Deutsche Position im EU-Rat: Lieferkettengesetz weiter wackelig
FDP-Minister blockieren die geplante Zustimmung zum Lieferkettengesetz im EU-Rat. SPD-Abgeordnete sind erzürnt.
Dies „widerspräche den Gepflogenheiten der seriösen Zusammenarbeit innerhalb einer Bundesregierung, einer Koalition und im Rat der Europäischen Union“, heißt es in einem internen Brief SPD-Abgeordneter an die Minister, welcher der taz vorliegt.
Die EU-Richtlinie soll Unternehmen zu Überprüfung von Menschenrechts- und Umweltstandards entlang der Lieferkette verpflichten. Sie würde über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen, etwas mehr Unternehmen betreffen und beispielsweise eine zivilrechtliche Haftung verankern.
Das Justizministerium unter Buschmann habe die Verhandlungspositionen der Bundesregierung zur EU-Version bislang mitgetragen, kritisieren die SPD-Abgeordneten. Nach zähen Verhandlungen konnten sich das Europäische Parlament, die Kommission und der Rat, der die Mitgliedstaaten vertritt, im Dezember auf eine Richtlinie einigen.
Enthaltung Deutschlands könnte Mehrheit ins Wanken bringen
Mit dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen gilt die Zustimmung im Parlament und Rat als Formsache. Das Umlenken der FDP-Minister in letzter Minute kam für die Koalitionspartner deshalb überraschend.
Die finale Abstimmung im Rat ist für Freitag angesetzt. Eine Enthaltung Deutschlands könnte die nötige Mehrheit ins Wanken bringen. Die SPD-Abgeordneten werfen der FDP zudem vor, auch bei anderen europäischen Staaten für eine Ablehnung der Lieferkettenrichtlinie zu werben. Bislang haben wohl auch einige andere EU-Staaten Enthaltung oder Ablehnung angekündigt.
Die FDP kritisiert vor allem den bürokratischen Aufwand für Unternehmen und die zivilrechtliche Haftung. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte vergangene Woche neue Vorschläge vorgelegt, um bürokratische Lasten abzubauen.
Die Richtlinie findet breite Unterstützung auch aus liberalen und konservativen Fraktionen im Europaparlament und bei vielen deutschen Unternehmen, die sich Wettbewerbsgleichheit wünschen. Besonders deutsche Wirtschaftsverbände hatten sich hingegen von Anfang an gegen gesetzliche Unternehmenspflichten gestellt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an