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Klage wegen Ungarn-HilfenRingen um Geld und Rechtsstaat

Das EU-Parlament verklagt die Kommission wegen der Freigabe von Geldern für Ungarn. Für Chefin von der Leyen und die EVP kommt die Klage zur Unzeit.

Hat eine Klage am Hals: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Foto: Liesa Johannssen/reuters

Brüssel taz | Zwischen dem EU-Parlament und der EU-Kommission ist ein Machtkampf um Rechtsstaat und Geld entbrannt. Das Parlament verklagt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihre Brüsseler Behörde wegen der Freigabe von Fördergeldern für Ungarn. Bereits am Montagabend hatte der Rechtsausschuss des Parlaments mit großer Mehrheit für die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gestimmt. Am Donnerstag willigte auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ein.

Die größte Parlamentsfraktion, die konservative EVP, stellte sich der Klage nicht entgegen. Dabei kommt der Rechtsstreit aus EVP-Sicht zur Unzeit. Schließlich hatten die Konservativen von der Leyen erst zur Spitzenkandidatin für die Europawahl nominiert. EVP-Chef Manfred Weber (CSU) lobte ihre Bilanz – auch beim Ringen um den Rechtsstaat in Ungarn, Polen und anderen EU-Ländern.

Und nun das: Die Klage vor dem höchsten EU-Gericht. Das Parlament hatte 2021 zwar schon einmal gegen von der Leyen geklagt – wegen Untätigkeit. Das Parlament zog die Klage jedoch zurück, nachdem die Behörde 2022 begann, die neuen Rechtsstaatsregeln gegen Ungarn zu nutzen. Diesmal geht es um 10 Milliarden Euro, die von der Leyen nach diesen Regeln erst eingefroren und nur einen Tag vor dem EU-Gipfel im Dezember aber freigegeben hatte. Beim EU-Gipfel machte Ungarns Regierungschef Viktor Orbán dann überraschend den Weg zum Start von EU-Beitrittsgesprächen für die Ukraine frei. Von der Leyen habe sich von Orbán „erpressen“ lassen, heißt es.

Erfolgsaussichten für Klage sind mau

Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass sie in voller Übereinstimmung mit dem EU-Recht gehandelt habe, sagte ein Sprecher. „Ungarn hatte alle von der Kommission geforderten Beweise für die Unabhängigkeit der ungarischen Justiz vorgelegt.“ Allerdings ließ sich dies bisher nicht überprüfen. Nun kommen alle Fakten auf den Tisch – wenn auch erst nach der Europawahl im Juni. Denn das EU-Gericht dürfte frühestens 2025 über den Präzedenzfall beraten. Die Erfolgsaussichten sind aber eher mager. Es werde schwer zu beweisen sein, dass die Kommission Fehler gemacht habe, heißt es in einem Rechtsgutachten, das das EU-Parlament angefordert hatte.

Aber: Es geht nicht nur um Ungarn, sondern um die Frage, wie groß der Ermessensspielraum der Kommission ist und welchen Einfluss das Europaparlament auf das EU-Budget hat. Es darf zwar über den Sieben-Jahres-Haushalt mitbestimmen und die laufenden Jahresbudgets aushandeln. Die Auszahlung der Fördermittel liegt jedoch bei der Kommission. Nicht nur in Ungarn sind EU-Gelder eingefroren, sondern auch in Polen.

Von der Leyen hatte angekündigt, mehr als 100 Milliarden Euro freigeben zu wollen, die unter der ehemaligen, EU-kritischen PiS-Regierung blockiert worden waren. In Warschau regiert jetzt der pro­europäische Donald Tusk. Er will den Rechtsstaat wieder an die EU-Standards anpassen.

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