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Sauna vor dem BundestagSchwitzen gegen Vorurteile

Mit Sweat-In protestieren Ak­ti­vis­t*in­nen für die Rechte von Transpersonen. Und gegen den „Misstrauensparagrafen“ im Selbstbestimmungsgesetz.

Mine Pleasure Bouvar (li.) und Lola waren die Ersten in der Sauna Foto: Marie Frank

Berlin taz | Es weht ein Hauch von Gemütlichkeit am Freitag vor dem Bundestag: Zwischen dick eingepackten Be­su­che­r*in­nen­grup­pen steht eine alte, blau angemalte Sauna, deren Rauchschwaden den Geruch von verbranntem Holz verbreiten. Zwei Transfrauen kommen heraus und posieren vor der Presse. In kleinen Duschzelten ziehen sich bereits die nächsten um, nach dem Schwitzen wartet hinter einem Sichtschutz ein Eimer Wasser und mehrere Gießkannen zur Erfrischung auf sie. Auch für Verpflegung ist gesorgt, es gibt Bananen, Müsliriegel, Wasser und sogar Gesichtsmasken.

Die Sauna vor dem Bundestag ist jedoch nicht etwa als Wellness-Oase für die Abgeordneten gedacht. Die sollen hier nicht nur im wörtlichen Sinn ins Schwitzen kommen. „Wir wollen Politiker*innen, die Angst haben, uns in der Sauna zu begegnen, dorthin einladen, um mit uns ins Gespräch zu kommen“, sagt Mine Pleasure Bouvar der taz. Gemeinsam mit ihrer Mitstreiterin Lola war sie zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in einer Schwitzhütte. „Wenn es immer so wäre wie heute, würde ich öfter gehen, aber sie wollen mich ja ausschließen“, sagt die Transfrau Lola.

Wir wollen Politiker*innen, die Angst haben, uns in der Sauna zu begegnen, dorthin einladen, um mit uns ins Gespräch zu kommen,

Mine Pleasure Bouvar

Genau darüber wollen sie mit den Abgeordneten reden. Denn laut dem aktuellen Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes können Be­trei­be­r*in­nen von Frauensaunen Transfrauen den Zutritt verwehren. Kritik daran kommt auch von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Erwartungen anderer, wie eine Frau oder ein Mann auszusehen habe, dürften kein Grund sein, andere zu benachteiligen, heißt es in einer Stellungnahme. Der aktuelle Entwurf bestärke daher Vorurteile und schränke die Selbstbestimmung von trans-, inter- und nichtbinären Menschen ein statt sie zu stärken.

Dabei sollte das Selbstbestimmungsgesetz die Stigmatisierung und Demütigung aus dem Transsexuellengesetz (TSG), das vom Bundesverfassungsgericht schon vor 40 Jahren als teilweise verfassungswidrig beurteilt wurde und für dessen Abschaffung Ak­ti­vis­t*in­nen seit vielen Jahren kämpfen, eigentlich beenden.

So soll es in Zukunft leichter sein, seinen Geschlechtseintrag und Vornamen zu ändern. Statt der bislang vorgeschriebenen Einreichung von zwei psychologischen Gutachten, die von Betroffenen als langwierig, teuer und entwürdigend kritisiert wurden, soll künftig eine einfache Erklärung beim Standesamt ausreichen.

Ängste wurden geschürt und Misstrauen gesät

Doch im Laufe des Gesetzgebungsprozesses kamen immer mehr Einschränkungen dazu. Horrorszenarien – wie die von Horden von „Männern“, die in Frauenschutzräume wie Saunen eindringen – wurden an die Wand gemalt. Und immer mehr „Misstrauensparagrafen“ hinzugefügt.

So sollen etwa Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, Bundespolizei und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über den geänderten Eintrag im Personenstandsregister informiert werden, damit Straf­tä­te­r*in­nen die neuen Regeln nicht missbrauchen können, um ihre Identität zu verschleiern.

Paragrafen wie diese seien eine „klirrende Ohrfeige für trans*, inter und nicht-binäre Personen“ und führten zu noch mehr Diskriminierungen und Ausschlüssen, heißt es in einer Petition eines Bündnisses aus über 350 Frauenhäusern, Verbänden und Fe­mi­nis­t*in­nen, das sich für eine Überabeitung des Gesetzesentwurfs und eine Streichung der Misstrauensparagrafen einsetzt.

„Im Gesetzgebungsprozess wurden Verbände zwar angehört, aber nicht gehört“, kritisiert auch Aktivistin Lola am Freitag vor dem Bundestag. „Ihre Kritik wurde nicht aufgenommen, stattdessen ist der Entwurf mit jedem Schritt schlimmer geworden.“ Noch sei Zeit, die diskriminierenden Passagen in dem Entwurf zu streichen.

Alternativer Gesetzentwurf

Das Bündnis Selbstbestimmung Selbst Gemacht hat daher einen alternativen Gesetzesentwurf erarbeitet, der unter anderem niedrigere Altersgrenzen sowie einen Entschädigungsfonds für Opfer des Transsexuellengesetzes vorsieht und über den sie am Freitag mit politisch Verantwortlichen in der Sauna sprechen wollen.

„Die Idee ist, gemeinsam zu schwitzen und zu reden“, sagt Mine Pleasure Bouvar. So hätten sich Po­li­ti­ke­r*in­nen der Linken, der Grünen und der SPD angekündigt – wobei die Grünen dann doch keine Zeit hatten und die So­zi­al­de­mo­kra­t*in­nen lieber nicht in die Sauna wollten.

Dabei geht es genau darum. „Sie sagen, wir Transfrauen sind eine Gefahr für Frauenschutzräume. Wir wollen ihnen zeigen, dass es möglich ist, in der Sauna in Frieden mit allen gemeinsam zu schwitzen“, sagt Cleo vom Bündnis, bevor sie mit ihrer selbstgemachten Aufgussmischung in der Sauna verschwindet.

Mittlerweile haben sich vor dem Sauna-Wagen rund 30 Menschen angesammelt, aus Lautsprecherboxen tönt Pop-Musik. „Transrechte sind Menschenrechte“, steht auf einem Banner, das an der Sauna angebracht ist. „Es geht um mehr als nur die Sauna“, sagt Lola. „Es geht um unsere Selbstbestimmung.“

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2 Kommentare

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  • coole Aktion, hätte gerne mitgeschwitzt..

    aber: es handelt sich mal wieder um eine typische Blasenhaltung. Natürlich ist es überhaupt kein Problem für aufgeklärte Großstädter gemeinsam mit Transpersonen im FLINTA-Kontext zu schwitzen.

    Es gibt aber auch andere Bubbles. Und da ist, soviel Klartext muss sein, ein Penis in der Frauensauna ein Tabu, egal woran der hängt.

    Ob man dafür ein Gesetz braucht, sei dahingestellt. Zumindest sollte man aber Menschen ohne Penis das Recht auf ein Penis-ausschließendes Saunieren zugestehen. Alles klar?

  • Verstehe dass Konzept nicht ganz. Wenn "Politiker*innen" eingeladen sind ist es ja eben keine Frauensauna, sondern eine gemischte Sauna und da dürfen Transpersonen doch sowieso rein, selbst wenn kein Selbstbestimmungsgesetz, egal in welcher Form, kommen würde...