das wird: „Der Farmer ist das schwächste Glied in der Produktionskette“
In Bremen trifft sich zum 37. Mal die internationale Baumwollbranche
Interview Petra Schellen
taz: Frau Hortmeyer, wie wirkt sich der Klimawandel auf die Baumwollproduktion aus?
Elke Hortmeyer: Wenn es zu viel regnet, wird die Baumwolle grau oder kann gar nicht mehr geerntet werden. In der Türkei und in Griechenland ist das schon passiert. Auch in Pakistan gab es mal eine Riesenüberschwemmung. Da sind ganze Ernten zerstört worden, das war katastrophal für die Farmer.
Und wie gefährlich sind Dürren?
Baumwolle ist eigentlich eine Wüstenpflanze. Sie kann in der Halbwüste angebaut werden, auch in Israel zum Beispiel. Wenn Sie sichere Ernten wollen, brauchen Sie allerdings eine bestimmte Menge Regen, sonst müssen Sie bewässern. Der Klimawandel könnte dazu führen, dass in einst gemäßigten, sich erhitzenden Gegenden erstmals Baumwolle angebaut werden kann. Und dass der Anbau in Regionen mit zunehmenden Überschwemmungen brach liegt.
Lässt sich der wasserintensive Baumwollanbau überhaupt noch verantworten?
Es wird gern kolportiert, dass Baumwolle viel Wasser verbraucht, aber ich bezweifle das. Rund die Hälfte der weltweiten Baumwolle wird regenbewässert, etwa in den USA. In anderen Ländern wird Brackwasser genutzt. Manche Länder haben eine weit entwickelte, wassersparende Agrartechnik, andere nicht. Im Moment liegt der Wasserverbrauch pro Kilo Baumwolle bei rund 1.400 Litern.
Wie steht die Baumwollbörse zum Einsatz gesundheitsschädigender Pestizide? Erhalten erkrankte Farmer Kompensation?
In der Tat ist der Farmer das schwächste Glied in der Kette. Aber auch muss man fragen: Von welchem Land sprechen wir, und wer soll die Kompensation zahlen? Dazu müsste man mal einen Workshop veranstalten: Wo werden welche Pestizide eingesetzt? Was bedeutet das? Sollte man den Farmern verbieten, Pestizide einzusetzen? Dann misslingt vielleicht die Ernte, aber wir möchten das eben so.
Elke Hortmeyer*1969, leitet die Abteilung Kommunikation und internationale Beziehungen der Bremer Baumwollbörse.
Naja, aber das Pestizid Glyphosat etwa ist krebserregend.
Ja, es kann Krebs erzeugen, aber die Formulierung der Weltgesundheitsorganisation war da sehr schwammig. Und es gibt im Moment keine Alternative.
Bis zu 80 Prozent des Baumwoll-Saatguts weltweit sind heute genetisch verändert. Wie stehen Sie dazu, dass Saatgut-Monopolisten wie Monsanto Farmer in den Ruin treiben?
Wie die Preise verhandelt werden, weiß ich nicht.
Werden Sie dem Vertreter der Firma Bayer, Eigentümerin von Monsanto, auf Ihrer Tagung kritische Fragen stellen?
Wir freuen uns über jede kritische Debatte unter den Wissenschaftlern. Aber ich sehe keinen Sinn darin, die Firma Bayer oder die Firma BASF kritisch oder positiv zu betrachten.
37. Internationale Baumwolltagung: Mi–Fr, 20.–22. 3., Bremen, Haus der Bürgerschaft, Am Markt 20.
https://cotton-conference-bremen.de
Und wird der chinesische Referent angesprochen auf die Rolle uigurischen Zwangsarbeiter bei der Ernte?
Ich bezweifle, dass wir auf diese Frage eine Antwort bekommen würden. Aber klar ist: Wir verurteilen Zwangsarbeit.
Setzt die Baumwollwirtschaft dies auch um?
Es gibt viele Marken und Einzelhändler, die keine chinesische Baumwolle mehr anbieten.
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