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Demo gegen das „Braune Haus“Erst Sellner, jetzt Krah

Erneut treffen sich Rechte im Pankower AfD-Büro. 200 Menschen protestierten gegen die Veranstaltung mit dem Spitzenkandidaten der AfD zur Europawahl.

200 De­mons­tran­t:in­nen in Blankenburg gegen die AfD Foto: Martin Hoefig

Berlin taz | Ein Typ in weißem Hemd und steht auf der Wiese vor dem „Braunen Haus“ und filmt mit seinem Handy die De­mons­tran­t*in­nen hinter der Absperrung. Er grinst selbstsicher, neben ihm vermutlich seine Freundin – eine junge Frau im Dirndl. „Wahrscheinlich ist der Vortrag drinnen so schlecht, dass die lieber zu uns hier raus kommen“, ruft es aus dem Lautsprecherwagen der Anti-AfD-Demo am Dienstagabend in Blankenburg.

Drinnen redet der AfD-Spitzenkandidat zur Europawahl, Maximilian Krah, vor rund 50 Anwesenden bei einem „Vortragsabend“ der extrem rechten Partei. Er ist besonders durch seine rechte Hetze auf TikTok bekannt und ist damit nicht nur zum Gespött geworden, sondern erreicht durch seine Umtriebigkeit in den sozialen Medien durchaus auch eine junge Zielgruppe.

In den Büro des AfD-Bezirksverbands Pankow finden immer wieder Veranstaltungen mit AfD- und anderer rechter Prominenz statt. Nach taz-Recherchen war hier im vergangenen November der österreichische Faschist Martin Sellner für eine Geheimveranstaltung zu Gast. Die Parteispitze machte den Vermieter der Immobilie, ihren ehemaligen Bürgerdeputierten Andreas Geithe, dafür verantwortlich. An der Zusammenarbeit mit ihm hält die AfD fest.

„Ganz Deutschland hasst die AfD“ schallt es von etwa 200 Ge­gen­de­mons­tran­t*in­nen der Antifa etwas untypisch patriotisch dem Provokateur, seiner Freundin und dem „Brauen Haus“ entgegen. Mehrere Initiativen wie „Unsere Straße bleibt hell“, „Omas gegen Rechts“, die Linke und die North East Antifa haben sich zur Gegendemo zusammengeschlossen und sind lautstark vom S-Bahnhof Blankenburg zum „Braunen Haus“ gezogen.

Mehr als Antifa

Auch die „Handballfreunde Pankow“ sind dabei, ein Sportverein aus dem Bezirk. „Wenn es zu extrem wird, bin ich raus“, sagt Oliver, ein Zwei-Meter-Hüne von den „Handballfreunden“. „Aber laut gegen Rechts Stellung beziehen auf jeden Fall“, fügt er hinzu.

Ein Fernsehteam des ZDF ist offenbar auf etwas anderes aus und hat sich drei noch sehr junge vermummte Antifas rausgepickt, um sie zu ihrem Verhältnis zur Gewalt zu interviewen. Die Antifas bleiben gelassen und beantworten die Fragen des Reporters aufgeräumt, es gibt hier gerade sonst nicht viel zu tun.

Rund 50 Po­li­zis­t*in­nen schützen das Areal. Neben dem Eingang zum Veranstaltungssaal haben die AfDler einen etwa 1,50 Meter großen Luftballon-Osterhasen aufgestellt, der den rechten Arm hebt. Doch auch diese Provokation bringt an diesem Abend niemanden aus der Fassung.

Anne aus Niederschönhausen ist zusammen mit ihren Mit­strei­te­r*in­nen von „Unsere Straße bleibt hell“ gekommen. „Die Initiative versucht mittlerweile in sieben Berliner Kiezen jeden Sonntag die Nachbarschaft zusammenzubringen, um ein Zeichen für den Erhalt unserer Demokratie, für Menschenrechte, Vielfalt und Freiheit zu setzen“, erzählt sie.

In Niederschönhausen stemmt Anne das Projekt noch ganz allein. „Ich kämpfe unermüdlich um Zuwachs, doch es ist schwer. Wir tragen das Engagement den Menschen ja sozusagen schon direkt vor die Haustür und trotzdem schließen sich noch so wenige an“, ist sie enttäuscht. Doch ihre Energie für diese antifaschistische Arbeit sei ungebrochen.

Kiezaktionen gegen die AfD

Ins Leben gerufen hat „Unsere Straße bleibt hell“ der Autor und Journalist Nicol Llubic aus dem Bötzowkiez in Prenzlauer Berg. Im Januar hatte er einen Text auf der Nachbarschaftsplattform „Nebenan.de“ veröffentlicht, in dem er seine Sorgen darüber beschrieb, dass am Ende des Wahljahres 2024 „Menschen obsiegen, die Hass säen und unsere Demokratie missbrauchen“. Ausgelöst durch diesen Text entstanden Aktionen in den Kiezen, an denen sich schnell bis zu 500 Menschen beteiligten.

Die De­mons­tran­t*in­nen ziehen nach etwa zwei Stunden lautstarken Protests wieder ab. Ein älteres Ehepaar aus Blankenburg, um die 80 schon, kommt aus der AfD-Veranstaltung und ins Gespräch mit ein paar Frauen von der Gegendemo. „Da drinnen waren keine Nazis“, sagt der Mann und erklärt, dass er die DDR oder zumindest seine Ost-Identität zurückhaben will.

Susanne von „Unsere Straße bleibt hell“ zeigt Verständnis: „Nach allem, was der Westen den Menschen im Osten angetan hat. Die haben denen doch auf ganz gemeine Weise alles weggenommen, ihre Biografien und ihre Identität. Das ist doch wertvoll.“ Warum aber ausgerechnet die AfD mit ihren fast sämtlich aus Westdeutschland kommenden Spit­zen­po­li­ti­ke­r*in­nen die Stimme dafür sein soll, sei ihr schleierhaft.

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