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Drohender BahnstreikWeniger arbeiten für weniger Geld

Am 8. Januar endet der „Weihnachtsfrieden“ der Lokführergewerkschaft GDL. Die Bahn versucht mit einem neuen Angebot, den Streik doch noch abzuwenden.

Die Lokführergewerkschaft GDL droht schon mit dem nächsten Streik Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin dpa/rtr | Im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL gibt es ein neues Angebot. Darin greift das Unternehmen erstmals die Kernforderung der Gewerkschaft nach einer Absenkung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden auf. „Um einen guten Kompromiss zu finden, wollen wir gemeinsam über neue Wege einer intelligenten und zeitgemäßen Arbeitszeitgestaltung sprechen“, teilte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler am Freitag mit.

Konkret schlägt die Bahn vor, ein bestehendes Wahlmodell, das auch Arbeitszeiten umfasst, zu erweitern. Bisher können sich Beschäftigte entscheiden, ob sie etwa mehr Geld, mehr Urlaub oder weniger Wochenarbeitstage haben wollen. Sie könnten etwa von 39 auf 37 Wochenstunden verringern, bekommen dafür aber 5,7 Prozent weniger Lohn. Die Bahn bietet nun an, die Wochenarbeitszeit in diesem Modus noch weiter herunterzufahren. Auf der Basis schlägt sie einen neuen Verhandlungsanlauf am Mittwoch vor.

„Wir wollen jetzt über zusätzliche Wahlmodelle für Schichtarbeiter verhandeln“, sagte Seiler der Süddeutschen Zeitung. „Die können dann statt 38 nur noch 35 Stunden arbeiten – oder auch 40 Stunden. Jeder wählt aus, wie in einer Cafeteria.“

Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheide, müsse dafür Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen. „Das ist heute schon so, wenn sich die Mitarbeitenden für zusätzlichen Urlaub entscheiden“, sagte Seiler. Was die Entgelte angeht, bleibt die Bahn bei ihrem bisherigen Angebot von elf Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von 32 Monaten.

GDL fordert vollen Lohnausgleich

Die GDL fordert unter anderem 555 Euro mehr im Monat sowie eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie bei einer Laufzeit von einem Jahr. Knackpunkt der Gespräche war bislang aber die Kernforderung nach der Verringerung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei vollem Lohn.

Diesen sieht auch das aktuelle Angebot nicht vor. Die Bahn hält diese Forderung aufgrund eines hohen zusätzlichen Personalaufwands für nicht umsetzbar. Ein GDL-Sprecher sagte, man werde sich das Angebot anschauen und sich in den nächsten Tagen äußern.

Ob mit der neuen Offerte Arbeitskämpfe abgewendet werden können, ist fraglich. Am Sonntag endet der selbstauferlegte „Weihnachtsfrieden“ der GDL. Streiks sind ab Montag damit wieder möglich. Nach einer Urabstimmung können sie auch deutlich länger dauern als die jüngsten Warnstreiks.

Zumindest am Montag oder Dienstag sind Arbeitskämpfe aber unwahrscheinlich: Der Deutsche Beamtenbund (DBB), in dem die GDL Mitglied ist, veranstaltet in Köln seine traditionelle Jahrestagung. „Ich habe mit (GDL-Chef) Claus Weselsky schon vor Weihnachten verabredet, dass während der Tagung in Köln keine Streiks stattfinden werden“, sagte DBB-Chef Ulrich Silberbach dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitag). „Die An- und Abreise ist sichergestellt. Was danach passiert, liegt nicht mehr in meiner Hand.“

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4 Kommentare

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  • 5,7 % weniger Lohn für 5,1 % weniger Arbeitszeit ...



    Das liest sich erstmal komisch.



    Aber vllt wird das durch die Steuerprogression kompensiert.

    Die Bahn könnte lessig und locker viel bessere Löhne zahlen wenn die Damen und Herren Manager das Geld von Vater Staat nicht in Prestigeprojekte (z.B. "S21") versenken würden.

  • Langfristig betrachtet bringen die gegenwärtigen Streiks wenig bis gar nichts, egal, was da ausgehandelt wird. Es ist nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann, bis alle Lokführer überflüssig werden, weil es dann nur noch autonom fahrende Züge geben wird. Den gegenwärtigen Hinderungsgrund an eine solche Entwicklung sehe ich vor allem daran, daß man sich noch nicht darüber einig ist, welcher Personalgruppe man dann jedes mal menschliches Versagen zuschreiben will, wenn es zu schweren Unfällen, Zugausfällen und sonstigen Pannen kommt.

    • @wxyz:

      Irgendwann sind viele Berufe überflüssig. Kein Grund deshalb in der Gegenwart darauf zu verzichten für Verbesserungen zu kämpfen.

    • @wxyz:

      Für abgeschlossene U Bahnstrecken mag das in den nächsten Jahren kommen. Für einen Lokführer im mittleren Alter der auf offenen Strecken fährt wird es aber wahrscheinlich nicht mehr Realität. In so fern bringt es für die momentanen Beschäftigten schon noch ne Menge.