AfD-Landesparteitag in Niedersachsen: Außen Protest, innen Harmonie

Am Samstag wählte die AfD in Niedersachsen Ansgar Schledde zum neuen Vorsitzenden. Vor der Halle gab es viel Protest, drinnen war die taz unerwünscht.

Menschen mit vielen Plakaten und Fahnen stehen vor Polizisten und Polizistinnen an einer Absperrung

Rund 3.000 Menschen protestierten gegen den AfD-Parteitag Foto: Georg Wendt/dpa

UNTERLÜß taz | Die Blockadeversuche beim Landesparteitag der niedersächsischen AfD am Samstag unterband die Polizei. Gut zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltung in Unterlüß in der Südheide scheiterte auch die Überwindung von Polizeigittern.

In der niedersächsischen Gemeinde machten die Protestierenden direkt vor dem Bürgerhaus aber deutlich, dass sie sich dieser Partei entschieden entgegenstellen, um die Demokratie zu schützen. ‚Genug ist genug‘, war der Tenor der Begrüßung von Dirk Garvels auf der Kundgebung. Der DGB-Regionssekretär betonte, dass mit 3.000 De­mons­tran­t:in­nen mehr Menschen gekommen seien als erwartet.

Am Morgen des 20. April kamen immer mehr Protestierende mit Zügen und Bussen in die kleine Gemeinde nahe der KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen. „Solidarisch statt solide arisch“ und „Keine Toleranz der Intoleranz“ stand auf selbst gemachten Pappschildern.

„Diese Bewegung bekommt die AfD nicht mehr weg“, sagte Christoph Bautz, Geschäftsführer der Kampagnen-Organisation Campact. Nach Bekanntwerden des Geheimtreffens in Potsdam, bei dem AfD- und CDU-Mitglieder über ‚Remigration‘ diskutierten, seien auch in AfD-Hochburgen Menschen auf die Straße gegangen. „Dieser Parteitag am Geburtstag Adolf Hitlers, direkt um die Ecke des Konzentrationslagers, ist eine einzige Provokation“, sagte Bautz und betonte unter Applaus: „Diese Partei, diese AfD, ist rechtsextrem, menschenverachtend“.

Die taz darf nicht rein

Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, erinnerte daran, dass in Unterlüß Kinder begraben sind, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Die Verharmlosung dieser Zeit werde nicht nur vom Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke bewusst betrieben. Der Jargon der Partei sei antisemitisch und antidemokratisch. Eine klare Absage an eine Zusammenarbeit müsse von CDU und FDP kommen, sagte er unter Beifall.

„Milchgesichter“ nannte der AfD-Landtagsabgeordnete Holger Kühnlenz die De­mons­tran­t:in­nen vor der Tür des Bürgerhauses. Sie seien undemokratisch, weil sie gegen eine demokratische Partei protestierten. Im Saal sagte Peer Lilienthal, Schatzmeister der Fraktion, der Regen werde die De­mons­tran­t:in­nen „mal sauber“ machen. Europawahlkandidat Julian Flak, der den Parteitag moderierte, witzelte angesichts des nachlassenden Regens, man müsse nun nicht mehr Sea Watch anrufen.

Im Foyer des Bürgerhauses hatte zuvor der Pressesprecher der Bundestagsfraktion der taz die Akkreditierung verweigert. Die scheidende Geschäftsführerin hatte gerade das Presseschild geben wollen. Den Verlauf des Parteitages musste die taz im Livestream verfolgen – eingeschränkt durch die Kameraausrichtung.

Die Wahl des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ansgar Schledde zum Landesvorsitzenden verlief ohne Kontroversen und Gegenkandidat:innen. Der bisherige Landeschef, der Bundestagsabgeordnete Frank Rinck, hatte schon bei seinem Rechenschaftsbericht erklärt, nicht mehr für das Amt kandidieren zu wollen.

Harmonie in der Halle

Die Razzien bei der AfD in Hannover am vergangenen Mittwoch wegen angeblich illegaler „Kriegskassen“, kurz vor dem Parteitag, tat Schledde als ein Diskreditierungsversuch ab. Er habe ein „reines Gewissen“. Auch die Delegierten stören sich nicht an den Ermittlungen: 79,75 Prozent der Stimmen bekam der 46-Jährige.

Über interne Kräfteverhältnisse wollten die AfD-Landtagsabgeordneten Alfred Dannenberg und Stefan ­Marzischewski-Drewes der taz vor dem Haus nichts sagen. Rincks Bilanz hätte eine weitere Amtszeit nahegelegt.

Er schaffte es, den einst massiv zerstrittenen Verband zu beruhigen. Die Mitgliederzahl verdoppelte sich fast auf 4.000, damit ist die AfD Niedersachsen der größte Landesverband im Westen. Von den enormen Schulden von 800.000 Euro sollen nur noch 260.000 Euro übrig sein. In seiner Amtszeit zog die Partei mit über zehn Prozent in den Landtag ein. Mit Blick auf die Europawahl erklärte Rinck, dass die AfD den anderen Parteien im EU-Parlament das „Leben zur Hölle machen“ wolle.

Europawahl-Spitzenkandidat Maximilian Krah kommt auch

Einer, der schon im EU-Parlament sitzt und als ihr Spitzenkandidat erneut antritt, war extra zum Parteitag angereist: Maximilian Krah. Der Kandidat aus dem rechtsextremen Milieu um Björn Höcke bezeichnete den Landesverband als das „Flaggschiff“ der AfD im Westen. Nach seiner Rede gab es stehenden Applaus. Die Harmonie auf dem Parteitag überraschte selbst die eigenen Mitglieder. Auch bei der Wahl zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gab es keine Gegenkandidatur.

Bei seiner Ankunft wurde Krah von einer Person angegangen. Die Polizei sprach einen Platzverweis aus. Insgesamt erteilte sie am Sonntag rund 40 Platzverweise.

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