piwik no script img

Erneute Proteste in GeorgienEs könnte blutig werden

In Georgien protestieren die Menschen gegen das „Agenten“-Gesetz nach russischem Vorbild. Es könnte brutale Polizeigewalt geben.

Prowestliche Demonstration am 15. April in der georgischen Hauptstadt Tbilissi Foto: Shakh Aivazov/ap

Auf die Ge­or­gie­r*in­nen ist Verlass. Erneut stehen Tausende De­mons­tran­t*in­nen vor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Tbilissi. Ihre unbändige Wut richtet sich gegen einen Gesetzentwurf über „ausländische Agenten“.

Vorgeblich handelt es sich um eine Transparenzinitiative der Regierungspartei Georgischer Traum (KO) in Sachen finanzieller Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen aus dem Ausland. Von wegen. In Wahrheit ist diese Vorschrift nach russischem Vorbild ein Instrument, um eine wache und in Teilen extrem kritische Zivilgesellschaft an die Kandare zu nehmen und schließlich ganz zum Schweigen zu bringen.

Doch dieses Projekt könnte nach hinten losgehen – wie bereits im März des vergangenen Jahres. Eine erste Variante des Agenten-Gesetzes musste die Regierung nach landesweiten Protesten schließlich fallen lassen. Dieser „Sieg der Straße“ war übrigens mit ein Grund dafür, dass Georgien im Dezember 2023 den von vielen Menschen in der Südkaukasusrepublik sehnlichst erwarteten Status eines EU-Beitrittskandidaten erhielt.

Die junge Generation

Und genau darum geht es auch jetzt wieder: Um eine europäische Zukunft für das Land, die sich vor allem Ver­trete­r*in­nen der jungen Generation nicht nehmen lassen wollen. Doch die KO ist gerade auf dem besten Weg, diese Perspektive zu verspielen.

Anstatt sich endlich an die Abarbeitung des Brüsseler Aufgabenkataloges zu machen – dazu gehört unter anderem die Verabschiedung von Gesetzen zum Schutz individueller Rechte –, biegt die Regierung um des eigenen Machterhaltes willen und sechs Monate vor den Parlamentswahlen immer mehr in Richtung Russland und Autoritarismus ab.

Doch Russland als Modell hat bei vielen Ge­or­gie­r*in­nen schon lange ausgedient. Und so dürfte es in den kommenden Tagen zu weiteren Protesten kommen – auch um den Preis, zum Opfer brutaler Polizeigewalt zu werden oder im Gefängnis zu landen. Es könnte heiß werden in Georgien – nicht nur in diesem Frühling.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • www.ned.org/region...asia/georgia-2021/

    hier ist übrigens aufgelistet was die USA in Georgien bezahlen.

  • Natürlich sollte auch jeder Geldfluss aus Russland nach Georgien transparent gemacht werden. Auch wenn die Bezieher aus der Regierung sind oder Investitionen jeder Art.

  • Was ist gegen mehr Transparenz einzuwenden, ist sie nicht sogar elementarer Bestandteil der Demokratie?



    Warum darf der Bürger nicht wissen, welches Land die NGO finanziert?

  • Wie in der Ukraine

  • Russland versucht dasselbe was in der Ukraine schief gegangen ist, installation und erhält eines Marionetten Regimes. Sowohl Russland als auch deren Marionetten werden versuchen, ihre "Fehler", die das Projekt in der Ukraine scheitern ließen, zu vermeiden. Und die Erfahrung mit Putin, zB in Tschetschenien, zeigt wohl, daß er das mangelnde Bereitschaft zur Brutalität für einen der Fehler hält.

    • @Monomi:

      Dass die Georgier ihre Regierung mit Mehrheit und anerkannt demokratisch gewählt haben, scheint Sie anscheinend nicht zu interessieren. Und dumm werden sie auch nicht sein. Russland ist nun mal der unmittelbare, große Nachbar und wie Egon Bahr einmal richtig formulierte auch "unverrückbar". Ein politischer Ausgleich ist somit deutlich vernünftiger als offene Konfrontation.