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EU-Einigung bei der Ukraine-HilfeEuropa hat verstanden

Anastasia Magasowa
Kommentar von Anastasia Magasowa

Nach langen Querelen mit Ungarn sagt die EU der Ukraine nun 50 Milliarden Euro zu. Sie setzt damit ein Signal Richtung Moskau, unabhängig der USA.

Horlivka, Ukraine, 20. Januar: Ein Mann räumt Schutt aus einer durch Raketenbeschuss zerstörten Wohnung Foto: Alexander Ermochenko/reuters

V ernunft und Werte haben gewonnen. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben einstimmig beschlossen, der Ukraine zusätzliche 50 Milliarden Euro an Hilfsgeldern zur Verfügung zu stellen. Noch vor dem Sondergipfel des Europäischen Rates am Donnerstag war unklar, ob alle Mitgliedstaaten diese Entscheidung mittragen würden. Der ungarische Premierminister Viktor Orbán, der als wichtigster Freund Putins in der EU gilt, war strikt dagegen, stimmte aber schließlich doch dafür.

Offiziell sind die Details der Entscheidung noch nicht bekannt, aber es ist bereits klar, dass viele Kompromisse darin stecken. Berichten zufolge soll die Entscheidung nach zwei Jahren überprüft werden. Damit sind Orbáns Bedingungen teilweise erfüllt. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Hilfen von Orbán oder anderen kremlnahen Personen wieder als Druckmittel eingesetzt werden.

Das Hilfspaket ist für die „Ukraine Facility“ vorgesehen, die den Wiederaufbau unterstützen soll: 17 Milliarden direkter Hilfen und 33 Milliarden in Form von Krediten sollen in den nächsten vier Jahren fließen. Die Mittel kommen der Ukraine sehr gelegen. Da die wichtigste Quelle, die USA, aufgrund innenpolitischer Querelen vorübergehend versiegt ist, geht es um alles. Sowohl für die Ukraine, als auch für die EU-Länder.

Trotz interner Spannungen war die EU in der Lage, eine Führungsrolle zu übernehmen. Die Einigkeit und Entschlossenheit der westlichen Länder macht Putin zu schaffen, weshalb er sich immer wieder Partner sucht, die dieses Gleichgewicht stören.

Die 50-Milliarden-Hilfe für die Ukraine ist weit mehr als die Rettung der Wirtschaft eines Landes, das gegen einen mächtigen und brutalen Aggressor kämpft. Sie ist vielmehr ein klares Signal, dass Europa versteht, was auf dem Spiel steht.

Je länger die Ukraine Russland widerstehen kann, desto länger wird in den EU-Ländern kein Morgen mit den Explosionen russischer Raketen am Himmel beginnen.

Die Bedrohung, die von Russland ausgeht, ist real, auch wenn sie manchem im Moment absurd erscheinen mag. Ebenso absurd klangen für manche in der Ukraine die Warnungen vor einer groß angelegten russischen Invasion. Doch der Morgen des 24. Februar 2022 änderte alles. Aus der Absurdität wurde Realität. Je länger die Ukraine dank der Unterstützung ihrer westlichen Partner Russland widerstehen kann, desto länger wird in den EU-Ländern kein Morgen mit den Explosionen russischer Raketen am Himmel beginnen.

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Anastasia Magasowa
Anastasia Rodi (Magazova) ist 1989 auf der Krim (Ukraine) geboren. Studium der ukrainischen Philologie sowie Journalismus in Simferopol (Ukraine). Seit 2013 freie Autorin für die taz. Von 2015 bis 2018 war sie Korrespondentin der Deutschen Welle (DW). Absolventin des Ostkurses 2014 und des Ostkurses plus 2018 des ifp in München. Als Marion-Gräfin-Dönhoff-Stipendiatin 2016 Praktikum beim Flensburger Tageblatt. Stipendiatin des Europäischen Journalisten-Fellowships der FU Berlin (2019-2020) in Berlin. 2023 schloss sie ihr Studium am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin ab. Sie hat einen Master of Arts (Politikwissenschaft). Als Journalistin interessiert sie sich besonders für die Politik in Osteuropa sowie die deutsch-ukrainischen Beziehungen. Von den ersten Tagen der Annexion der Krim bis heute hat sie mehrere hundert Reportagen über den Krieg Russlands gegen die Ukraine geschrieben.
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10 Kommentare

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  • 50 milliarden aus 4 jahre sind wenig!

  • Ich finde es gut, dass man hier eine Lösung gefunden hat und die Urkaine in Zukunft weiterhin Unterstützung erhält.



    Trotzdem möchte ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass ich es für fatal halte, dass man weiterhin die Entwicklungshilfe kürzt. Die Unterstützung der Urkaine sollte nicht zu Lasten der ärmsten gehen.



    Die richtige Antwort wäre ein 100 Milliarden Packet gewesen aufgeteilt in Ukraine Hilfen und Hilfen gegen die Hungerbekämpfung. Mit 50 Milliarden könnte man den Hunger in den nächsten 5 Jahren weiltweit größtenteils verhindern.



    Auch wäre es ein starkes Zeichen an den globalen Süden gewesen, dass uns Menschenrechte (nicht zu verhungern ist auch Menschenrecht) global interessieren!

    • @Alexander Schulz:

      Sollte das dann nicht auch für andere Bereiche gelten? Ist Welthunger nicht wichtiger als soziale Teilhabe für Bürgergeldemüfänger? Wichtiger als Deutschlandticket? Warum nur auf die Ukraine Hilfe schielen? Wenn Hunger so ein Problem ist, warum dann nicht Umweltschutzauflagen streichen damit die Bauern mehr produzieren können? Und wie wollen sie mit Situationen umgehen in denen Hunger durch militärische Parteien vor Ort verursacht wird? Bundeswehr schicken?

      • @Machiavelli:

        Laut UNO ist das Hauptproblem fehlendes Geld, nicht Erreichbarkeit der Hungernden. Ich begrüße durchaus 50 Milliarden für die Ukraine, aber 50 Milliarden zusätzlich für Hunger wäre unter moralischen Aspekten das Richtige gewesen.



        Sie stört es keineswegs, dass Entwicklungshilfe gekürzt wird, so lange die Ukraine Gelder erhält?



        Ich denke, dass man da etwas größer denken sollte!

  • Deutschland verweigerte sich einer Aufstockung des Haushalts. Die 50Mrd. gehen jetzt anderen Projekten verloren.

  • So schlimm und erschütternd es auch klingen mag, aber die Kommentatorin hat Recht.



    Sollte Putin gewinnen bzw. die Ukraine irgendwann ganz einnehmen, wird er später mehr wollen und auch vor dem Baltikum oder anderen Ländern nicht zurückschrecken.



    Er ist ein Lügner und Revisionist, der den Hals nicht voll bekommt und dafür sinnlos Hunderttausende Männer in den Tod schickt.

  • Hat Europa wirklich verstanden?



    Wie stehts denn um die Produktion von Artielleriemunition?



    www.heute.at/s/eu-...-ukraine-120017407



    Also in zwei Jahren nicht mal eine Million Schuss. Und die Ukraine hat schon 10k Schuss pro Tag verschossen. Und die europäischen Depots wollen auch gefüllt werden.

    • @metalhead86:

      Der von Ihnen verlinkte Artikel grenzt an Desinformation.



      Und ihre Rechnung „Also in zwei Jahren nicht mal eine Million Schuss“ führt in die Irre.



      Im März 2023 (!) hat die EU den Beschluss gefasst, die Munitionsproduktion anzukurbeln und bis März 24 eine Mio Schuss Artillerie zu liefern. Das hat nicht geklappt, weil man es nicht geschafft hat, die Produktionskapazität so schnell auszuweiten. Aber jetzt ist die Kapazität da, das war ja der Anlass von Borells Statement. Bis Anfang Januar 24 wurden knapp 300.000 geliefert, bis März 24 werden es weiter 200.000 sein und danach bis Jahresende nochmal 500.000. Zum Jahresende 2024 wird die Produktion bei 1,5 Mio pro Jahr liegen. Das reicht für die Ukraine und die die eigenen Depots.

    • @metalhead86:

      Munitionsproduktion ist privat und keine Daseinsvorsorge.



      Also schaut die Industrie auf den Business Plan.

      • @J_CGN:

        Zum Glück. Staatliche Waffenindustrie würde (zumindestes in Deutschland) nur zum Anspitzen von Stöckern taugen.