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Dreikönigstreffen der FDPWegschauen als Optimismus

Adefunmi Olanigan
Kommentar von Adefunmi Olanigan

Die FDP trifft sich für ihren Jahresauftakt in Stuttgart und ignoriert dabei gekonnt den Unmut ihrer Basis. Und nicht nur den.

Mit dem Rockstar in der Mitte: Die Führungsriege der Bundes- und Landes-FDP Foto: Bernd Weißbrod/dpa

F ür die allermeisten in Deutschland beginnt das neue Jahr am 1. Januar. Nicht aber für die FDP. Für die Liberalen beginne das politische Jahr zum Dreikönigstreffen, da sei egal, was zuvor geschah, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zum Auftakttreffen in der Stuttgarter Oper. Gleichsam egal wie der interne Ballast und der schale Beigeschmack des FDP-Mitgliedervotums vom 1. Januar, den die Liberalen ins neue Jahr tragen.

Wie so oft ist nicht nur interessant, was gesagt wird, sondern auch, was unausgesprochen bleibt. Das war allemal beim Dreikönigstreffen in Stuttgart der Fall. Unter großer Mühe ignorierte die Parteispitze mit unerschütterlichem Optimismus den knappen Ausgang des Mitgliedervotums der FDP. Nur knapp die Hälfte der Teilnehmenden hatte zum Verbleib in der Regierungskoalition gestimmt.

Stattdessen betonte die Partei sowohl beim baden-württembergischen Landesparteitag am Freitag in Fellbach als auch beim darauffolgenden Dreikönigstreffen ihren Willen zur Verantwortung und zum Schutz der Demokratie. So solle 2024 nicht das Jahr der Nationalisten, sondern das Jahr der Demokraten werden, sagte Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die mit ihrer Bekanntheit als Spitzenkandidatin für die Europawahlen die Partei nach vorne ziehen soll. Doch dabei vergessen die Liberalen scheinbar neben der Europawahl noch etwas.

Denn derselbe Optimismus wird in Anbetracht der Wahlen in Ostdeutschland nicht heraufbeschworen. Dabei stehen im Herbst in Sachsen, Thüringen und Brandenburg Landtagswahlen an – in drei Bundesländern, in denen die FDP ohnehin schwach aufgestellt ist. Weder in Sachsen noch in Brandenburg sind die Liberalen im Landesparlament vertreten. Die Zuversicht, dass sich das ändert, hat die Partei wohl heute schon totgeschrieben. Wenn die FDP in den Ländern zunehmend weniger vertreten ist, liegt der Schaden bei ihr. Denn so kann sie keines der Mitglieder abholen, die in diesen Ländern darum kämpfen, die Ampel zu verteidigen

Wie die Parteispitze immer wieder beschwört, soll die FDP zur nächsten Bundestagswahl wieder ein zweistelliges Ergebnis erreichen. Wo sie das hernehmen soll? Das fragen sich im Hintergrund auch Mitglieder an der Basis. Zurzeit ist sie von einem solchen Ergebnis meilenweit entfernt und dümpelt nahe der Fünfprozenthürde.

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Adefunmi Olanigan
Volontärin
Seit April 2023 taz Panter Volontärin. Vorher Biochemie studiert. Schreibt gerne über Wissenschaft, Gesundheit und soziale Ungleichheit. Aktuell im Berlin Ressort.
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2 Kommentare

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  • Die Liberalen sind wirklich Optimisten. Wer Strack-Zimmermann als Spitzenkandidatin aufstellt und sich davon Erfolg erhofft, ja, der ist entweder hoffnungslos optimistisch oder lebt in einer Traumwelt. Oder beides.

  • Top-Botschaft von Lindner bei dem FDP-Treffen: es gibt nicht genug staatliche Einnahmen, die Schuldenbremse gilt. Kürzungen im Haushalt sind deshalb laut seinem Generalsekretär unvermeidlich. Man kann sich denken wo.

    Der CO2-Preis steigt im Januar z. B. für Sprit, fossile Brennstoffe, was laut der Staatssekretärin von Lindner die Wohlhabenden, die am meisten CO2 produzieren, am meisten betreffe, weswegen sie bei ZDF Berlin direkt für eine Kopfpauschale für alle Bürger plädiert. Sozialer geht es wohl kaum.

    Der Staatssekretär von Habeck plädiert dagegen für eine soziale Staffelung bei der Erhöhung des CO2-Preises, das dieser de gering Verdienenden am meisten betreffe.

    Wer nimmt die Regierung angesichts einer solchen Waden-Beißerei noch ernst, zumal das Klimageld von Habeck beerdigt wurde.



    Begründung: Bürger werden beim Strompreis vom Staat entlastet. Das sei gewissermaßen ein Klimageld.