Helios-Kündigung einer Klinikärztin: Satte Abfindung beendet Prozess

Der Helios-Konzern will die Hamburger Ärztin Franziska Schlosser loswerden, seit sie als Streikleitung tätig war. Nun stimmte sie der Kündigung zu.

Demonstrierende, die weiße Kittel anhaben und Schilder tragen.

Bei Protesten wie diesem gegen die Bereitschaftsschichten machte Franziska Schlosser sich unbeliebt Foto: Hanno Bode/Imago

HAMBURG taz | Die Hamburger Anästhesistin Franziska Schlosser hat ihre Kündigung durch den Klinikkonzern Helios akzeptiert. Im Gegenzug muss Helios der Medizinerin eine Abfindung von 400.000 Euro zahlen. Darauf einigten sich die Konfliktparteien am Dienstag vor dem Arbeitsgericht Hamburg.

Die zum Helios-Konzern gehörende Endo-Klinik unweit der Hamburger Reeperbahn hatte Schlosser Mitte Mai vergangenen Jahres gekündigt – nach knapp 24 Jahren Beschäftigung. Der Vorwurf der Klinik: Arbeitszeitbetrug. Schlosser soll eine 24-Stunden-Bereitschaftsschicht vorzeitig verlassen haben um – 28 Minuten. Ausschlaggebend dafür war die Aussage einer Kollegin. Eine elektronische Zeiterfassung gibt es in der Klinik nicht, was bereits 2021 ausschlaggebend dafür war, dass der Helios-Konzern eine ähnlich begründete Kündigung gegen Schlosser zurückziehen musste.

Schlosser engagiert sich seit 20 Jahren bei der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, unter anderem in der Verhandlungskommission für den Tarifvertrag der Helios-ÄrztInnen. Schon 2021 war sie Mitglied der Streikleitung bei einem Warnstreik. Im März 2023 war sie erneut Mitglied der Streikleitung und hielt eine Rede vor tausenden Beschäftigten. Wenig später, im Mai, erhielt sie die fristlose Kündigung von Helios.

Dagegen hatte Schlosser vor dem Arbeitsgericht geklagt. Im November 2023 hatte das Gericht die Verhandlung der Klage vertagt, nachdem Helios neue Dokumente vorgelegt hatte.

Wegen ihres „Nachtatverhaltens“ soll die Ärztin gehen, meint der Helios-Konzern

Den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs weist Schlosser vor Gericht am Dienstag erneut deutlich zurück. Sie habe seinerzeit lediglich wegen eines Feueralarms die Station verlassen. Sie macht zudem geltend, dass sie unter anderem als Strahlenschutzbeauftragte besondere Verantwortung trage und die Klinik ihr damit über viele Jahre Vertrauen entgegengebracht habe. Es gebe auch keinerlei Einträge in die Personalakte jenseits der Arbeitszeit-Vorwürfe.

Vor Gericht sagt sie, die Stimmung ihr gegenüber sei erst erneut gekippt, nachdem sie sich weiterhin gewerkschaftlich engagiert habe und im Frühling 2023 im Tarifkonflikt als Streik­leiterin aufgetreten sei.

Schlosser betont vor Gericht, dass sie mit dem Prozess endlich ihre Arbeit, ihre Reputation und auch ihre Würde zurückerlangen wolle. Das Verfahren solle ein Zeichen dafür sein, dass Gewerkschaftsarbeit für bessere Arbeitsverhältnisse keinesfalls Angst und Benachteiligung nach sich ziehen dürfe.

Die vielen UnterstützerInnen der Gewerkschafterin passen nicht in den Gerichtssaal, auch der Hamburger Landesvorstand des Marburger Bunds sitzt in der ersten Reihe. Der Ärtzeverband stand seit Beginn des Konflikts an der Seite von Schlosser und zeichnete ihr außerordentliches Engagement im vergangenen November mit seiner höchsten Auszeichnung aus, dem Goldenen Ehren-Reflexhammer.

Dass eine Weiterbeschäftigung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich sei, begründet die Prozessvertreterin des Helios-Konzerns mit Schlossers „Nachtatverhalten“, das einen schweren Vertrauensbruch darstelle. Gemeint ist, dass Schlosser bis heute auf ihrer Darstellung beharrt, sie habe ihre Schicht nicht vorzeitig verlassen.

Bei den Aussagen der Klinik-Anwältin geht ein Raunen durch den Saal. Manche schütteln deutlich den Kopf. Als sie sagt, Helios wolle eine angemessene Abfindungssumme zahlen, aber den Prozess nicht um jeden Preis beenden, können sich die ZuschauerInnen nicht mehr halten. Zwischenrufe wie „unmöglich“ und „lächerlich“ sind zu hören; auch die Richterin sagt, sie sei sprachlos.

Schließlich endet der Prozess nach einem halben Jahr doch mit einem Vergleich: Der Helios-Konzern akzeptiert Schlossers Forderung über eine Abfindung in Höhe von 400.000 Euro – und im Gegenzug endet das Arbeitsverhältnis zu Ende Januar.

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