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Probleme mit E-Autos im WinterE-Autos nur eine Schönwettertechnik?

Stehende Busse in Oslo, Supercharger ohne Strom in Chicago: Bei Frost verbrauchen Batteriefahrzeuge mehr Energie, das Laden dauert oft länger.

Kälte setzt auch E-Autos zu: Volvo lädt auf in Tigard im US-Bundesstaat Oregon Foto: Jenny Kane/ap

Berlin taz | In Chicago fallen bei tiefstem Frost einige Ladesäulen von Tesla aus, in Norwegens Hauptstadt Oslo reduziert Winterkälte von minus 20 Grad die Reichweiten der 250 städtischen Elektrobusse – einige bleiben liegen. Öko-Kritiker triumphieren, die FAZ beschreibt die E-Mobilität als eine „Schönwettertechnik, die nur unter Idealbedingungen Freiheit garantiert“. Tatsächlich kommt alles, was mobil ist, bei Winterwetter ins Rutschen, auch Verbrenner-Fahrzeuge. Deshalb entstand einst der legendäre Slogan der Bahn: „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“.

Die Vorfälle mit den Superchargern in den USA sind offenbar Kinderkrankheiten der E-Mobilität, die jedoch zu bewältigen sind. Denn rein physikalisch, darauf weist EnBW als großer Betreiber von Ladeparks hin, sei Kälte bei Schnellladern sogar von Vorteil, weil die Kabel aufgrund der hohen Ladeströme stets aufwendig gekühlt werden müssten.

Gleichwohl zieht sich der Ladevorgang bei kühlen Temperaturen oft in die Länge. „Im Winter dauert das Laden an unseren Stationen im Mittel zehn Prozent länger als im Sommer“, sagt ein EnBW-Sprecher. Das aber liegt nicht an den Ladesäulen, sondern an den Fahrzeugen. Deren Batteriemanagementsystem reduziert nämlich die Ladeleistung, bis die Batterie auf eine ausreichend hohe Temperatur aufgeheizt wurde. Würde bei niedrigen Temperaturen zu schnell geladen, würde das die Zellen schädigen.

Aus diesem Grund werden die Akkus nur in einem Temperaturfenster etwa zwischen 15 und 35 Grad mit maximaler Leistung geladen. Die optimale Ladetemperatur der Batterie variiert etwas, abhängig vom Typ – denn auch bei Lithium-Ionen-Akkus gibt es Varianten der Zellchemie. Da die Ladedauer bei Kälte von den Fahrzeugen und Nutzerverhalten abhängt, gibt es in der Praxis Unterschiede. Manche Ladevorgänge gingen bei Kälte genauso schnell vonstatten wie im Sommer, bei anderen schlage die Kälte umso mehr zu Buche, heißt es bei EnBW.

Batterie braucht „Wohlfühltemperatur“

Die Unterschiede ergeben sich vor allem aufgrund der Vorkonditionierung der Batterie. Konkret heißt das, dass diese erwärmt oder bei Bedarf auch gekühlt wird. Immer mehr Fahrzeugmodelle nehmen diese Vorkonditionierung heute bereits während der Fahrt vor. Das kann per Knopfdruck oder auch automatisch geschehen, wenn das Navigationssystem eine Schnellladestation ansteuert.

Wer jedoch sein E-Fahrzeug nach langem Stillstand bei Kälte zur Ladesäule bringt, muss auf die Vorkonditionierung warten – und das dauert. Da die Batterie während längerer Fahrt ohnehin erwärmt wird, sei es „effektiver, eine Ladung mit hoher Leistung abends nach der Fahrt als morgens vor der Fahrt vorzunehmen“, erklärt dazu der ADAC.

Nicht nur das Laden dauert bei Kälte länger, auch der Energieverbrauch des Stromers nimmt deutlich zu – zumindest so lange, bis die Batterie ihre „Wohlfühltemperatur“ erreicht hat. Wenn es draußen knackig kalt ist, schnellt speziell auf Kurzstrecken der Verbrauch in die Höhe – das Pro­blem der norwegischen E-Busse. Der ADAC ermittelte im Praxistest für 23 Kilometer Fahrt bei minus sieben Grad nach Start mit kaltem Akku je nach Fahrzeugmodell einen Mehrverbrauch zwischen 38 oder 107 Prozent. Im Durchschnitt aller getesteten Elektroautos ergab sich ein Mehrverbrauch von 70 Prozent. Das sei „kein Ruhmesblatt für die Autohersteller“, so der ADAC.

Fazit des Autoclubs: „Vermeiden Sie kurze Fahrten mit langen Standzeiten dazwischen, da der Innenraum und die Batterie abkühlen und immer wieder neu aufgeheizt werden müssen.“ Um dem Akku nicht zu viel Energie zu entziehen, sei es zudem ratsam – sofern möglich – das Auto und die Batterie vorzuheizen, wenn das Fahrzeug noch am Stromnetz hängt.

Auch Verbrenner brauchen bei Kälte mehr Sprit

Je länger die Fahrtstrecke ist, umso geringer wird der prozentuale Mehrverbrauch. Im Praxistest mit mehreren Fahrzeugen, die ganzjährig im Dauereinsatz auf öffentlichen Straßen unterwegs waren, hätten diese im Winter 25 bis 31 Prozent mehr verbraucht als im Sommer, so der ADAC.

Der Automobilclub weist zugleich darauf hin, dass auch Verbrenner im Winter mehr Sprit verbrauchen – Benziner im Mittel 15 Prozent zusätzlich, Diesel 24 Prozent. Strenger Frost ist für Dieselfahrzeuge ohnehin kritisch.

Ein wichtiges Thema bei E-Autos ist ferner der Stromverbrauch im Stau bei Kälte, wenn Innenraum und Batterie weiter auf Temperatur gehalten werden müssen. Der ADAC schätzt bei Temperaturen zwischen minus 9 und minus 14 Grad den Leistungsbedarf beim VW E-up im Schnitt auf rund zwei Kilowatt, beim Renault Zoe auf drei Kilowatt. Damit reiche die Batterie der Fahrzeuge für rund 15 bis 17 Stunden Stillstand.

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16 Kommentare

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  • Als Eigentümer einer Wohnung ohne Stellplatz oder Garage kann ich daheim nicht laden, am Arbeitsplatz scheiterte die Errichtung einer Ladestation am Veto des Netzbetreibers, da das die Leitungen nicht hergeben. Ein zu meinen Arbeitszeiten passender ÖPNV existiert schlicht und ergreifend nicht.

    Kommt hinzu: Für Leute wie meinen Mutter, die auf dem Land auf ein Auto nicht verzichten kann, das aber nur für Einkäufe und Arztbesuche nutzt, ist ein E-Auto ökologischer Unsinn, da es nie die Kilometerleistung erreichen würde, um den produktionsbedingten energetischen Rucksack, den es im Vergleich zum Verbrenner hat, einzuspielen.

    E-Autos können gut und sinnvoll sein - sind aber längst nicht für jeden Anwender praktikabel oder sinnvoll.

  • Danke. Sehr informativer Artikel.

  • „Vermeiden Sie kurze Fahrten mit langen Standzeiten dazwischen, da der Innenraum und die Batterie abkühlen und immer wieder neu aufgeheizt werden müssen.“



    ---



    Na ja, gerade e-Autos sollten doch den Verbrenner bei den kurzen täglichen Fahrten zw. Wohnung & Arbeit ersetzen!



    Ob da der ÖPNV nicht doch vorzuziehen ist! :-)



    Btw. Wer logisch denkt. dem sollte mMn. klar werden, das "auf den eigenen PKW gestützter Individualverkehr" auf Dauer nicht mehr passt! Ein komplexere Umstieg nötig ist, als nur den Verbrenner gegen Akku & e-Motor zu tauschen!



    2-3t Verpackung & Ressourcen für viel Geld zu kaufen, um 80Kg Nutzlast p.A. 15.000Km weit zu transportieren, also ca 30 km/Tag ist nicht nur unwritschaftlicg, sondern auch nicht mehr zeitgemäß!



    Ein e-Auto hat mMn. noch eine Lücke im Verkehrsmix, als Zubringer, Verteiler, auf Kurzstrecke in der Fläche, aber sonst....?

    • @Sikasuu:

      Nee, duese Aussage ist einfach unsinn. Das Elektroauto ist voll alltagstauglich. Auch im Winter. Das ssgf ich sls jemand, der selbst Elektroauto fährt.

      • @Joe Blue:

        Werter Joe Blue. Sie haben Sikasuu mißverstanden. Sikasuu hat sehr zu recht angemerkt, dass die Idee, die derzeit scheinbar in den Automobilen Köpfen in Deutschland festsitzt, einfach 1:1 Verbrenner durch E-Autos zu ersetzen höchstens die zweitbeste Lösung ist. Das Kernproblem ist unsere Fokussierung auf den Individualverkehr und die sträfliche Vernachlässigung über zig Jahre von alternativen Verkehrskonzepten. Das fällt uns jetzt schmerzhaft auf die Füße.

        • @Herr Beeblebrox:

          Lieber Beeblebrox,



          Danke für diese Unterstützung aber "Missverstanden zu werden" bin ich gewohnt! Ich schreib zu kompliziert!



          .



          Mal in einfacher Sprache!



          Verbrenner muss weg!



          e-Auto her löst kein Problem!



          Die Straßen bleiben voll!



          e-Autos kosten zu viel!



          Nicht nur Euro, auch Material, Platz & Strom!l



          e-Auto für Hin-, Rückfahrt zu Bus, Bahn, auf dem Land richtig!



          Um 1.000Km in Urlaub fahren sind e-Autos falsch!



          Die wiegen dann ganz viel!



          Lies oben noch mal!



          .



          Ich hoffe das jetzt so einfach geschrieben zu haben, das das niemand mehr missversteht! :-)



          Ganz lieben Gr., Sikasuu

  • ADAC konnte noch nie rechnen. Mein Elektroauto benötigt auf Kurzstrecken im Winter etwas mehr Strom? So what, ich fahre auch im Winter nur 40 km am Tag. Wie die meisten Deutschen. Und auf Langstrecke wird der Akku warm, deswegen sinds da max. 10% an Reichweitenverlust. Ich war zuletzt im Winter 1600 km kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Gar kein Problem. Das Elektroauto ist voll alltagstauglich und günstiger als ein Stinkverbrenner. Dazu leiser und spassiger zu fahren. Für mich nur noch Elektro!

    • @Joe Blue:

      Was ist das für ein Modell, wie ist die Reichweite im Winter?

      • @Axel Schäfer:

        unabhängig vom Modell ist die Reichweite bei batterieelektrischen Fahrzeugen in einem normalen Winter etwa 33% geringer, wenn es nicht in einer Garage parkt.

  • Mal wieder ein Problem, das längst gelöst ist. Zumindest bei LiFePo4 Batterien. Die werden in "Polar" Ausführung gefertigt, bei denen sich ab einer bestimmten Temp. eine Heizung über das BMS einschaltet.... Für den Elon vielleicht zu teuer???

  • Man braucht E-Autos derzeit nicht schön schreiben. Sie haben noch deutliche Probleme, auch sind sie in der Herstellung absolut nicht klimaneutral und zudem teuer. Ich warte mit einem Kauf bis die derzeitigen Probleme, auch was die Ladesäuleninfrastruktur anbelangt und der Preis zum Großteil vernünftig gelöst sind. Mein Verbrenner ist auch bei kalten Temperaturen sehr zuverlässig, warum sollte ich umsteigen.

  • Als eAuto-Fahrer kann ich rundum bestätigen, dass das eAuto noch lange nicht die Verbrenner auch nur annähernd ersetzt. Neben den Problemen die so mancher Ladevorgang mit sich bringt, kommen natürlich die Ladezeiten, das Netz und die Reichweite hinzu. Außerdem ist die Produktion nun einmal deutlich umweltbelastender als die eines Verbrenners. Kurz: Jede eingesparte Fahrt entlastet die Umwelt, der Kauf eines eAuto bestimmt nicht.

    • @Frankenjunge:

      Als e-Auto Fahrer (seit sechs Jahren) kann ich rundum bestätigen, daß Ihr Kommentar schlicht falsche Tatsachen verbreitet. Die allermeisten Ladevorgänge passieren daheim, wi es selten Probleme gibt. Und über die Lebenszeit eines Fahrzeugs sind e-Autos deutlich weniger umweltschädlich als Verbrenner. Meins hat schon dafür gesorgt, daß 15 Kubikmeter Benzin nicht verbrannt wurden.

      • @Kahlschlagbauer:

        Meine Ladevorgang passieren zu 100% an öffentlichen Ladesäulen. Ganz einfach, weil ich in einem Mehrfamilienhaus wohne und es keinerlei Möglichkeiten gibt eine Wallbox zu installieren. Wir keine Parkplätze am Haus haben, keine Tiefgarage usw. So etwas soll es geben in einer Stadt. Und ja, es gibt sehr viele Menschen die so wohnen. Und sollen die jetzt Verbrenner oder nichts fahren? Und da sieht es halt schlecht bis katastrophal aus. Man könnte es einfacher und besser machen, wie in den Niederlanden zum Beispiel. Kurz: Es ist nicht einfach, aber viel schlechter.



        Zur Ökologie. Die vielen Berechnungen zur Umweltfreundlichkeit eines eAutos beruhen auf Annahmen. Es wird angenommen, dass der Strom z.B. 2030 nur noch mit einem geringen Anteil aus fossilen Trägern gewonnen wird. Es ist eine Annahme, mehr nicht. Ich nehme an, dass ich 2030 im Lotto gewinne ...

        • @Frankenjunge:

          "Die vielen Berechnungen zur Umweltfreundlichkeit eines e-Autos beruhen auf Annahmen."

          Das ist komplett falsch.

          Ordentliche Berechnungen gehen vom aktuellen Strommix aus. Bereits unter den aktuellen Bedingungen sind Elektroautos umweltfreundlicher.

          Zitat: "Bereits jetzt sind in allen untersuchten Märkten Elektroautos signifikant klimafreundlicher als Verbrenner. Am größten ist der Unterschied bei den Emissionen in der EU. Ein mittelgroßes Elektroauto erzeugt hier zwischen 66 und 69 Prozent CO2 und andere Treibhausgase als ein vergleichbarer Verbrenner. In den U.S.A. liegt die Differenz bei 60 bis 68 Prozent.

          Auch in Indien und China wo noch viele alte Kohlekraftwerke mit besonders hohen Emissionen betrieben werden, sind Elektroautos bereits sauberer als Verbrenner. In China erzeugen Elektroautos demnach 37 bis 45 weniger Emissionen, in Indien 19 bis 34 Prozent."

          Das war 2019

          Quelle:



          www.forschung-und-...fahrzeuge-13375216

          • @sociajizzm:

            Ich kenne die Berechnungen. Es sind Annahmen. Besonders die Aussagen, wie sich der Strommix entwickeln wird sind immer Annahmen.