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Streit um LegalisierungCann-noch-a-bissl dauern

Das Cannabisgesetz sei ein Bürokratiemonster, sagen zumindest die Justizministerien der Länder und wollen es im Bundesrat aufhalten. Was dran ist.

Erstes Erntefest mit Testpflanzen beim Cannabis Social Club Hamburg im September 2023 Foto: Georg Wendt/dpa

Das Cannabisgesetz tritt eventuell doch nicht wie geplant am 1. April in Kraft. Damit werde ein „Bürokratiemonster“ erschaffen, das die Justiz massiv überlasten werde, warnen die Justizministerien der Länder und wollen das Gesetz über den Bundesrat aufschieben. Ist die Lage wirklich so schlimm?

Richtig ist:

Die von der Bundesregierung geplante Cannabislegalisierung soll auch rückwirkend gelten, das sei eine Frage der Gerechtigkeit begründet Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Amnestieregelung. Daher muss die Justiz bisherige Straffälle prüfen und manche Strafen zurückziehen, mildern oder bei einer Kombination von Straftaten eine neue Gesamtstrafe festlegen. Dabei geht es um nicht vollstreckte Fälle, bei denen die Haft- oder Geldstrafe noch nicht angetreten oder fertig abgesessen wurde.

Bei den Haftentlassungen rechnet die Regierung mit maximal 7.500 Prüffällen. Der Deutsche Richterbund geht von insgesamt 100.000 zu überprüfenden Akten aus. Die Amnestieregelung wird auf Landesebene über Parteigrenzen hinweg kritisch gesehen.

Die Berliner Staatsanwaltschaft rechnet für ihren Bereich mit rund 3.500 zu überprüfenden Verfahren. Der Justizminister aus Nordrhein-Westfalen sogar mit mindestens 60.000. Das könnte ihrer Rechnung nach Monate dauern und viel Personal binden. Wenn das Gesetz wie geplant Anfang April käme, stelle das die Thüringer Staatsanwaltschaft „vor kaum lösbare Probleme“, sagte auch der Erfurter Oberstaatsanwalt Hannes Grünseisen.

Allerdings kommt das Gesetz nicht über Nacht. Der Aufwand für die Justiz sei vorhersehbar gewesen, sagen der Cannabis Social Club und die Neue Richtervereinigung. „Es wäre also möglich – und geboten – gewesen, Vorkehrungen für den Gesetzeserlass zu treffen“, erklärt Letztere. Verschiedene Staatsanwaltschaften haben bereits im November 2023 begonnen, die entsprechenden Fälle zu prüfen. So glauben etwa Hessen und Hamburg, den Stichtag einhalten zu können, auch wenn es ein enormer Kraftaufwand gewesen sei.

Kompliziert, wenn Straftaten zusammenfallen

Dass die Funktionsfähigkeit der Justiz in Gefahr sei, hält Simon Pschorr, Staatsanwalt in der Neuen Richtervereinigung, für abwegig. Staats­an­wäl­t*in­nen müssten ohnehin, bevor sie einen Verurteilten auffordern, seine Strafe anzutreten, prüfen, ob Vollstreckungshindernisse bestünden. Oft ließe sich die Strafe leicht anpassen. Kompliziert wird es, wenn verschiedene Straftaten gemeinsam verurteilt wurden. Zum Beispiel, wenn bei einem Diebstahl beim Tatverdächtigen auch Cannabis gefunden wurde.

Und ein bisschen hätte sich die deutsche Justiz das selbst eingebrockt, wäre sie schon digitalisiert, „wären vollstreckungsfähige Urteile durch Textverarbeitungssoftware automatisch durchsuchbar“, kritisiert Pschorr im Interview im Spiegel.

Auf der anderen Seite sollte die Justiz entlastet werden. Die Bundesregierung rechnet mit weniger Cannabis-Verfahren und dadurch einem Einsparpotenzial bei den Gerichten von rund 225 Millionen Euro jährlich. In Deutschland fallen mehr als die Hälfte, 2022 etwa 60 Prozent, der Rauschgiftdelikte auf Cannabis zurück.

Ob Cannabis ab 1. April legal sein wird? Sowohl aus dem Justiz-, Gesundheits- und Innenausschuss des Bundesrates werden Änderungsempfehlungen für die Abstimmung am 22. März eingereicht. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses ist zunehmend wahrscheinlicher.

Um noch einen zeitigen Gesetzesstart zu ermöglichen und einen Vermittlungsausschuss zu verhindern, erwägt nun das Bundesjustizministerium eine Verzögerung der Amnestieregelung um sechs Monate für Fälle, die bisher strafbar, aber künftig erlaubt sind. Vielleicht einen Kompromiss.

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7 Kommentare

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  • Irgendwie ist das leider wie mit allem, was die letzten zwei Jahre von der Ampel kam. Immer mehr schlecht als recht oder nur schlecht. Echt schade wenn man weiss, wie viel Zeit und Geld die Ausarbeitung solcher Gesetze immer kosten.

    • @Micha.Khn:

      Wer da, außer bei CxU blockierte und "Bedenken" äußert/e, waren die Länderregierungen mit SPD-Beteiligung.



      Z.B. gibts hier in Thüringen keine "geringe Menge", d.h. wegen jedem gefundenen Krümel gibts ne Strafanzeige.



      Das ist so im Gesamten irgendwann einfach nur Sturheit, welche im Übrigen einen gescheiten Jugendschutz mit ner echten "Konkurrenz" zum ungeregelten und -besteuerten! Markt durch lizenzierten Verkauf für die nächsten 5-irgendwann Jahre verhindert.

      • @Hugo:

        Über den Unsinn einer Strafverfolgung wegen Gras müssen wir nicht diskutieren, klar.



        Es geht mir darum, dass die vorgeschlagenen Regelungen einfach nicht zu Ende gedacht sind und somit auch genügend Angriffsfäche für die Blockierer bieten. Bestimmt gut gemeint von Karl, aber schlecht umgesetzt.

        • @Micha.Khn:

          Wenn die Blockierer ned wären, gäbs die komische EU-Verordnung nimmer und D würde die UN-Resolution, die federführend von us-amerikanischen (rassistischen) Prohibitionisten vor 60 Jahren durchgedrückt wurde, ignorieren. Egal wie, alles was die Ampel noch an halbwegs progressiven Dingen durchdrücken kann, soll sie bitte machen, danach wirds wieder ein sehr dunkler M(a)erz.

  • Das verstehe ich jetzt nicht. Üblicherweise sehen Gesetze Übergangsfristen vor, die den Adressaten Zeit zur Umsetzung geben. Das ist hier offenbar unterblieben. Jetzt der Justiz vorzuhalten, sie hätte schon vor der Verabschiedung mit der Umsetzung beginnen können, ist abwegig. Was im Gesetz steht, weiß man verlässlich erst, wenn das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist. Die Schuld den Betroffenen in die Schuhe schieben, finde ich unredlich.

  • Die einen fahren Traktoren.



    Die anderen tragen Dreschflegel und Mistforke...

  • Das jetzt ausgerechnet diejenigen, die Jahrelang für die Bestrafung (von vergleichsweise besonders harmlosen Delikten) Zuständigen Personen in Justiz und Ermittlungsbehörden die größten Zweifel an der Umsetzbarkeit der überfälligen Legalisierung hegen, läßt nicht unbedingt auf rationale Gründe schließen.

    Es drängt sich schon eher der Verdacht auf, dass es diesem Personenkreis besonders schwer fällt anzuerkennen, dass die Arbeit die sie Jahrzehnte lang geleistet haben, mit dem geplanten Gesetz ein Stück weit entwertet wird - ein durchaus bekanntes psychologisches Phänomen..

    Nur spricht sich mittlerweile die Mehrheit der Bevölkerung und 2/3 der Bundestagsabgeordneten für die Legalisierung aus.

    Da kann es doch nicht sein, daß es diesen Beamten nicht gelingen soll, dies auch umzusetzen. Das würde ja schon an eine "Palastrevolte" grenzen.

    Das ganze zu verschleppen ist jedenfalls definitiv keine Lösung. Ich hoffe die Zauderer finden einen besseren Weg ihre "Wehwehchen" zu meistern.

    Denn wie heißt ein dt. Sprichwort: "was Du heute kannst besorgen..das verschiebe nicht auf morgen"...