Kulturkampf in Neukölln: Wer spielt denn da mit den Hütchen?
Neuköllns Bezirksverordnete streiten über das Aus für den Verein Berlin Mondiale am Dammweg. Vorwürfe politischer Motivation stehen im Raum.
Berlin Mondiale hatte das Areal seit 2021 für Nachbarschaftsarbeit mit Jugendlichen zwischengenutzt. Im November 2023 beschloss die BVV, dass Mondiale das Gelände 2024 weiterhin nutzen könne – im Dezember mussten sie trotzdem die Schlüssel abgeben. Stattdessen rief der Bezirk das Projekt „Zukunftskiez“ ins Leben. Warum, ist unklar.
Dass die SPD politische Beweggründe haben könnte, legt ein Schreiben des Kulturamts an das Rechtsamt vom Oktober 2022 nahe, in dem Berlin Mondiale vorgeworfen wird, politischen Lobbyismus zu betreiben. „Ich schicke gleich mal eine Mail zum Verständnis – das wird sonst Karlgartenstraße 2.0 – jedoch mit viel mehr Verbindungen zu den Grünen“, heißt es darin. In dem Nachbarschaftshaus in der Karlsgartenstraße 6 hatte der Pächter auch Initiativen ohne einen Vertrag mit dem Bezirksamt die Nutzung erlaubt.
Aus Quellen, die der taz vorliegen, geht hervor, dass die „Mail zum Verständnis“ die Einladung von Berlin Mondiale zu einer Bustour enthielt, bei der sie politischen Vertreter*innen ihre Projekte vorstellte. Diese Tour sei ein Beispiel für „fehlende Transparenz und das Spiel mit Hütchen“, so das Kulturamt.
Am Mittwochabend muss sich Korte daher der Frage parteipolitischer Motivation in der Zusammenarbeit mit freien Trägern stellen. Sie „bedauere diese E-Mail außerordentlich“, sagt sie im Plenum. Politische Wertungen gehörten „natürlich nicht“ in den Schriftverkehr. Sie gehe jedoch davon aus, dass ihren Mitarbeiter*innen ihre Neutralitätspflicht bewusst sei.
Kunst und Kultur bluten aus
Die Mail sei unter dem Eindruck der Vorgänge um die Karlsgartenstraße geschrieben worden, so Korte: „Die Intention bestand nur darin, auf einen möglichen politischen Missstand hinzuweisen.“ Zudem habe die Arbeit von Mondiale unbestreitbar eine „politische Komponente“. Selbst Projektleiterin Sabine Kroner habe Kontakt zu bezirklichen Akteur*innen, auch auf politischer Ebene, bestätigt.
Kroner sagt dazu, es gebe schließlich den Auftrag vom Land Berlin, die Tätigkeiten des Vereines offenzulegen. Von „Transparenz zivilgesellschaftlicher Organisationen“, spricht auch Susann Worschech (Grüne): „Wer spielt da bitte mit welchem Hütchen?“ Werde eine Bustour als mangelnde Transparenz interpretiert, sei das ein Beleg, dass die SPD nicht verstehe, wie Kultur funktioniere.
Es gebe ein „problematisches Ausbluten von Kunst und Kultur im Bezirk“, so Worschech. Das Puppentheatermuseum, die Karlsgartenstraße, Young Arts und das Kinderopernhaus seien in ihrer Existenz bedroht: „Machen wir uns nichts vor, die Verlierer sind die Kinder und Jugendlichen in den Siedlungen und die, die mit eigener Kraft all das aufgebaut haben.“
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