Gesundheitsleistungen für Geflüchtete: Drei Jahre im Wartezimmer

Flüchtlinge, deren Verfahren noch läuft, erhalten schlechtere Gesundheits- und Sozialleistungen. Viele müssen bis zu 36 Monate warten.

eine Ärztin nimmt mit einem Gerät einen Blutstropfen aus einer weiblichen Hand

Eine Gynäkologin vom Malteser Hilfsdient misst den Blutzucker bei einer Migrantin Foto: Stefan Boness

BERLIN taz | Rund die Hälfte der Asylsuchenden muss künftig drei Jahre auf eine reguläre Gesundheitsversorgung warten. Das ergab eine Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Im November hatten Bund und Länder die Bezugsdauer für die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von 18 auf 36 Monate verdoppelt, die Neuregelung ist sei Februar in Kraft. In dieser Zeit gibt es nur eingeschränkte Sozial- und Gesundheitsleistungen – es sei denn, die Personen werden als schutzberechtigt anerkannt.

Bisher mussten laut DIW rund 64 Prozent aller Asyl­be­wer­be­r:in­nen mehr als 18 Monate auf eine Anerkennung warten und entsprechend über die vollen 18 Monate mit eingeschränkten Bezügen auskommen. Die vollen 36 Monate werden künftig rund 52 Prozent der Asylsuchenden unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen – so hoch sei der Anteil jener, deren Asylverfahren mindestens 36 Monate dauert.

Die Studienautorin Louise Biddle bezweifelt, dass dies der öffentlichen Hand Kosten einspart. „Wir wissen aus anderen Studien: Werden Gesundheitsprobleme erst adressiert, wenn dies unerlässlich ist oder es sich um einen Notfall handelt, ist es meist teurer als eine frühzeitige Behandlung“, so Biddle. „Die Gesundheitsversorgung von Geflüchteten einzuschränken, wird die Kosten für Länder und Kommunen also nicht senken.“

Geflüchtete müssen Behandlungsschein beantragen

Einer weiteren, ebenfalls am Mittwoch vorgestellten DIW-Auswertung zufolge, gaben 82,2 Prozent aller Geflüchteten an, Hilfe bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen zu benötigen. Immerhin 74,5 Prozent haben diese nach eigenen Angaben erhalten.

Biddle kritisierte, dass bisher nur sechs Bundesländer die elektronische Gesundheitskarte (eGK) eingeführt haben. In den übrigen zehn müssen Geflüchtete einen Behandlungsschein beim Sozialamt beantragen. „Dies führt zu einem hohen Verwaltungsaufwand, verzögert die Behandlung und wird von Pa­ti­en­t*in­nen und Ärz­t*in­nen als belastend empfunden“, so Biddle. Hamburg etwa habe durch die eGK in jährlich rund 1,6 Millionen Euro einsparen können.

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