerika im November 2022, hat also eine Schwangerschaft und 18 Monate Fußballpause hinter sich. Sie fühle sich „voll fit“ und sagt: „Ich habe beim HSV meine ersten Schritte im Erwachsenenfußball gemacht und die Verbindung ist nie abgerissen. Der HSV ist eine sehr gute Adresse und ich habe wahrgenommen, was sich in den vergangenen Jahren alles entwickelt hat im Verein. Ich spüre, welche ernsthaften Ambitionen der HSV wieder hat.“
Nicht zuletzt mit dem Chef Frauenfußball Horst Hrubesch (72) verbindet Almuth Schult diese Erwartung. Die aus Dannenberg im Wendland stammende Torhüterin spielte 2007 erstmals für den HSV – mit 16 Jahren. Inzwischen ist sie Olympiasiegerin, Europameisterin, dreifache deutsche Meisterin – und eine Botschafterin der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Sie sagt: „Ich hoffe, diese Frage stellt sich bald nicht mehr. Profisportler fragt man schließlich auch nicht, wie sie Familie und Job unter einen Hut bekommen. Mein Mann ist voll berufstätig, von daher steckt da viel Organisation hinter und eine große, hilfsbereite Familie.“ Sie habe auch in Hamburg viele Freunde, bei denen sie mit den Kindern immer willkommen sei. „Ohne diese Unterstützung wäre es nicht möglich, weil der Profisport nun mal kein klassischer Nine-to-five-Job ist und Kindergartenbetreuungszeiten nicht alles abdecken können.“
Das männerdominierte Umfeld im Fußball verhindere, dass deutlich mehr Mütter im Profifußball tätig seien, sagt sie: „Bis zur Rückkehr auf den Platz vergeht nach einer Schwangerschaft natürlich mindestens ein Jahr, was einen Einschnitt in der Karriere bedeuten kann: Die Spielerin verliert ihren Platz und steht nicht mehr so im Fokus, dazu fehlt die Spielpraxis. Es ist auch etwas anderes, wenn man als Leistungssportlerin nicht nur für sich, sondern auch für seine Kinder Verantwortung trägt und deutlich mehr organisieren muss.“
Außerhalb des Fußballs erlebt sie eine Entwicklung dahingehend, „dass Muttersein im Leistungssport normal wird“. Ihre Forderung: „Wir sollten Fußballspielerinnen Unterstützung bieten und Ängste nehmen.“
Ob ihr Engagement bei ihrem Herzensklub nur von kurzer Dauer ist oder die nächste Saison beinhaltet, hängt sicher auch davon ab, was in den Wochen bis zum Finale am 26. Mai passiert – mit Almuth Schult in die neue Erstliga-Saison zu starten, klingt nach einer Win-Win-Situation für Verein und Torhüterin. Doch davon hat sie bisher ebenso wenig geredet wie von einer Rückkehr in die Nationalmannschaft.
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